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Das Echo der Vergangenheit

Das Echo der Vergangenheit

Titel: Das Echo der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Heitzmann
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wärest.«
    Er verstand das nur zu gut. »Es ist wohl besser, wenn ich mich eine Weile nicht blicken lasse.«
    »Besser für wen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Für uns alle.«
    Rico setzte sich auf und trocknete sich den Nacken ab, aber steuerte außer seinem lakonischen Kommentar nichts bei. Es stank tatsächlich und es war der Gestank von einem verschwendeten Leben, der so übel war, wie er nur sein konnte.
    Matt war sich nicht sicher, wo er anfangen sollte, um seine Gedanken und Gefühle zu entwirren. Wenn Gott eine Rolle dabei spielte, wollte er die Sache vernünftig angehen, und die Vernunft verließ ihn, sobald Sofie in der Nähe war. Er würde auf die Knie fallen und alles gestehen, wenn es die Macht brechen könnte, die Eric noch aus dem Grab heraus ausübte.
    Er ging ins Schlafzimmer, um seinen Koffer zu holen, und sagte dann zu Chaz: »Ich habe das Bett abgezogen. Wenn ich die Laken waschen soll …«
    Chaz lächelte. »Das machen wir schon. Rico ist dran.«
    Rico gab vom Boden aus nur eigenartige Geräusche von sich, während er mit beeindruckender Geschwindigkeit einarmige Liegestütze absolvierte.
    »Ich spreche nur noch kurz mit Sofie. Sage ihr, dass ich gehe.«
    »Ich bete dafür, dass dein Abflug ruhig verläuft.«
    »Okay.« Er ging davon aus, dass Chaz das wörtlich meinte. Denn er machte keinen Abflug, lief nicht davon, sondern … ja, was? Auf der anderen Seite des Ganges klopfte er an die Tür.
    Sofie öffnete ihm und ihre Haare waren gebürstet und glänzten und ihre Bluse war gebügelt; wahrscheinlich ein Vortäuschen von Normalität um Carlys willen. Der Schein versagte in ihren Augen, die vor Erschöpfung und Weinen gerötet waren. Worum genau trauerte sie eigentlich? Um den Toten? Die Chance auf eine Wiedervereinigung? Er wollte sie schon fragen, tat es dann aber nicht. »Wie geht es Carly?«
    »Sie macht sich schreckliche Vorwürfe.«
    Das musste auf sie beide zutreffen. »Und du?«
    Sie zog eine Schulter hoch. »Ich bin froh, dass ich da sein kann, um ihr zu helfen.«
    Er betrachtete ihr Gesicht. Sie war einmal zerbrochen, aber jetzt hatte sie etwas, woran sie sich festhalten konnte, und es schien ihr Kraft zu geben. Er nickte mit zugeschnürter Kehle.
    »Deshalb bin ich hergekommen, Matt. Dafür wurde ich geschaffen.«
    Wenn sie das glaubte, dann hatte sie noch weniger begriffen, als er gedacht hatte. »Hast du mit Carlys Großmutter gesprochen?«
    »Nur kurz. Sie hat große Schmerzen.« Ihre Stimme brach. »Sie kann Carly im Moment auf keinen Fall versorgen.«
    »Dann bleibst du so lange hier, bis sie es kann?«
    Sofie nickte. Sonst würde das Mädchen den Behörden übergeben und er war der Erste, der zugab, wie wenig befriedigend und unsicher einige der Optionen waren. Selbst eine gute Pflegefamilie konnte der Kleinen nicht die Liebe geben, mit der Sofie das Mädchen überschüttete.
    Keine Frage, dass dies das Beste für das Kind war, jedenfalls kurzfristig. Aber für Sofie? Wieder in derselben Umgebung, die schon einmal zur Verzweiflung geführt hatte, und mit noch einem Verlust, der sie wie eine Rasierklinge schnitt? Was würde geschehen, wenn es so weit war, dass sie Carly abgeben musste?
    Er atmete aus. »Ich muss zurück ins Büro. Ich fliege noch heute Vormittag.«
    Auf ihrem Gesicht zeigte sich ebenso viel Erleichterung wie Enttäuschung. Wenn Carly ihm die ganze Schuld gab, so traf ihn aus Sofies Sicht wenigstens eine Teilschuld. Sie waren beide in eine Spirale der Schuld und Reue geworfen worden und suchten einen Sündenbock, um ihren Schmerz zu lindern. Er würde die ganze Schuld auf sich nehmen, wenn sie dadurch frei würden, ihr Leben zu leben. Aber so funktionierte das nicht.
    Er stieß sich vom Türrahmen ab. »Gibt es noch etwas, das ich tun kann, bevor ich gehe?«
    Etwas flackerte in ihren Augen, das ihn vor ein paar Tagen noch ermutigt hätte. Aber jetzt war ihm klar, dass es falsche Hoffnungen waren. »Nein, danke, Matt.«
    Er legte eine Hand auf ihre Wange, vergrub seine Finger in ihren Haaren und wünschte, sie würde sagen, er solle bleiben. Aber das tat sie natürlich nicht. Er lehnte sich vor und gab ihr einen Kuss, während ein tiefer Kummer ihn erfüllte. »Es tut mir leid. Ich wünschte, die Dinge wären anders.«
    »Ich weiß.« Tränen glitzerten in ihren Augen.
    »Mach’s gut, Sofie.«
    Sie holte zitternd Luft. »Mach’s gut, Matt.«
    Ob es an Chaz’ Gebeten lag oder nicht, der Flug war ereignislos, die folgenden Tage im Büro waren es aber nicht.

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