Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge
du mich aus Amerika angerufen hast, als du nach Frankfurt kamst, war für mich alles anders. Ich wollte dich nicht mehr betrügen.« Er trat einen Schritt näher.
»Du wolltest, dass ich mit Hollmann spreche! Du wolltest wissen, ob ich im Haus etwas Belastendes gefunden hätte, du …«
Während ich das Naheliegende aussprach, während das Bild von Davids Betrug immer deutlicher wurde, merkte ich, dass mich das Naheliegende kaum noch interessierte. Stattdessen tauchte die entscheidende Frage auf, die nur David beantworten konnte.
»War Pascal bei dir?«
Er schwieg.
»Ist er in deiner Wohnung gewesen?«
»O Gott, wie muss dir das vorgekommen sein?« Er schüttelte den Kopf. »Du stehst unten im Regen, und hinter meinem Fenster siehst du … Was für ein Albtraum!«
»Du kannst ihn beenden, indem du mir die Wahrheit sagst. War Pascal bei dir?«
»Es war nicht Pascal. Es war Roman Zuermatt. Deshalb mussten er und ich auch sofort diesen Mann vom Dezernat verständigen, als wir mitbekamen, dass du vor meinem Haus ohnmächtig geworden bist. Was glaubst du, welche Lawine ausgelöst worden wäre, falls Stein angenommen hätte, der tote Pascal sei in Frankfurt aufgetaucht!«
»David, wenn du mich jetzt belügst, kann ich dir nie wieder ein Wort glauben.«
»So wahr ich hier stehe, schwöre ich, dass mich Roman Zuermatt an diesem Abend besucht hat.«
»Aber ich habe Pascal erkannt, seine Art, ein Glas zu halten, seine Bewegungen – warum sagst du mir nicht, was wirklich in der Wohnung geschehen ist?«
» Willst du, dass es Pascal gewesen ist?«
»Ich will die Wahrheit! Fällt es dir so schwer, mir die Wahrheit zu sagen? Glaubst du, durch das bisschen Nieselregen war mein Blick so verschleiert, dass ich Pascal mit Roman verwechselt hätte?«
»Aber das hast du! Weil du dir wünschst, dass er lebt. Nur deshalb willst du ihn bei mir gesehen haben.«
»Lebt er? Gibt es ihn noch?« Während ich auf die Antwort wartete, ballte ich die Fäuste.
»Ich weiß es nicht.«
»Das kann nicht sein! Die Familie bringt dich dazu, den Spitzel zu machen – weshalb solltest du für den toten Pascal Zuermatt so etwas tun? Nur wenn er noch lebt, ergibt deine Handlungsweise überhaupt einen Sinn.«
»Willst du wissen, wieso ich mich dazu überreden ließ?«
»Sag es mir.«
Er machte ein bittendes Gesicht. »Können wir nicht reingehen, Tony?«
Meine Füße waren inzwischen Eisklumpen. Wortlos zog ich die Tür auf, schob den Koffer beiseite und wollte in die Küche, einen Tee machen. Mir fiel unser Sex auf den Steinfliesen ein, ich ging David in den Salon voraus.
»Wenn du was trinken willst, schenk dir selber ein.« Ich zeigte auf den Servierwagen mit den Flaschen. »Erzählst du mir jetzt die rührselige Story, dass du ganz unten warst, und die Zuermatts haben dir unter die Arme gegriffen, unter der Bedingung, dass du die Kleine aus Kanada gefügig machst?«
Er zögerte einen Moment. »Ich habe an der Börse spekuliert, habe Fehler gemacht. Meine Scheidung kam dazu.« Ein unsicheres Lächeln. »Es ist eine ziemlich unspektakuläre Geschichte, die Geschichte einer Insolvenz.«
»Du warst pleite?«
»Schlimmer als pleite, ich steckte tief in Verbindlichkeiten.«
»Deine Wohnung sieht nicht aus, als ob über dir der Pleitegeier kreist.«
»Der Termin für die Zwangsversteigerung war bereits angesetzt.«
»Aber dann haben die Zuermatts dir geholfen?«
»Die Familie hat mich überhaupt nur ausgesucht, weil sie meine Lage kannte. Wer sonst hätte sich wohl auf so etwas eingelassen?«
»Die Zuermatts sagten also, lass deinen Charme spielen, David, wickle die Kleine ein, sei seelenvoll und überzeugend, David. Am besten, du gehst mit ihr ins Bett.«
Schweigend goss er sich einen Magenbitter ein.
»Warum sagst du nichts?«
»Was meine Gefühle betrifft, habe ich nicht gelogen. Wir hätten nicht miteinander schlafen sollen, es hat alles nur schlimmer gemacht.« Er drehte sich um. »Du hast es gewollt.«
»Ach, du Armer!« Ich setzte mich aufs Sofa. »Hat es dich viel Überwindung gekostet?«
Er trank. »Ich erwarte nicht, dass du mir verzeihst. Ich wollte dir nur sagen, was mich betrifft, ist die Sache zu Ende. Das habe ich auch der Familie mitgeteilt. Ich bin raus.«
»Keine besondere Heldentat, jetzt, da ich dich durchschaut habe.« Allmählich wurde ich ruhiger. »Wer ist das – die Famili e ? Ich kann nicht glauben, dass die alte Frau in Saanen sich so eine Schweinerei ausdenkt.«
»Frau Zuermatt hat großen
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