Das Echo der Flüsterer
beordert und ihnen dort letzte Anweisungen gegeben hatte, kehrte er selbst wieder durch eine Pforte in den Palastbereich zurück.
»Komm«, flüsterte Bergalf. »Ich habe eine Idee.«
Stirnrunzelnd sah Jonas, wie sein Schatten sich selbstständig machte. Eilig setzte er ihm nach und der Rabe flatterte hinterher.
»Wo willst du hin?«
»Ich suche eine kleinere Pforte. Bestimmt gibt es in diesem grauen Palast auch Nebeneingänge.«
Bergalf hatte Recht. Nachdem sie eine Zeit lang an der Mauer entlanggegangen waren, stießen sie auf eine eisenbeschlagene Holztür. Bergalf flüsterte etwas in Jonas’ Ohr, dieser nickte und trat ein wenig von der Mauer zurück.
»Ho, ihr da!«, rief Jonas, wobei er die Stimme des Hauptmanns der Palastwache nachzuahmen versuchte.
Es dauerte nicht lange und eine kleine Luke neben der Tür wurde aufgerissen. Gelbes Licht aus einer Laterne flutete heraus.
»Was soll das?«, herrschte ein hässliches Gesicht den Schatten vor der Tür an.
Jonas trat einen Schritt vor, damit der Torwächter ihn im Licht seiner Laterne erkennen konnte. »Ich bin’s, lass mich wieder rein.«
»Hauptmann Klimith! Bist du etwa um den ganzen Hügel gerannt, um deine Wachen aufzustellen?« Der Wachmann kicherte. »Warte, ich schließ dir auf.« Die Klappe neben der Tür knallte zu.
»Spricht man so mit seinem Hauptmann? Miserable Disziplin in diesem Haufen«, flüsterte Bergalf.
»Das geht ja leichter, als ich gedacht habe«, freute sich Jonas und lief einige Schritte von der Pforte weg.
Als die schwere Tür in der Mauer aufschwang, war der vermeintliche Hauptmann verschwunden. Der Wachposten trat vor die Pforte und blickte sich verwundert um. Plötzlich bemerkte er zu seiner Rechten einen Schatten.
»Bist du das, Hauptmann Klimith?«
»Meinst du etwa, Kanthelm persönlich würde sich hierher
bequemen und seine Wachmannschaft kontrollieren?«, antwortete die Stimme des Schatten.
»Guter Witz«, antwortete der Wachposten und schlenderte auf die dunkle Gestalt zu. Als er ihr nahe genug war, hob er seine Laterne an, um das Gesicht des Hauptmanns zu beleuchten. In diesem Moment fuhr ihm der Schreck in die Glieder. Kanthelms boshaftes Grinsen traf den Mann wie ein Keulenschlag.
Der Wachmann schrie auf, wirbelte herum und rannte zur Pforte zurück. Aus dem Rechteck der Tür fiel ein verwaschenes Licht vor die Mauer. Gerade als der flüchtende Posten den rettenden Durchgang erreichte, gab es ein hässliches Krachen und der Malkit brach zusammen. Das gelbe Rechteck der Tür löste sich auf und nahm nur zwei Schritte weiter erneut Gestalt an.
»Musstest du wirklich so hart vorgehen?«, erkundigte sich Jonas, mitleidsvoll auf den bewusstlosen Posten blickend.
»Darf ich dich an etwas erinnern? Du warst es doch, der ihn dermaßen erschreckt hat, dass er mit voller Wucht gegen die Stadtmauer gerannt ist!«, erwiderte Bergalf.
»Ja, aber du hast mit deinem Bilm die falsche Tür geschaffen. Was machen wir nun mit ihm?«
Bergalf öffnete einen kleinen Beutel an seinem Gürtel und holte zwei Päckchen mit getrockneten Kräutern heraus. »Das hier ist eine alte Waldläufermedizin. Genau dosiert verabreicht wird der gute Mann erst merken, dass seine Nase gebrochen ist, wenn sich Azon schon längst wieder im Lot befindet.«
Er stopfte dem Bewusstlosen die Medizin in die Backentaschen und schleifte ihn dann in das Buschwerk, das in einiger Entfernung von der Stadtmauer wucherte. Als er zurückkehrte, klopfte er sich den Staub von den Fingern und zeigte Jonas grinsend einen Schlüsselbund.
»Wir wollen doch die Tür wieder schön zumachen, damit sich keine bösen Bonkas in den Palast einschleichen.«
Jonas schüttelte den Kopf und folgte Bergalf und dem Raben durch die Mauer.
»Von jetzt ab läuft die Zeit«, sagte der Fährtensucher. »Ich weiß nicht, wann die Wachablösung unseres Schläfers erscheinen wird, aber sobald man sein Verschwinden bemerkt, wird man Alarm schlagen.«
Die drei Eindringlinge bewegten sich wie lautlose Schatten den Palasthügel hinauf. Auf dem Weg zum inneren Mauerring schlüpfte Jonas in die Maske von Hauptmann Klimith. Bergalf »faltete« das Licht, bis er sich wieder in einen Schemen verwandelt hatte, und Kraark war gegen den dunklen Hintergrund sowieso kaum zu erkennen. Die Vorsichtsmaßnahmen erwiesen sich als überflüssig. Sie gelangten ungesehen bis dicht vor das Haupttor des inneren Palastbezirks.
»Und was nun?«, fragte Jonas leise.
»Lass mich nachdenken.«
»Können
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