Das Echo der Schuld
Ferienhaus einer englischen Familie gefunden, in Dunvegan, ein ganzes Stück von der Inselhauptstadt Portree entfernt, aber mit dem Bus recht gut zu erreichen. Die Familie hatte einen Zettel im Gemischtwarenladen am Hafen ausgehängt, auf dem sie für die Dauer ihres Ferienaufenthalts eine Hilfe für Haus und Garten suchte, da ihre gewohnte Zugehfrau erkrankt war. Sie hatte sich sofort gemeldet. Nathan war dagegen gewesen, denn er meinte, der Job einer Putzfrau sei nun wirklich unter ihrem Niveau, aber da ihm auch nichts besseres einfiel, wie sie zu Geld kommen sollten, hatte er schließlich zugestimmt.
Das Haus, etwas außerhalb von Dunvegan mit einem herrlichen Blick über die Bucht gelegen, war geräumig und gemütlich, und sie hatte sich dort recht wohlgefühlt. Nette Menschen, mit denen man plaudern konnte, leichte Arbeit, auch im Garten, der sehr groß war und ihr gut gefiel. Das Wetter war wirklich schlecht gewesen – es regnete in diesem Sommer hier oben ganz besonders viel, wie die Einheimischen betonten –, und sie hatte die ganze Zeit über nicht recht verstehen können, weshalb man seine Ferien in diesem Teil der Erde verbrachte, aber sie hatte sofort gemerkt, dass es für sie einen Unterschied machte, festen Boden unter den Füßen zu haben, einen Garten, der von einer Mauer begrenzt wurde, einen Kamin, eine Ordnung in allen Dingen. Sie ging gern in das Haus, staubte die Fensterbretter ab, schrubbte die Steinfliesen in der Küche, bis sie glänzten, stellte frische Blumen in eine Vase auf den großen Holztisch im Wohnzimmer. In einer Regenpause pflanzte sie Efeu an der Südseite des Hauses und mähte im hinteren Teil des Gartens den Rasen. Es ging ihr besser als in all der Zeit zuvor.
Bis zum Spätnachmittag, wenn sie zurückkehrte auf das Schiff. Es war das Schiff. Es waren nicht die Hebriden, nicht die Kanalinseln. Es würde auch nicht besser werden in der Südsee an weißen Sandstränden unter Palmen. Sie war nicht für das Nomadenleben geboren. Sie hasste Häfen. Sie hasste schwankende Bohlen unter den Füßen. Sie hasste die ewige Feuchtigkeit. Die Enge. Sie hasste es, kein Zuhause zu haben.
Morgen würden sie auslaufen.
Donnerstag, 1 7. August
Nathan hatte es sich im Cockpit der Dandelion gemütlich gemacht, eng an die Wand der Kajüte geschmiegt. Halb zehn Uhr am Abend. Die teure Thermounterwäsche, die er trug, bewährte sich hier oben im Norden – selbst im August. Die kühle nächtliche Seeluft spürte er nur an der Nasenspitze und auf den Wangen. Nachdem sein Ärger abgeflaut war, begann er sich nun ein wenig besser zu fühlen.
Er war wütend auf Livia gewesen und, was noch schlimmer wog, wütend auf sich selbst, weil er ihr wieder einmal nachgegeben hatte. Er gab oft nach, einfach nur um sich ihre tränenreichen Monologe zu ersparen. Er hatte vorgehabt, am frühen Morgen um sechs Uhr, eine Stunde nach Hochwasser, aus dem Hafen von Portree auszulaufen, um die Passage des Sound of Harris auf jeden Fall bei Tageslicht zu segeln. Livia, die, seitdem sie auf Skye angelegt hatten, über das schlechte Wetter auf der Insel jammerte, hatte nun begonnen, mit der gleichen Intensität über die Abreise zu klagen, obwohl diese ihr eigentlich hätte gelegen kommen müssen. Nathan vermutete oft, dass es ihr einfach nur um das Lamentieren ging. Sie war nicht zufrieden, wenn sie sich nicht über irgendetwas beschweren konnte.
Schließlich hatte sie behauptet, sie habe den Leuten in Dunvegan, bei denen sie seit einer Woche putzte, versprochen, noch einmal zu erscheinen, und sie könne nun unmöglich einfach verschwinden. Da sie über diesem Problem bereits wieder zu verzweifeln drohte, hatte er die Abreise zähneknirschend auf den späten Nachmittag verschoben. Er war sich ziemlich sicher, dass Livia nur noch ein paar Stunden auf dem Festland hatte herausschlagen wollen, aber er konnteihr das schwerlich nachweisen.
Er hatte sich ins Pier Hotel verzogen, einPub, in dem sich vorwiegend Fischer und Hafenarbeiter herumtrieben, und hatte in einer Zeitschrift gelesen, die er sich am Hafengekauft hatte. Ziemlich spät erst bemerkte er, dass er eine völlig veraltete Ausgabe erwischt hatte, vom Februar diesen Jahres. Nichts von dem, was er dort geschrieben fand, war noch aktuell. Ob das hier jemanden störte? Auf den Hebriden tickten die Uhren schon ein wenig anders, das Leben folgte einem Rhythmus, der sich von dem der übrigen Welt unterschied. Die ganze Zeit über hatte er sich gefragt, wie
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