Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
Rolle dabei, so verrückt es auch scheint. Doch sie bleibt einfach reglos stehen und starrt verträumt in die von Flammen erleuchtete Nacht.
»Es beginnt«, flüstert sie. »Die letzten Tage sind angebrochen. Dies ist eines der Zeichen.«
Ich verdrehe die Augen. Grabe die Finger tiefer in ihr Fleisch, in der Hoffnung, sie aus ihrer Trance zu wecken. »Ach was. Dein Vater ist verrückt.« Sie scheint meine Worte nicht zu hören, so gebannt ist sie von dem Himmel, aus dem es Feuer regnet.
»Ich habe versucht, dich zu warnen. Versucht, mit dir zu reden. Dich daran zu erinnern, was uns einmal verbunden hat – wenn auch nur, damit du siehst, was ich sehe, und weißt, was ich weiß.« Ihr Blick ist entrückt, ihre Stimme klingt müde und resigniert. »Aber du wolltest ja nicht hören, und jetzt …« Sie zeigt auf das Chaos um uns herum. »Jetzt ist es zu spät für uns alle.«
Ich umfasse ihre Schultern fester und suche nach Spuren des Mädchens, das ich einst kannte. Ein trauriges, schönes, kompliziertes Mädchen mit einem verrückten Weltuntergangspropheten als Vater. Ein Mädchen, das zu früh seine Mutter verloren hat, die spurlos verschwunden ist, ohne dass je ihre Leiche gefunden worden wäre. Ein Mädchen, das ich einst sehr mochte, wenn auch nur kurz.
»Komm mit mir, Dace.« Sie fixiert mich scharf. »Mein Vater hilft uns. Rettet uns. Er weiß bestimmt, wie man das hier überlebt.«
»Dein Vater kann niemandem helfen«, versichere ich ihr, doch ein Blick in ihre Augen sagt mir, dass meine Worte nicht zu ihr durchdringen. »Verschwinde von hier. Geh zu Leftfoot – er kümmert sich um dich.«
Als sie sich nicht vom Fleck rührt, als sie in keiner Weise reagiert, gebe ich auf und mache mich auf die Suche nach Daire. Meines Wissens gibt es nur einen Ort, den sie angesichts der Umstände aufsuchen würde, und ich verfluche mich selbst, dass ich nicht gleich daran gedacht habe. Schließlich bin ich deshalb gekommen.
Ich rase durch den Club. Ignoriere Leandros Hilfeschreie, während er sich von dem umgefallenen Regal zu befreien sucht, unter dem er feststeckt. Mir ist nur allzu bewusst, wie heftig die Erde bebt, während überall Feuersbrünste ausbrechen.
Allzu bewusst, dass die Prophezeiung ohne mich ihren Anfang genommen hat – und mich nun zwingt, Schritt zu halten.
Ich haste durch das Portal, wobei ich bemerke, dass keine Dämonen in Sicht sind, eile durch die Höhlenwohnung – die jetzt komplett verwüstet ist, sicherlich das Resultat von Cades Raserei –, dann weiter durch das Tal aus Sand und sehe mich die ganze Zeit nach Daire um.
Sie ist da draußen.
Irgendwo.
Auf der Jagd nach Cade.
Ich bete darum, dass ich ihn zuerst finde.
Vierundvierzig
Daire
I c h komme rollend zum Stillstand, nicht weit vom Bergwerk entfernt.
Es ist das erste Mal, dass ich eine solche Punktlandung schaffe.
Das erste Mal, dass ich es geschafft habe, einen Ankunftspunkt zu bestimmen und dann tatsächlich dort herauszukommen.
Zweifellos ein gutes Omen.
Ich hoffe, dass noch mehr in der Art folgt.
Geduckt halte ich mich zum Einsatz bereit. Ich brauche einen Moment, um mich an den Rhythmus der Erde anzupassen, die gefährlich unter mir schwankt – eine lange Reihe von rasch aufeinander folgenden Nachbeben. Doch zum Glück lässt ihre Intensität mit jedem davon nach.
Das zweite gute Omen ?
Ich nehme, was ich kriegen kann.
Ein Crescendo von Schreien dringt aus dem Bergwerk. Die Gefangenen, offenbar nicht mehr von den Richters eingelullt, versammeln sich am Ausgang des Schachts und versuchen freizukommen. Ihre Leiber drängen gegen das Heer untoter Wächter, die sich schwer gegen sie stemmen und sie wieder hineinpressen.
Mein Blick rast zwischen ihnen hin und her, auf der Suche nach Cade, doch als ich ihn nirgends entdecke, schiebe ich mir das Athame in die Faust und gehe weiter.
Obwohl alles gegen mich spricht – obwohl ich ganz allein bin und sie unzählige sind –, bin ich irgendwie in ein sonderbares Gefühl der Ruhe gehüllt, dem jeder Anflug von Furcht fernliegt.
Dies ist der Moment, in dem sich Theorie und Praxis endlich vereinigen, nachdem sie sich monatelang nur keusch getroffen haben.
Dies ist meine Chance, all die Fertigkeiten einzusetzen, die mich Paloma gelehrt hat.
Dies ist meine Chance, meine Bestimmung zu erfüllen.
Ich krieche mit so langsamen, so verstohlenen Bewegungen auf die Richters zu, dass sie von meiner Anwesenheit nichts mitbekommen. Dabei denke ich an das, was mir Paloma gesagt
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