Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
sich kurzerhand auf Jonas’ Bettkante und schüttelte seinem blinden Passagier die Hand.
    »Ist das Flugzeug etwa heil geblieben?«, erkundigte sich Jonas erstaunt.
    »Bis auf ein paar Blessuren ist unser Gänschen noch topfit.«
    »Und die anderen beiden? Sind Dr. Gould und Frank Holloway auch hier?«
    Sam schüttelte traurig den Kopf. »Ich habe so lange nach ihnen gesucht, bis mir der Sprit ausging. Leider ohne jeden Erfolg. Auch auf dem Marsch hierher bin ich keiner Menschenseele begegnet – nur diesen komischen kleinen Kerlen, die sich Bonkas nennen. Wie es aussieht, sind wir beide die Einzigen, die den Strudel im Meer überlebt haben.«
    Jonas sah betrübt auf die Bettdecke herab. Der Doktor war im Grunde ganz nett gewesen… »Autsch!« Die flache Hand des Piloten war mit einem derben Klatschen auf Jonas’ Schulter gelandet.
    »Hat keinen Zweck Trübsal zu blasen«, meinte Sam Chalk. »Immerhin kann es die beiden ja auch ganz woanders hin verschlagen haben. Komm, erzähl doch mal. Wie hast du denn diesen bunten Muschelhaufen hier gefunden?«
    An Schlaf war nun natürlich nicht mehr zu denken. Jonas berichtete in allen Einzelheiten von seinen Erlebnissen und anschließend erzählte Sam, wie er mit dem Flugzeug die Spiegelregion durchflogen hatte und schließlich mit leeren Tanks auf einer Wiese am Meer gelandet war.
    »Ich komme natürlich mit«, sagte Sam sofort, als Jonas von der Expedition berichtete, die in wenigen Stunden aufbrechen sollte. »Wenn die Spiegel von diesem Keldin uns auch nur ein wenig helfen können, dann ist es die Sache wert.«
    So wurde die Suchmannschaft am nächsten Morgen noch um einen Mann erweitert. Darina hatte zwar schwere Bedenken geäußert, weil Sam Chalk ziemlich erschöpft aussah, aber der ließ sich seinen Dickkopf nicht ausreden.
    »Ich kann ja auf einem der Hammel da schlafen«, sagte er mit einem skeptischen Blick in Richtung der Schelpins.
    Jonas hatte sich schnell mit den seltsamen Tieren angefreundet, auch wenn es ihn einigermaßen überraschte, dass diese Schaf-Wolf-Ziegen sich auch als Reit- und Lasttiere eigneten und nicht nur als Woll- und Milchlieferanten, wie er bis dahin angenommen hatte.
    Die Karawane bestand aus insgesamt fünfzehn Schelpins. Die Wissende saß auf einem schneeweißen Hirsch. Es musste sich um dasselbe Tier handeln, das Darina nach Belkans Bericht aus der Spiegelregion getragen hatte.
    »Gibt es hier denn keine Helikopter?«, beschwerte sich Sam.
    »Die Bonkas haben sich schon vor langer Zeit entschieden nicht alles zu verwirklichen, wozu sie in der Lage sind. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass Einfachheit in manchen Dingen für das Allgemeinwohl sehr förderlich sein kann.«
    »Hm.« Sam schien mit dieser Einstellung nicht ganz einverstanden zu sein.
    Abgesehen von Kraark, dem Raben, bestand die Gruppe nun aus insgesamt neun Personen: Neben Jonas, Darina und Sam Chalk gab es da zunächst Goldan, den Wächter von Laomar, dann die drei Flüsterer Ximon, Lischka und Tamakh und noch zwei weitere Bonkas namens Mangaar und Bergalf. Letztere waren vom Oberältesten Belkan persönlich in das Suchteam berufen worden.
    Mangaar war ein ausgesprochen hoch gewachsener, sehniger Bonka mittleren Alters. Er besaß grau meliertes Haar, das wie ein Schwalbenschwänzchen auf dem Kragen seiner braunen Ledertunika aufstieß. Wie die meisten männlichen Bonkas trug Mangaar einen Vollbart. Die Haut seines Gesichts war olivfarben und von hunderten kleiner Fältchen übersät. Die meiste Zeit seines Lebens hatte Mangaar als Waldläufer in den Regionen unter den Hängenden Bergen verbracht, wo er nach außergewöhnlichen Steinen suchte. Sein Traum, einmal selbst einen der seltenen Bilme zu finden, hatte sich bisher jedoch noch nicht erfüllt.
    Ganz anders bei Bergalf. Er gehörte zu den wenigen Bonkas, die ihren Sinnstein nicht ererbt, sondern selbst gefunden hatten. Auch der zweite Fährtensucher, den Belkan ausgewählt hatte, schien sich Jonas’ Einschätzung nach in der freien Natur wohler zu fühlen als im schönsten Haus Laomars. Bergalf war jünger als Mangaar und schien auch gesprächiger zu sein. Er hatte zottige Haare, schwarz wie Kraarks Gefieder, einen kurzen Vollbart und wirkte gedrungen. Kaum größer als Darina machte Bergalf den Eindruck einer jederzeit sprungbereiten Raubkatze.
    »Am besten hüpfst du von hinten auf dein Schelpin«, sagte Bergalf vergnügt zu Jonas, als die Gruppe sich zum Aufbruch rüstete. »Dann bemerkt es dich nicht so

Weitere Kostenlose Bücher