Das Echo der Flüsterer
umkommen.‹«
»Los«, drängte Bergalf. Er hatte Jonas am Arm ergriffen und zog ihn von dem besinnungslosen Malkit weg.
Als Jonas mit Darina und Bergalf auf den Flur hinausstolperte, flogen noch einmal die Bilder aus dem Schlafzimmer an seinem inneren Auge vorüber. Alles war so schnell gegangen. Kaum hatte Bergalf seine Luftspiegelung erschaffen, war er zur ‘ Seite getreten. Ein Spiegelbild hatte ihn ersetzt. Im nächsten Moment hatte Kanthelm auf diesen Zwilling geschossen. Der glühend heiße Lichtstrahl war an Jonas so knapp vorbeigezischt, dass er vor Schreck vergessen hatte die Kanthelm-Tarnung aufrechtzuerhalten. In diesem Augenblick erkannte ihn der Malkit-Führer.
Jetzt herrschte in dem Schlafzimmer hinter Jonas das reinste Chaos. Durch die offene Tür leckten gelbe Flammen. Wie todbringende Raubtiere schlichen sie langsam auf den ohnmächtigen Herrscher zu.
»Hier kommen wir raus!«
Bergalfs Stimme vertrieb die schrecklichen Bilder aus Jonas’ Kopf. Sie standen an der ersten einer Reihe von Türen, die auf einen begrünten Hof hinausführten. An der Außenseite des Palastes befanden sich einige Lampen, die ein mattes Licht auf die Gartenanlagen warfen. Der Fährtensucher drehte den Riegel der Tür. Sie war unverschlossen.
»Geht es dir gut?«, fragte Darina den verstörten Jonas besorgt.
Jonas nickte. »Den Umständen entsprechend.«
»Könntest du noch einmal Kanthelms jetziges Aussehen als Tarnung annehmen?«, erkundigte sich Bergalf, während er durch die geöffnete Tür in den Hof hinausspähte.
»Wird schon gehen«, antwortete Jonas und nahm Darina wieder den schweren Spiegel ab.
»Also dann los. Darina und ich sind dein Schatten.«
Jonas trat in der Gestalt Kanthelms in den Garten hinaus und lief zielstrebig den Kiesweg hinab, den Darina ihm flüsternd gewiesen hatte. Der Innenhof mündete in einen schmalen Durchgang. Dahinter lag der große gepflasterte Platz, an den auch das Gefangenenhaus stieß. Rechts von Jonas herrschte reges Treiben. Dort befand sich der Haupteingang des großen Palastbaus. Unzählige Männer rannten hin und her. Schweres Löschgerät wurde eilig in den Palast geschleppt. Das von Bergalf gelegte Feuer hatte sich mittlerweile über den ganzen Säulengang ausgebreitet, der zum Thronsaal führte.
Unbeirrt überquerte Jonas den Platz und lief auf das Gefangenenhaus zu. Niemand achtete auf ihn und seinen merkwürdig fülligen Schatten. Das Gebäude, in dem Kanthelms auserwählte Häftlinge untergebracht gewesen waren, lag vollkommen still da. Offenbar hatte noch niemand das Verschwinden der Insassen bemerkt. Jonas umrundete das Bauwerk. Die fernen Flammen ließen seinen Schatten über das Gemäuer huschen. Als ihn endlich die Dunkelheit umfing, atmete er erleichtert auf.
Kurz darauf erreichten sie die Stallungen der Palastwache.
Numin eilte sogleich auf Darina zu. Mit einem seltsamen Gefühl beobachtete Jonas, wie die beiden sich zur Begrüßung umarmten. Da spürte er das Gewicht des Raben, der sich auf seiner Schulter niedergelassen hatte.
»Noch eine Minute länger und wir wären losgelaufen, um euch zu suchen«, empfing Giacomo Baretti die Ankömmlinge. Captain Woolbridges Kopilot befand sich an der Spitze einer Reihe von Schelpins, die zum sofortigen Aufbruch bereitstanden. »Habt ihr da drinnen ein Fass aufgemacht? Der ganze Palast scheint ja auf den Beinen zu sein.«
»Später«, antwortete Bergalf knapp. »Erst einmal müssen wir hier weg.«
Der Fährtensucher zurrte den Kristallspiegel hinter Jonas’ Sattel fest. Dann bestiegen Darina, der Junge und die Männer ihre Tiere. Der Rabe hatte es sich auf seinem Stammplatz bequem gemacht. Trotz der bedrohlichen Lage, in der sich alle befanden, musste Jonas grinsen, als er den langen Dr. Gould auf seinem Schelpin sah. Das Reittier war das größte, das Numin im Stall hatte auftreiben können, aber der Diplomat musste trotzdem die Beine anwinkeln, damit sie nicht auf dem Boden schleiften.
»Hat sich schon jemand überlegt, wie wir aus dem Palast herauskommen?«, fragte Daniel Woolbridge, der Kapitän der Roly-Poly.
»Wir werden direkt durch das Haupttor marschieren!«, verkündete Bergalf mit listigem Grinsen. »Jonas führt unseren Zug an. Darina, Numin und ich sind eure Bewacher. Ihr habt nur die Rolle armseliger Gefangener zu spielen, die von einem Kerker in einen anderen verlegt werden. Bekommt ihr das hin?«
Die Menschen nickten. Jonas hatte verstanden. Im nächsten Moment verwandelte er sich vor
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