Das Echo der Vergangenheit
hatte, indem sie ihr eigenes Leben verschmäht hatte. Die Wunde, die sie ihm geschlagen hatte. Ein Verrat, der schlimmer war als seiner. Kein Wunder, dass er ihr nicht vergeben hatte. Wie konnte sie sich das selbst jemals verzeihen?
Sie hatte weitergelebt, aber das Leben, zu dem sie zurückgekehrt war, bestand nur aus großen Gesten eines Zuschauers, der versuchte, sich unter die Lebenden zu mischen. Kühne Worte, die durchzudringen versuchten. In dieser Situation war nichts wirklich. Außer dem Kind auf ihrem Schoß. Erics Kind.
Ein Rasseln entstieg seiner Kehle. Carly wandte den Kopf um. »Er klingt anders.«
Sie strich ihr über den Rücken. »Er kann nicht mehr lange kämpfen.«
»Warum tun sie denn nichts?«
»Sie können nicht alles reparieren, was kaputt ist.« Nichts war repariert worden, nichts würde es jemals sein.
Während sie auf dem Dach gewesen und gewartet hatten, hatte er den Tod als ihre letzte Vereinigung bezeichnet und sie hatte die Tiefe seiner Krankheit erkannt, wie sie ihn ausgehöhlt hatte, sodass er nur noch eine leere Hülle des Mannes war, der er früher einmal gewesen war oder der er hätte sein können. Sie hatte ihm in der Kirche gesagt, dass sie nicht mit ihnen gehen konnte, aber Eric hatte gewusst, dass sie Carly nicht allein würde gehen lassen. Sie waren aneinander gebunden, Überlebende einer verzehrenden Liebe. Und jetzt ertrugen sie gemeinsam diesen Kummer.
Während Carlys herzzerreißende Schluchzer seine letzten Atemzüge übertönten, konnte Sofie das Gebet nicht zurückhalten, das über ihre Lippen kam – eine Hoffnung, die so zäh war, dass ihr müder Geist sie nicht ignorieren konnte. Herr, erbarme dich. Christus, erbarme dich. Herr, erbarme dich .
Carly weinte. Sofie wiegte sie hin und her und ignorierte die Schmerzen in ihren Rippen, spürte sie sogar gerne. Gemeinsam betrauerten sie Erics Hinscheiden und teilten den Kummer – und die Schuldgefühle. Was wäre gewesen, wenn sie Ja gesagt hätte, wenn sie um Carlys willen zusammengeblieben wären? Was, wenn sie zu Matt gesagt hätte, er solle aufhören, für sie zu kämpfen? Was für schmerzliche Worte: Was, wenn .
Eine Krankenschwester kam herein und schaltete die Maschinen aus, dann ging sie wieder. Irgendwo wartete ein Polizist darauf, informiert zu werden; andere Behörden mussten benachrichtigt werden. Sie würde mit Erics Mutter sprechen, wenn das möglich war. Eine Trauerfeier planen. Carly brauchte das. Dann überwältigte der Kummer sie und nichts zählte mehr außer dem Verlust – und der schrecklichen Freiheit, die ihm folgte.
Wie konnte etwas nur so wehtun? In dem Zimmer in Sofies Wohnung kniff Carly sich. Sie starb. Sie musste sterben, wollte es. Sie war schuld daran, dass Daddy gestürzt war. Weil Matt nicht loslassen wollte, hatte sie sich gewehrt und war gerannt und dann … Alles lief in ihren Gedanken ab wie ein Film in Zeitlupe. Seine rudernden Arme, der Körper, der sich verdrehte, ihr Daddy, der sich an ihr festhalten wollte. Damit sie ihm half. Er hatte gewollt, dass sie ihm half, ihn auffing, ihn rettete.
Aber sie war ebenfalls über die Brüstung gefallen, und wenn Sofie sie nicht festgehalten hätte, wäre sie jetzt tot. Sie wünschte, sie wäre es. Sie hatte es verdient. Er hatte ihr nie wehgetan. Er hatte nur gewollt, dass sie in Sicherheit war, und er hatte versucht, sie glücklich zu machen, hatte immer sein Bestes gegeben, um sie glücklich zu machen. Er konnte nichts dafür, dass sie Freunde haben wollte, und jetzt wusste sie, dass das dumm gewesen war. Was nützten Freunde schon?
Daddy war es, der wichtig gewesen war. Und jetzt war er nicht mehr da. Sie krümmte sich vor Schluchzen. Was war, wenn Sofie sie auch verließ? Aber dann war sie da, tröstete sie, hielt sie im Arm und weinte mit ihr.
»Ich weiß, wie weh das tut, Liebes. Ich weiß.«
Sie wusste es, weil es ihr auch wehtat. Sie war der einzige Mensch auf der Welt, der Daddy auch geliebt hatte. Und er hatte sie ebenfalls geliebt. Es hätte funktioniert. Sie hätten zusammen sein können, wenn Matt sie nur losgelassen hätte!
Sofie wiegte sie in ihren Armen und sagte nicht, sie solle aufhören zu weinen, so wie Grandma es getan hatte. Sie wusste, dass sie nie würde aufhören können. Sie hatte Daddy dazu gebracht zu fallen, zu fallen, zu fallen. Aber es war nicht ihre Schuld. Oh, bitte, bitte, bitte mach, dass es nicht meine Schuld war .
Hastig löste sie sich von Sofie, rannte ins Bad und übergab sich. Sie hatte
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