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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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tatsächlich in einer Falle.
    Ein fürchterliches Brüllen ließ Jonas das Blut in den Adern gerinnen. Entsetzt drehte er den Oberkörper herum. Kaum mehr als eine halbe Meile hinter ihnen erhob sich ein gigantisches Wesen aus dem Grund. Aufgewirbelter Sand und Kristalle verschleierten zunächst das Bild. Als der unfasslich große Körper auf den Boden zurückstürzte, glaubte Jonas, Trojan würde unter ihm straucheln. Doch die Schelpins jagten weiter. Sie waren unsicheres Terrain gewohnt.
    Fassungslos starrte Jonas auf den Verfolger. Das Wesen bestand ganz und gar aus Kristall! Jonas’ Verstand weigerte sich zu glauben, was seine Augen ihm zeigten. Dieses Geschöpf war nicht aus Fleisch und Blut. Man konnte durch seinen Leib hindurchsehen – wenn auch nur undeutlich. Blau schimmernd, aus unzähligen Facetten glitzernd wälzte sich das Untier heran. Sein langer Körper glich dem eines Wurmes, aber es besaß mehrere Beinpaare, auf denen es sich auch wie ein Krokodil oder Waran vorwärts bewegen konnte.
    Noch mehrmals tauchte das Ungetüm in den Boden ein, schien regelrecht darin zu schwimmen, um gleich darauf wieder an der Oberfläche zu erscheinen. Und jedes Mal kam es seiner Beute näher.
    Jonas blickte wieder nach vorn. Die Kristallwand rückte heran. Er war viel zu erschöpft, seine Nerven waren viel zu angespannt, als dass er hätte vernünftig über das nachdenken können, was mit ihm geschah. Er würde an dieser Wand zerschellen oder an einem der zahlreichen vorstehenden Kristallspitzen aufgespießt werden, wenn sie in diesem Tempo weiterritten. So viel begriff er noch. Was hatte Darina nur vor?
    Erneut traf das fauchende Brüllen die Reiter wie ein Keulenschlag. Der Gorrmack ragte hinter ihnen auf wie ein Bergmassiv. Als Jonas sich umwandte, schien sein Sichtfeld ganz vom Körper des Ungeheuers ausgefüllt. Es besaß einen flachen Schädel mit einer lang gezogenen Schnauze, der über und über mit Kristallen bespickt war. Etwas war allerdings seltsam an den hellblauen Augen der wütenden Kreatur…
    Da öffnete sich ihr kolossaler Rachen.
    Gleich würde es vorüber sein. Hirsch, Schelpins und Rabe flogen auf die Wand zu. Die Zähne des Gorrmacks glichen riesigen Eiszapfen. Er würde nur einmal zuschnappen müssen, um die Jagd zu beenden.
    Darina schrie etwas. Jonas konnte es nicht verstehen, aber es veranlasste ihn sein Schelpin herumzureißen. Darina beugte sich vor, schien ihrem Tier etwas zuzurufen. Sogleich spannte es die Muskeln und setzte zu einem gewaltigen Sprung an. Jonas blickte sich noch einmal um. Überall aufgerissene Augen, Schaum, Schweiß – und dahinter der heranschießende Riesenkopf des Gorrmacks.
    Als er nach Darina Ausschau halten wollte, war sie verschwunden. »Geradeaus weiter!«, krähte ihm Kraark ins Ohr. Eine einzelne große Facette der Kristallwand flog auf ihn zu. Zerschellen oder gefressen werden. »Spring!«, rief Jonas Trojan zu.
    Das treue Schelpin presste die letzte Kraft aus seinem erschöpften Körper. Es machte einen kraftvollen Satz auf die Wand zu. Im nächsten Moment war es samt Reiter darin verschwunden.

 
    DIE BRÜCKE
     
     
     
    Die Landung verlief alles andere als glatt. Der vierte Facettensprung endete für Jonas fast in einer Katastrophe.
    Beim Durchqueren der Kristallwand war er für einen winzigen Augenblick geblendet. Noch bevor er wieder völlig klar sehen konnte, hallte Darinas Ermahnung durch seinen Geist: Wenn wir hindurch sind, musst du unbedingt nach links oder rechts ausweichen! Jonas riss hart an den Zügeln. Die Tatzen des Schelpins glitten auf dem glatten Boden aus und es strauchelte. Doch Trojans Reflexe funktionierten zuverlässig. So konnte das Tier gerade noch einen Sturz verhindern, nicht aber sein Reiter. Jonas flog in hohem Bogen aus dem Sattel und landete unsanft auf rauem Felsboden.
    Zum Glück verlor er nicht die Besinnung. Er rollte sich auf den Bauch und versuchte seine Orientierung wieder zu finden. Kraark landete an seiner Seite. »Lebst du noch?«
    »Glaub schon. Aber was ist mit den anderen?« Als Jonas die Lage überblicken konnte, bekam er den nächsten Schrecken. Er lag auf einem schmalen Grat, dicht an einem Abgrund, einer bodenlos tiefen Schlucht. Darina, Goldan und Bergalf waren hinter dem Facettentor nach links ausgewichen. Ohne zu zögern hatten sie sich vom Rücken ihrer Tiere geschwungen und versuchten nun die nachfolgenden Gefährten zu warnen. Dabei liefen sie durchaus Gefahr, mit den völlig verschreckten Schelpins in

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