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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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hatte genügt, um Trojans Gangart dem Tempo des Trupps anzupassen. Die angenehme Zeit für den Raben war nun vorbei, mühsam krallte er sich im dichten Nackenfell des Schelpins fest, um nicht abgeschüttelt zu werden. Ab und zu musste Kraark sogar seine Flügel zu Hilfe nehmen, was er dann jedes Mal mit einem empörten Krächzen quittierte.
    Je tiefer sie in das Herz der Spiegelregion vordrangen, desto leichter wurden die Schritte der Tiere. Die Schwerkraft ließ immer mehr nach. Vom »Tor«, dem Taleingang, war schon längst nichts mehr zu sehen. Über den Reitern wölbte sich der ultramarinblaue Stein wie ein Himmelsbild, bei dem der Künstler sich im Farbton vergriffen hatte. Beunruhigender waren jedoch die vielen Hindernisse, denen die dahinjagenden Schelpins ausweichen mussten.
    Jonas sah Schiffe aus den verschiedensten Epochen, einmal sogar ein Langboot, wie es die Wikinger verwandt hatten. Dazwischen befanden sich auch immer wieder Flugzeuge. Einige waren bei der Landung zu Bruch gegangen. Auffällig viele aber standen auf ihren Fahrwerken, als wollten sie jeden Moment abheben und zur Erde zurückkehren.
    Mit Unbehagen registrierte Jonas die zahlreichen Kristalle. Einige staken wie Blumensträuße im Boden, andere drehten sich langsam in der Luft.
    »Vorsicht! Von links«, rief Bergalf unvermittelt. Keinen Augenblick zu früh, denn schon materialisierte sich vor aller Augen ein Mammut. Es sprang aus einer großen planen Kristallfläche heraus und stürmte direkt auf die Karawane zu.
    Kraark flatterte erschrocken auf. Bergalf riss sein Schelpin nach rechts und spornte es gleichzeitig zu größerer Eile an. Darina und die anderen Reiter hätten vielleicht sogar zu spät reagiert, wären da nicht ihre wachsamen Tiere gewesen. Auch sie wichen instinktiv nach rechts aus.
    Das Mammut war genauso erschrocken wie die Menschen, Bonkas und Schelpins. Es stieß ein ohrenbetäubendes Trompeten aus und raste direkt auf die Zweierreihe der Reit- und Packtiere zu. Die rannten um ihr Leben. Einige Schelpins stießen ein wildes Fauchen aus. Darina und Bergalf konnten sich recht schnell in Sicherheit bringen, aber der hintere Teil der Karawane lag genau auf dem Kurs des wild dahinstürmenden Fleischberges. Als dann auch Jonas außer Gefahr war, wandte er sich auf Trojans Rücken um. Mit Schrecken sah er, wie der langhaarige Urzeitelefant direkt auf Mangaar zusteuerte. Das Tier schien den Fährtensucher und sein Schelpin überhaupt nicht wahrzunehmen. Jeden Augenblick konnten sie unter den säulenartigen Beinen des Mammuts begraben werden.
    Als der massige Leib des Ungetüms unmittelbar vor Mangaar aufragte, stockte Jonas der Atem. Er wollte nicht mit ansehen, wie der Bonka zermalmt würde, war aber zu gebannt, um die Augen schließen zu können. Jetzt endlich schien das Mammut das Hindernis zu bemerken. Es versuchte sogar noch auszuweichen, aber es war schon zu spät. Der Kopf des Tieres fegte im Lauf nach rechts. Um ein Haar hätte es mit seinen langen spitzen Stoßzähnen Mangaar aufgespießt, aber der schlanke Fährtensucher beugte sich blitzartig zur Seite. Die wie Rundsäbel gebogenen Mammuthörner sausten schräg über ihn hinweg und senkten sich auf das nachfolgende Packtier.
    Das Schelpin schrie im Todesschmerz auf. Ein einziges Mal nur. Ein Stoßzahn hatte es vom Hals bis zum Hinterlauf aufgeschlitzt, als der Koloss an ihm vorbeidonnerte. Es stürzte zu Boden, überschlug sich noch zwei- oder dreimal und prallte knirschend gegen eine aus dem Boden ragende Kristallsäule. Das Tier war sofort tot. Blut und Innereien vermischten sich mit dem blau schimmernden Sand am Fuße des Kristallfingers. Das Mammut stürmte orientierungslos davon.
    Jonas hatte sein Schelpin zum Stehen gebracht und starrte fassungslos auf das grausige Bild. Mangaar saß schon wieder aufrecht im Sattel. Zum Glück war der Riemen gerissen, der sein Tier mit dem bedauernswerten Packschelpin verbunden hatte. Der Fährtensucher kam herangeritten und keuchte: »Weiter! Wir dürfen nicht stehen bleiben.«
    »Aber das Gepäck!«, rief Sam Chalk. »Sollen wir alles hier lassen?«
    »Das ist nur Proviant. Wir werden schon Nahrung finden. Vorwärts jetzt!«
    »Tut, was Mangaar sagt!«, meldete sich unvermittelt Bergalfs Stimme. Sie klang so zwingend, dass jeder sich sogleich ängstlich umsah.
    »Von wo?«, fragte Darina erstaunlich ruhig. Sie wusste, dass Bergalfs Sinnstein eine neue Gefahr angezeigt hatte.
    Der kleine Waldläufer bemühte sich die Entfernung

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