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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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Taschenspielerei hatte er das genannt. Er machte, was er wollte, riss mich in alles mit hinein und erwartete, dass ich ihn unvermindert liebte? Gerade hatte ich mich entschlossen, nach Kanada zurückzukehren und von vorn zu beginnen; das war ein kraftvolles, wohltuendes Gefühl gewesen. Den Brief meines Mannes in Händen, fühlte ich keine Hoffnung, keine neue Kraft oder Vorfreude. Pascals Nachricht machte meine Zuversicht zunichte, machte die Zukunft eng und unabsehbar. Ich hoffte, wenn ich den Schock verkraftet, den Brief noch ein paarmal gelesen haben würde, dass ich die Umstände in optimistischem Licht sehen könnte. Ich stand da, in der Werkstatt meines Mannes, und fühlte nichts als Angst.

22
    Ich wollte Karen anrufen – und legte wieder auf. Irgendjemandem musste ich mitteilen, was mir allein zu tragen fast unmöglich war. In mir war der unverständliche Skrupel, dass ich Pascal damit verraten würde. Hatte ich nicht vorgehabt, ihn ans Messer zu liefern? Warum rief ich Stein nicht an, übergab ihm den Zettel, ließ ihn Pascals Fingerabdrücke und andere Hinweise sicherstellen, die zum Verfasser des Briefes führen würden? Ich tat es nicht, weil sich mir Pascal mit seinem Schreiben geöffnet, sich angreifbar gemacht hatte. Er hatte die Nachricht sorgsam versteckt, mich durch den Hinweis im Papuastein auf die Spur geführt, da er gewusst hatte, die Erinnerung aus Papua würde nur mir etwas bedeuten. Es war ein Liebesbekenntnis, mich ins Vertrauen zu ziehen, und ich spürte die Last, die damit verbunden war.
    Ich rief Tante Dora an, erwähnte den Brief aber mit keinem Wort. Sie fragte, wie das Wetter in Deutschland sei, klagte über Kleinigkeiten, die Herbstfeuchtigkeit nahe den Wasserfällen. Ich spielte ihr Lieblingsspiel mit, vom Süden zu träumen, und begleitete sie im Geist nach Mexiko, danach verabschiedeten wir uns. Ich saß auf dem Bett, Pascals Brief auf dem Schoß. Seine Botschaft klang, als gebe es außer mir keine Frau für ihn, als hätte ich ihm Mut und Kraft zu einem neuen Leben geschenkt. Und doch war in diesen Zeilen jemand anders spürbar. Er erwähnte diese Person mit keiner Silbe, aber ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass sie da war – Jessica.
    Pascal hätte unmöglich alles einfach hinter sich lassen können; um seinen Coup zu landen, hatte er Hilfe gebraucht – seine Familie? Es war schwer vorstellbar, dass die alte Frau in Gstaad, dass der Vizebürgermeister zu so einer komplizierten Tat in der Lage wären. Vielleicht steckte der Anwalt dahinter, möglicherweise zog Dr. Hollmann die Fäden. Aber Pascal und Jessica waren durch ein Band miteinander verbunden, das stärker war als jedes andere: ihr Kind. Wenn er schrieb, dass er mich vermisste – wie sehr musste ihm sein Junge fehlen, wie schmerzlich war es für Pascal, Robbie in dem Glauben zu lassen, sein Vater sei tot?
    Was ich gefunden hatte, war ein Fetzen Papier. Die Botschaft hatte mich berührt, doch die Stunden, die seitdem vergangen waren, ließen die innere Wahrheit des Papiers zerfallen. Diese Zeilen stammten aus der Vergangenheit, Pascal hatte sie geschrieben, als er die Zukunft nur in groben Zügen absehen konnte. Jessica aber war heute. Ich stellte mir vor, dass sie der wahre Kern der Familie war, die Mutter des Thronfolgers. Durch Robbie war Jessica mit den Zuermatts blutsverwandt. Genügte das nicht als Erklärung dafür, dass die Frau, von der Pascal sich getrennt hatte, großen Einfluss besaß? Je länger ich darüber nachdachte, desto deutlicher wurde es mir: Jessica musste an Pascals Plan teilgehabt haben. Durch ihren Beruf kannte sie sich in der Branche aus, sie bestimmte den Kurs, bis die Zeit, wenn man Pascal offiziell für tot erklärte, überstanden war und alle Gefahren abgewendet sein würden.
    Eine dieser Gefahren war ich. Jessica wusste bestimmt, dass ich den Mann vom Betrugsdezernat in die Villa gelassen hatte. Wahrscheinlich wusste sie auch, dass ich durch meine nächtliche Beobachtung unter Davids Fenster den Plan gefährdet hatte. Aber Jessica schwieg, der Anwalt schwieg, Roman Zuermatt ließ sich nicht blicken. Was hatten sie vor, was würde ihr nächster Schritt sein? Pascals Zeilen über unsere gemeinsame Zukunft waren vage. Sie sollten mich träumen lassen, der Traum aber entrückte ihn mir noch mehr. Jedes Mal blieb ich an der merkwürdigen Stelle hängen, an der er von Zwiebelsuppe schrieb. Wozu die Ausführlichkeit, warum erwähnte er die Stadt Draguignan? Stein vermutete Pascal

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