Das Echo der Vergangenheit
bebte, während die Erinnerung Tränen in ihm aufsteigen ließ. »Monica hat sie gefunden. Die rechthaberische große Schwester, die alle herumkommandiert, hat sie in der Badewanne gefunden und gebrüllt, als wollte sie Tote aufwecken – im wahrsten Sinne des Wortes. Tony war unten bei Pop. Er hat die Blutung gestoppt und dafür gesorgt, dass sie weiter-atmet.« Seine Stimme brach. »Während Rico und ich in Manhattan einen Auftritt hatten.«
»Das konntest du doch nicht wissen.«
Er senkte das Kinn und sammelte sich. »Aber du verstehst sicherlich, warum ich es leid bin, dass Leute mich für jemanden halten, der ich nicht bin.«
Er drehte sich um, als Star hereinkam, und zog einen dicken Umschlag aus seiner Jackentasche. »Hier, Star. Das war in der Post.«
Star warf einen Blick auf den Absender und erstarrte. »Danke.« Zögernd nahm sie den Umschlag entgegen und ging.
»Was war das denn?«
»Post von Rico.«
Rese stemmte die Hände in die Hüften. »Die Asche von ihrem Gemälde?«
»Komm schon. Rico ist doch nicht rachsüchtig.«
»Wenn du das sagst.« Sie erinnerte sich daran, wie er den Times Square mit einer Entschlossenheit nach Star abgesucht hatte, sodass Rese froh darüber gewesen war, dass er sie nicht gefunden hatte.
»Gefährlich, aber nicht rachsüchtig.«
»Na gut. Ich muss Mom ins Bett bringen. Siehst du nach Star?« Schließlich war es sein Freund, der Unruhe stiftete.
»Klar.«
Sie trennten sich oben auf dem Flur. Ihre Mutter war bereits eingeschlafen. Daher vergewisserte Rese sich nur noch, dass der Becher mit der Medizin leer war, dann schaltete sie den Fernseher und das Licht aus. Wenn Mom mehrere Tage hintereinander nicht aufstehen wollte, musste Dr. Jonas davon wissen. Rese verließ leise den Raum, als Star gerade mit Ohrstöpseln in ihrem Zimmer verschwand. Wie benommen stand Lance vor ihrer Tür.
»Alles in Ordnung?«
»Rico hat ihr ein Lied geschrieben.«
»Ist es gut?«
»Nein, ich habe gesagt, Rico hat es geschrieben.«
»Ich weiß – oh.«
»Verstehst du, Rico macht den Rhythmus. Ich schreibe die Texte.«
Dies betraf etwas Tieferes, ihre Freundschaft, ihre gemeinsame Geschichte. Und Sofies Vergangenheit zu erklären, hatte ihn mitgenommen. Zärtlich fuhr er mit dem Daumen über ihre Wange, gab ihr einen Kuss und ging in sein Zimmer. Kurz darauf hörte sie seine Finger über die Saiten der Gitarre fahren.
Rese schlüpfte in Stars Zimmer und fand sie auf dem Rücken liegend, mit geschlossenen Augen, aber ihre Hände bewegten sich sanft zur Musik. Sie setzte sich neben Star aufs Bett und ihre Freundin schlug die Augen auf. Sie klopfte auf die Matratze und Rese legte sich neben sie. Eigentlich hatte sie erwartet, Star würde verstört sein, aber auf ihrem Gesicht lag ein großer Friede.
»Hör mal.« Star reichte ihr die Ohrstöpsel und spielte die CD von vorne ab.
Es klang wie die Musik, die Star und Rico in dem U-Bahn-Tunnel aufgenommen hatten mit Rico an Chaz’ Steeldrums und Stars schwebender, wortloser Stimme. Darüber sprach Ricos Stimme mit seinem Akzent ein Wort nach dem anderen. »Glücksfall. Zufall. Zuspruch. Anspruch. Anregen. Ausreden. Einreden. Erwidern. Erneuern.« Hypnotisch klangen die Worte, aneinandergehängt, ein rhythmischer Herzschlag über den zarten, halligen Tönen.
Sie dachte an Rico mit seinem Piratenlook, den Zöpfen mit Perlen darin und den schnellen, nervösen Händen. Begabt. Loyal. Heißblütig. Nachdem Star ihn verraten hatte, hatte er gesagt: »Hier ist für dich kein Platz, Chiquita.« Und Star war – wie es ihre Art war – gegangen, um sich selbst zu verletzen.
Jetzt schienen die beiden einen vorsichtigen Tanz der Versöhnung zu beginnen. Das Gemälde, das sie ihm geschickt hatte, enthielt Elemente aus Ricos Leben und ihrer gemeinsamen Zeit; seine Worte über der Musik, die sie gemeinsam hervorgebracht hatten. Beide sagten nicht sehr viel, aber zwischen ihnen herrschte eine Strömung wie die Vibrationen der Steeldrum und auf Stars Gesicht lag ein zerbrechlicher Hoffnungsschimmer.
»Auflösung, Erlösung, Offenbarung, Bewahrung …«
Kapitel 17
Matt blickte auf, als Cassinia mit mehr als ihrem üblichen Schwung sein Büro betrat. »Was habe ich denn nun verbrochen?«
»Sie ist hier.«
»Wer ist hier?«
»Marias Mutter. Dein Typ Lance hat angerufen.«
»Mein Typ?« Fragend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und überlegte, warum er jetzt ihre schlechte Laune abbekam.
»Dieser religiöse Fanatiker. Er hat ihre Mutter
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