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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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erkennen«, antwortete dieser.
    »Aber sie scheint jemanden zu suchen.«
    »Schick ihr den Raben.«
    »Gute Idee. Kraark«, wandte sich Jonas an seinen gefiederten Freund. »Flieg zu Darina hoch, damit sie weiß, dass wir hier sind.«
    Kraarks Flügelschlag lenkte die Aufmerksamkeit der Wissenden zum Fuß des Gebäudes hin. Für einen kurzen Moment ließ
    Jonas seine Maske fallen. Darinas Hand fuhr hoch und legte sich auf ihre Brust. Sie hatte ihren Bruder erkannt.
    »Und jetzt fang an zu rufen«, flüsterte Bergalf in das Ohr seines Freundes. Wie aus dem Nichts erschienen plötzlich züngelnde Flammen an der Hausmauer.
    »Hoffentlich merkt niemand, dass deine Illusion kein bisschen heiß ist«, sagte Jonas zu seinem Freund. Er holte tief Luft und hoffte inständig weder zu laut noch zu leise zu rufen.
    »Feuer!«
    Jonas wartete einen Moment. Nichts rührte sich. Er blickte nach oben. Darina stand noch immer am Fenster, auf dem Sims vor ihr saß Kraark.
    »Feuer!«, rief Jonas nun lauter.
    Jetzt hatte auch Darina den Plan erfasst. Sie stürzte vom Fenster weg und gleich darauf drangen erregte Stimmen aus dem Haus.
    Ein Mitglied der Wache zeigte sich kurz am Fenster. Sobald er die Gefahr erkannt hatte, riss er sich vom Anblick der lodernden Flammen los und ordnete die Evakuierung des Gefangenenhauses an.
    Durch die Eingangstür drang ein lautes Poltern. Jonas trat ein paar Schritte zurück und schlüpfte wieder in die Gestalt Kanthelms.
    »Ist das nicht zu gewagt?«, wollte Bergalf einwenden, aber schon flog die Tür auf.
    Birmoth, der Oberaufseher des Gefangenenhauses, blieb unter der Tür stehen, als habe ihn der Blitz getroffen. Seine Augen waren vor Schrecken geweitet. Er konnte sich nicht erklären, woher sein Herr so plötzlich aufgetaucht war – und dann noch mit zwei gesunden Augen. Bevor ihm eine plausible Erklärung einfiel, traf ihn schon ein Schlag.
    Ein dunkler, über Birmoth gebeugter Schatten nahm plötzlich Bergalfs Gestalt an. »Gibt es noch mehr Wachen hier?«
    »Er war der Einzige im Haus«, antwortete Darina, die unter der Tür stand.
    »Dann schnell, kommt heraus, wir müssen weg hier, ehe unser Schwindel auffliegt.«
    Jonas sah Darina ins Freie treten, hinter ihr folgten Numin und…
    »Dr. Gould?« Jonas’ Herz machte einen Freudensprung. »Sie leben!«
    »Du, Junge?«, entgegnete der hoch gewachsene Diplomat erstaunt. »Wie kommst du denn hierher?« Er ging auf Jonas zu und umarmte ihn – was nicht nur Frank Holloway höchst überraschend fand.
    »Das ist eine lange Geschichte. Ich erzähle sie Ihnen später.«
    Danach kamen noch vier weitere Männer heraus, die Jonas nicht kannte. »Das ist die Besatzung des Flugzeuges, das deine Eltern nach Azon brachte«, erklärte Darina knapp.
    Jonas konnte es kaum fassen. Er freute sich, aber er machte sich auch Sorgen. »Hoffentlich kommen wir alle heil aus dieser Geschichte heraus.«
    »Dann nichts wie weg hier«, sagte Bergalf. »Wir schnappen uns in den Ställen so viele Schelpins, wie wir brauchen, und mogeln uns aus dem Palast, bevor man überhaupt euer Verschwinden bemerkt.«
    »Halt«, befahl Darina. »Bevor wir von hier fliehen, habe ich noch eine Bitte an euch.«
    Bergalf warf verzweifelt den Kopf nach hinten. »Darina, hat das nicht Zeit bis später?«
    »Wir müssen Keldins Spiegel mitnehmen«, verlangte die Wissende. »Wenn sich je wieder die Facetten zur Erde hin öffnen, dann sollte Kanthelm wenigstens dieses Werkzeug genommen sein.«
    »Aber Darina! Falls wir jetzt nicht schleunigst von hier verschwinden, wird Kanthelm nicht nur den Spiegel behalten, sondern auch uns alle.«
    »Darina hat Recht«, meldete sich Jonas entschlossen.
    »Ihr habt euch wohl alle gegen die Vernunft verschworen«, zeterte Bergalf. »Also gut. Aber dann komme ich mit.«
    »Kanthelm hat uns in den letzten paar Jahren einige Vergünstigungen zugestanden«, meldete sich Jack Baretti. »Deshalb kenne ich mich im Palast leidlich aus. Wir könnten uns schon zu den Ställen schleichen und die Tiere für die Flucht bereitmachen. Sobald ihr kommt, brechen wir auf.«
    »Kennst du dich denn auch mit Schelpins aus?«, fragte der Fährtensucher verwundert.
    Jack grinste. »Zu Kanthelms ›Segnungen‹ gehörte auch der Dienst in den Ställen.«
    Bergalf nickte grimmig. »Dann los.«
    Alsbald schlichen drei Gestalten auf den großen Hauptquader des Grauen Palastes zu. Die übrigen Entflohenen brachen zu den Ställen auf, unter ihnen auch Numin, der sich nur widerstrebend

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