Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
Bruder. Es wäre klug, wenn du das nie vergessen würdest.«
»Du bist verrückt !«, brüllt Dace, ohne den unablässigen Blutstrom zu registrieren, der über sein Handgelenk läuft, über seine Finger, bis er sich mit der Erde zu seinen Füßen vermengt. »Du bist ein Monstrum !«
Er stürmt erneut los, doch Cade schüttelt nur den Kopf und stemmt eine Handfläche fest gegen seine Brust. In einer Demonstration brutaler Kraft, die mir unerträglich ist, hält er ihn mit nur einer Hand auf. Ein letztes Mal zieht er an seiner Zigarette, dann wirft er sie zu Boden und versetzt Dace einen Stoß. »Nein, Bruder, du täuschst dich. Ich bin jenseits aller Etiketten. Ich überschreite alles, was sich dein kleiner Geist vorstellen kann. Ich bin einfach überlegen – dir sowie allen anderen –, wie ich bereits erklärt habe.«
Dace starrt seinen Bruder grimmig an, während Kojote ihn grimmig anstarrt, bereit, ihn beim leisesten Wink von Cade anzufallen.
»Damit will ich aber nicht sagen, dass ich nicht froh darüber wäre, dass ihr euer kleines Liebesfest genossen habt.« Cade grinst auf eine Weise, die regelrecht gruselig wirkt, obszön. »Man könnte wohl sagen, dass ich es auf meine eigene Art auch genossen habe. Es hängen einfach so viel Liebe und positive Schwingungen in der Luft, dass ich mich fast völlig verwandelt fühle !«
Er richtet seinen Blick auf mich. Die eisblauen, gold umrandeten Iriden sind nahezu identisch mit denen seines Zwillings. Doch im Gegensatz zu seinem kaleidoskopischen Blick, der alles in der Umgebung reflektiert, bleiben Cades Augen leer. Reflektieren nicht. Sie sind ein bodenloser Abgrund, der die Essenz von allem absorbiert, was er sieht.
Und jetzt absorbieren sie mich.
Zehren an meiner Seele.
Ziehen mir die Energie ab.
Entschlossen, mich auszusaugen, während sie auf etwas anspielen, was zu entsetzlich ist, um es in Worte zu fassen.
Cades Blick wird eindringlicher, und seine Züge heitern sich triumphierend auf. »O ja, Santos, es ist leider alles wahr«, sagt er. »Auch wenn du denkst, du könntest die Zusammenarbeit mit mir verweigern – auch wenn du denkst, du könntest das großzügige Angebot ablehnen, das ich dir gemacht habe – du begreifst nicht, dass du schon die ganze Zeit für mich gearbeitet hast. Schon lange bevor du in Enchantment angekommen bist. Dace und ich sind zwei Hälften eines Ganzen. Verbunden. Verflochten. Was bedeutet, dass die Liebe, die du für ihn empfindest – in Gedanken und Taten und sogar in deinen Träumen –, lediglich dazu dient, mich zu stärken. Ich bin der Nutznießer jeder freundlichen und liebevollen Regung, die ihr füreinander hegt. Das Gleiche gilt auch für erotische Gedanken.«
Das Pendel !
Paloma hatte recht. Die beiden sind so tief verbunden, dass das Pendel sie als eins empfindet. Mein Unterbewusstsein hatte bereits die schreckliche Wahrheit akzeptiert, gegen die sich mein Herz noch wehrte.
»Du kommst nicht darum herum«, spottet Cade. »Was bereits geschehen ist, kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ihr beiden seid vom Schicksal ausersehen. Vorbestimmt. Und nun hat die Prophezeiung bereits eingesetzt. Oder anders ausgedrückt«, er sieht seinen Bruder an, »der Schneeball ist unterwegs zur Hölle, und es gibt keinen Weg, ihn aufzuhalten.«
Dace ist voller Zorn. Trotz seines verwundeten Arms, trotz allem, was er soeben erfahren hat, knickt er nicht ein. Kuscht nicht vor seinem monströsen Bruder. »Ich wusste schon immer, dass du verrückt bist – aber jetzt hast du eine ganz neue Ebene erreicht«, sagt er. »Halt dich von uns fern. Und komm bloß nicht auf die Idee, dich Daire irgendwie zu nähern !«
Er greift mit seinem heilen Arm nach mir, um mich wegzuziehen, doch ich bin wie erstarrt. Mir ist übel von allem, was Cade gerade preisgegeben hat, aber noch verstörter bin ich von den Worten, die mir wie in Endlosschleife immer wieder durch den Kopf wandern: Und dank ein bisschen Verschleierungstaktik meinerseits und einem kleinen Knick in eurer Wahrnehmung …
Ich muss an das denken, was mir Paloma über El Coyotes Fähigkeit erzählt hat, die Wahrnehmung der Menschen zu verändern. Mir fällt wieder ein, wie Cade und Leandro während meines ersten Besuchs im Rabbit Hole mit meiner gespielt haben, indem sie den Anschein erweckten, als würde die Decke sich herabsenken und die Wände aneinanderrücken. Wie sie sich dann zurückgelehnt und zugeschaut haben – Vater und Sohn – und sich an meinem Zusammenbruch
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