Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
mal, Bruder«, fährt er fort, »mache ich einen besorgten Eindruck auf dich ?«
Dace sagt kein einziges Wort. Seine Miene ist reserviert, doch zeichnet sich darauf nicht der Schock ab, mit dem ich gerechnet habe.
»In Wirklichkeit ertragen sie die Wahrheit nicht. Ertragen die Tatsache nicht, dass ihre Leben wertlos sind und ihre Leiden sinnlos. Also ziehen sie sich selbst an falschen Versprechungen hoch und zeigen derweil mit dem Finger auf mich. Idioten.« Er lacht, als würde ihn diese Torheit unheimlich amüsieren. »Aber täuscht euch nicht – ich bin es, der die Welt erben wird. Es ist meine Bestimmung. Genau dafür wurde ich erschaffen. Weißt du, unser Vater Leandro ist ein mächtiger Zauberer, der sich den perfekten Erben erschaffen wollte, was ihm auch gelungen ist.« Er fährt liebkosend mit der Hand an seinem Körper entlang, wobei die Glut seiner Zigarette auf dem Weg nach unten aufleuchtet und Funken sprüht. »Am Tag der Toten, wenn der Schleier zwischen den Lebenden und den Toten gelüftet wird, hat er einige unserer lang verstorbenen Vorfahren gerufen, damit sie ein bisschen Schwarze Magie auf unsere Mutter ausüben. Du und ich sind das Ergebnis ihres Wirkens. Nur dass Leandro dich nicht eingeplant hatte. Sein Ziel war es lediglich, die Seele in zwei Teile zu spalten – und die dunkle Hälfte zu nähren, die helle aber auszulöschen. Doch irgendetwas ging schief, und so hat er versehentlich auch dich gemacht. Jahrelang haben wir dich als aus der Art geschlagene Fehlgeburt betrachtet – eine Schande für den Richter-El-Coyote-Clan. Wir hielten dich für unbrauchbar, von wenig Wert oder Nutzen. Mann, vor gar nicht langer Zeit habe ich Leandro um die Erlaubnis gebeten, dich zu töten.« Sein Blick richtet sich nach innen, während er der Erinnerung nachhängt. Schließlich wendet er sich wieder Dace zu. »Er wollte schon nachgeben, als ich auf eine interessante Information gestoßen bin, der zu entnehmen war, dass du wesentlich nützlicher bist, als wir uns je hätten träumen lassen. Ja, du hast sogar einen viel tieferen Sinn, als uns Schande zu machen …«
Er legt eine effektvolle Kunstpause ein und genießt, wie er uns in seinen Bann gezogen hat. Und ich kann kaum glauben, dass die Antwort, die ich gesucht habe, nun hier ist – oder zumindest eine davon.
Cade zieht an seiner Zigarette und stößt blinzelnd eine Reihe von makellosen Rauchringen aus, denen er versonnen nachblickt. Er zögert die Enthüllung absichtlich hinaus, wenn auch nur, um uns zu demonstrieren, dass er das Sagen hat. »In Wirklichkeit wurdest du geboren, um uns dabei zu helfen, unsere Bestimmung zu erreichen. Nur aus dem Grund hast du überlebt. Denn weißt du, du … mein Bruder … bist das Echo.«
Ich werfe Dace einen nervösen Blick zu und sehe, wie er erschauert, woraufhin mich ein heftiger Anflug von Angst durchzuckt. Ich muss hören, was als Nächstes kommt, auch wenn ich die Enthüllung zugleich fürchte.
»Du bist mein Echo – und ich bin dein Echo. Wir stehen in einer Art von Verbindung, die ich erst ansatzweise begriffen habe. Während ich viel zu finster bin, um dieses angeblich so wundervolle Gefühl, das ihr Liebe nennt, persönlich zu erleben, gewährt mir letztlich die Liebe, die du für Daire empfindest, und die Liebe, die sie für dich empfindet, eine Art Freibrief auf allen Ebenen. Die Suchende liebt dich, und du liebst die Suchende.« Er breitet die Arme weit aus und verbeugt sich tief vor uns, ehe er sich mit großer Geste wieder erhebt. »Ich hätte mir nichts Besseres wünschen können ! Und dank ein bisschen Verschleierungstaktik meinerseits und einem kleinen Knick in eurer Wahrnehmung habt ihr euch nun nicht nur eure Liebe erklärt, sondern sie auch miteinander geteilt.«
»Du hast zugesehen ?« Dace stürmt empört auf ihn zu und lässt sich nicht einmal bremsen, als Kojote erneut auf ihn losgeht. Mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen attackiert er jetzt den anderen Arm von Dace, will ihn ebenso zerfleischen wie den ersten, als Cade ihn mitten im Sprung abfängt und abermals an seine Seite zieht.
»Bild dir bloß nichts ein.« Cade zuckt zusammen und verzieht angewidert das Gesicht. »Du kannst mir glauben, dass ich den Anblick nicht ertragen würde. Schon allein beim Gedanken an euer zärtliches Schäferstündchen wird mir schlecht. Aber täusch dich nicht.« Sein Gesicht wird hart, bis seine Augen nur noch zwei Schlitze sind. »Ich bin immer auf der Wacht. Ich weiß alles über dich,
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