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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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tatsächlich der Grund für Virginias Flucht gewesen war. »Ihre Frau … hat sich immer noch nicht wieder gemeldet?«
    »Nein«, behauptete er. Er hatte keine Lust, Grace Walker irgendetwas zu erklären, weder die Wahrheit noch irgendeine abgeschwächte Variante davon.
    Mit seinem Leihwagen trat er den Rückweg nach London an. Er war in einem schrecklichen nervlichen Zustand, er wusste, es wäre besser gewesen, nicht mit dem Auto zu fahren. Aber still im Zug zu sitzen, zur Untätigkeit verdammt, erschien ihm völlig undenkbar. Beim Fahren war er wenigstens noch aktiv. Und da Sonntag war, herrschte wenig Verkehr, er kam gut durch.
    Um vier war er in seiner Wohnung, wo er sich sofort einen großen Whisky einschenkte und in einem Zug austrank. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Bedürfnis, sich richtig zulaufen zu lassen. Sich zu besaufen, bis er nichts mehr spürte. Bis er nicht mehr wusste, wer er war. Oder Virginia. Bis er sich möglichst gar nicht mehr erinnerte, dass es überhaupt eine Frau in seinem Leben gab.
    Der Alkohol verscheuchte die allerquälendsten Bilder in seinem Gehirn, die Bilder, die Virginia in leidenschaftlicher Umarmung mit Nathan Moor zeigten, aber er vermochte nicht das Vergessen zu bringen, das sich Frederic ersehnte. Plötzlich fühlte er sich von dem kindischen Wunsch beseelt, Unfrieden und Beunruhigung in den satten Liebesrausch zu bringen, der sich da oben in seinem Haus auf Skye abspielte. Er ging ans Telefon und gab ein Telegramm auf: Bin wieder in London + terminliche Gründe + Kim bei Grace, die krank ist + morgen Schulanfang + dein Kind braucht dich + Frederic
    Er verachtete sich ein wenig, fand aber, dass er keineswegs die Unwahrheit sagte und dass es durchaus angebracht war, Virginia an ihre Mutterpflichten zu erinnern. Es war ohnehin mehr als befremdlich, dass sie sogar ihr Kind vergessen hatte. Was hatte Nathan Moor mit ihr gemacht? Was gab er ihr? Was sah sie in ihm?
    Es war zum Wahnsinnigwerden. Er wusste, dass der Kerl nicht in Ordnung war, er wusste es einfach, und er war überzeugt, dass diese Einschätzung nicht mit seiner Eifersucht zusammenhing. Abgesehen davon, hatte er genügend Hinweise von Livia erhalten. Bestsellerautor! Es wäre zum Lachen, wenn man nicht heulen müsste.
    Livia.
    Er fand die Vorstellung, dass sie nun ganz allein in Ferndale wohnte, nicht besonders beruhigend, obwohl sie nicht im Mindesten der Typ war, der mit dem Silber durchbrennen würde. Er hätte sie nicht so einfach wegschicken können, zudem fand er, dass er nicht verpflichtet war, Nathans Gattin aus dem Weg zu räumen. Sollte sie ihn doch erwarten und ihm die Hölle heiß machen, wenn er von seinem kleinen Liebesabenteuer mit Virginia zurückkehrte. Leider nur war Livia ein so schrecklich verschüchtertes Mäuschen, allzu heftige Attacken würde ihr Mann nicht auszustehen haben.
    Grace gegenüber hatte er sie als eine Urlaubsbekanntschaft bezeichnet, die sich einige Zeit in England aufhalten würde. Grace war zu höflich, näher nachzufragen, aber sicherlich gingen ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Von Kim wusste sie bestimmt längst, dass auch Nathan in Ferndale logiert hatte. Durch das urplötzliche Verschwinden Virginias mochte sie am Ende sogar Schlüsse ziehen, die durchaus in die Nähe der Wahrheit kamen. Vielleicht besprach sie sich mit Jack, der seinen Chef womöglich bereits insgeheim als den Gehörnten titulierte.
    Gegen halb sechs Uhr hielt es Frederic in seiner Wohnung nicht mehr aus. Draußen herrschte regnerisches Wetter. Er zog seine Barbourjacke an und verließ das Haus, lief durch die Straßen und gelangte schließlich zum Hyde Park. Trotz des unangenehmen Nieselregens in der Luft hielten sich hier erstaunlich viele Menschen auf. Jugendliche Skateboardfahrer, Familien mit Kindern, ältere Menschen, die pflichtschuldig die ihnen ärztlich verordnete Runde drehten. Und Liebespaare. In der Hauptsache sah er Liebespaare. Hand in Hand oder eng umschlungen schlenderten sie über die Wege, blieben stehen, küssten einander, vergaßen sichtlich die Welt um sich herum. Mit geschärftem Blick erkannte er, dass viele von ihnen wie verzaubert wirkten, eingesponnen zu zweit in einen Kokon, der sie der Welt und all ihrem banalen Treiben entfernte. Er überlegte, aber es fielen ihm keine Situationen ein, die ihn und Virginia in dieser Abgekehrtheit, in dieser völligen Fixierung aufeinander gezeigt hätten. Nicht einmal in ihrer allerersten Zeit. Und wenn er ganz

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