Das Echo der Vergangenheit
für Sofie tat.
Die Tür ging auf und ein großer schwarzer Mann mit einem breiten Lächeln begrüßte sie. »Hi, Sofie.« Er trug einen Smoking und als Antwort auf Matts neugierigen Blick sagte er: »Ich bin gerade erst von der Arbeit nach Hause gekommen.«
Matt nickte. Ein vornehmes Restaurant, vermutete er.
»Chaz, das ist Matt Hammond.«
»Hallo.«
Matt ergriff eine Hand, die ebenso groß war wie seine eigene.
Sofie sagte: »Meinst du, er könnte vielleicht heute Nacht bei dir und Rico bleiben?«
»Rico ist in das Zimmer von Lance gezogen, aber in meinem ist ein Bett frei.« Er sah Matt mit freundlichem Blick an. »Du kannst es gerne benutzen.« Dann zu Sofie: »Mama wird sich freuen, dich zu sehen.«
Sie ging hinein. »Wie geht es dir, Chaz?«
»Gut. Immer gut. Und dir?«
Sie lächelte halbherzig und versteckte sich nicht vor diesem sanften Riesen, dessen Akzent Matt irgendwo in der Karibik verortete.
Die Wohnung bestand aus einem langen Wohnzimmer mit einer kleinen Kochecke, zwei Schlafzimmern und einem Bad am anderen Ende des Flurs. Musikinstrumente nahmen einen großen Teil des Wohnzimmers ein. Mit all dem Zeug konnte man eine ordentliche Jamsession veranstalten.
»Rico ist unterwegs, er macht den Ton bei irgendeiner Show. Er kommt spät heim.« Chaz drehte sich um. »Möchtet ihr etwas trinken? Tee?«
»Das wäre nett«, sagte Sofie.
Chaz stellte einen Kessel auf eine Kochplatte. »So.« Er zeigte auf den Tisch am Fenster, durch das der Blick auf die gesprenkelte nächtliche Stadt fiel. »Welchem Umstand verdanken wir deinen Besuch? Oder bist du wieder da?«
Sie sah ihm in die Augen. »Ich bin wegen Carly hier.«
Die Geschichte zur Tarnung galt also nicht für Chaz. Matt beobachtete die Interaktion der beiden, als sie ihm von Carlys Anruf erzählte und von ihrer Gewissheit, dass etwas nicht stimmte.
Chaz hörte mit konzentriertem Mitgefühl zu und sagte dann: »Vielleicht hatte sie eine Auseinandersetzung mit ihrem Vater.«
Matt lehnte sich zurück. Das Gleiche hatte er auch vorgeschlagen, aber Sofie schüttelte auch diesmal den Kopf, wie sie es bei ihm getan hatte. »Sie streitet nicht mit Eric. Das ist nicht …« Tränen stiegen ihr in die Augen. »Etwas stimmt nicht. Ich habe es an ihrer Stimme gehört.«
Sie schien eine ungewöhnliche Verbindung zu diesem Kind zu haben. Oder sie wünschte, sie hätte sie. Die Situation mit Annie könnte die Wirkung von Carlys Anruf auf eine Weise verstärkt haben, die das Kind nicht beabsichtigt hatte. Aber um das herauszufinden, waren sie jetzt hier. Er war mitgekommen, um Sofie zu unterstützen, aber die Sache ging noch tiefer. Sie glaubte vielleicht, dass Eric harmlos war, aber sein Bauchgefühl sagte ihm etwas ganz anderes.
* * *
Sofie schlug die Augen in der Wohnung auf, die sie mit Nonna geteilt hatte, seit sie die ersten Schritte auf dem Weg vom Rande des Todes zurück ins Leben gegangen war. Carly gehörte zu ihrem Leben davor und die Ärzte würden ihr dringend abraten, sich wieder so mit diesem Kind zu beschäftigen. Aber sie würde seinen Hilferuf nicht ignorieren. Eine zarte Verbindung war wiederhergestellt worden und die Initiative dazu war nicht von ihr ausgegangen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu reagieren.
Sie stand auf, duschte und durchquerte den Flur. Matt sei auch schon wach, sagte Chaz ihr von dem Tisch aus, an dem er mit seiner aufgeschlagenen Bibel saß.
»Unter der Dusche«, fügte er hinzu.
Sie setzte sich zu ihm, um zu warten, während sie den Anruf von gestern immer wieder in ihren Gedanken abspulte. Carly hatte gesagt, ihr Dad sei der Grund für die Schwierigkeiten, aber was bedeutete das? Eric würde nie die Hand gegen sie erheben. Ihr Äußeres war die Projektion seiner selbst und er schützte sich selbst mit allen Mitteln. Warum also hinterließ Carlys Anruf eine solch düstere Vorahnung?
»Möchtest du, dass wir zusammen beten?«
Sie hob den Blick und sah Chaz an, während ihr bewusst wurde, dass sie sich so fest auf die Lippen biss, dass sie schon bluteten. »Ja.«
Chaz streckte die Arme aus und nahm ihre Hände. »Himmlischer Vater, du hast alles unter Kontrolle. Lass uns Werkzeuge deines Willens sein.«
Sie schluckte. »Bitte beschütze Carly, wo auch immer sie ist, und … bitte lass mich sie sehen. Und vergib mir alles, was ich falsch gemacht habe.«
Chaz drückte ihre Hände. »Gewähre uns in deiner Barmherzigkeit alle unsere Bitten. Amen.«
Sie öffnete die Augen. Matt stand in Baumwollhose
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