Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
neben ihrem Stuhl abgestellt hat, und entnimmt ihr einen verborgenen Schatz aus Designer-Jeans und ein paar dazu passenden stylischen Tops sowie einer Handvoll Silberschmuck und einem Paar neuer schwarzer Stiefel. Alles ausgesucht mit Jennikas unglaublichem Gespür dafür, was trendy und cool ist.
Obwohl mich der Anblick der Sachen nicht ganz auf dieselbe Art aufheitert wie sonst, tue ich doch so, als wäre alles wie immer, indem ich mir mehrere Ringe an die Finger stecke und lächele, als Jennika eine schicke rote Wolljacke herauszieht, die sie Paloma schenkt.
Erleichtert stelle ich fest, dass ihr Argwohn sich fürs Erste gelegt hat. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis Jennika erneut auf die Pirsch geht, entschlossen, mir eine Erklärung darüber abzuringen, was Paloma und ich gemacht haben.
Einundzwanzig
Dace
A l s wir a n der Schwitzhütte eintreffen, ist die Sonne längst untergegangen, der Himmel ist grauschwarz angelaufen, und Leftfoot erwartet uns bereits mit seinem Lehrling Cree. Cree ist ganz auf das Feuer konzentriert, das er kontinuierlich schürt, sodass er uns kaum eines Blickes würdigt. »Cree wird als Hüter des Feuers fungieren«, erklärt Leftfoot.
Ich nicke und weiß sehr gut, was für eine Ehre es ist, das Holz am Brennen und die Steine aus dem Fluss auf der richtigen Temperatur für das Ritual zu halten.
»Vor einer Zeremonie soll man fasten – wann hast du zuletzt gegessen ?«
Ich lasse den Tag Revue passieren. Da ich mich aber nicht erinnern kann, zucke ich anstelle einer Antwort nur mit den Achseln.
»Schon gut.« Er wechselt ein paar Worte mit Cree und erläutert ihm, wie die Zeremonie ablaufen soll, ehe er sich wieder mir zuwendet. »Zieh Kleider und Schuhe aus. Die Schwitzhütte ist ein heiliger Ort.«
Mir ist nur allzu bewusst, was für ein Privileg es ist, von Leftfoot lernen zu dürfen. Obwohl er den Ruf genießt, im Hinblick auf Beratung in mystischen Fragen und Begleitung auf dem Pfad der amerikanischen Ureinwohner, dem Weg zu Wahrheit, Frieden und Harmonie, freundlich, großzügig und weise zu sein, ist er ansonsten doch unglaublich wählerisch. Er unterrichtet niemanden, den er nicht persönlich ausgesucht hat. Es ist eine Ehre, hier zu sein. Ich werde ihn nicht enttäuschen.
Ich streife die Schuhe ab und ziehe mich aus. Nachdem ich meine Kleider ordentlich auf der Erde gestapelt habe, hüpfe ich unter dem dicken Bauch eines Dezember-Vollmonds von einem Bein aufs andere. Kurz breite ich weit die Arme aus und begrüße die Umarmung der eisigen Nachtluft auf meinem Körper.
Während meine Haut vor Kälte brennt, lenke ich mich ab, indem ich an das denke, was man mich als Kind gelehrt hat. Der Eingang zur Hütte zeigt nach Osten, damit man die aufgehende Sonne begrüßen kann, wenn die Zeremonie beendet ist. Die Hütte wird ein Stück weit in den Boden eingegraben, um die Erde als Mutterleib zu symbolisieren. Und, was am wichtigsten ist, die Erfahrungen, die man während des Rituals macht, sind kraftvoll und umwälzend zugleich – man geht völlig gereinigt und neugeboren daraus hervor.
Dass ich nicht direkt nach Reinigung strebe, muss ich Leftfoot ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Wenn die Erfahrung auch nur annähernd so ist wie die Visionssuche, durch die er mich geführt hat, dann lohnt es sich auf jeden Fall.
Gerade als ich denke, dass ich es nicht eine Sekunde mehr aushalte, nackt und frierend hier zu stehen, winkt mich Leftfoot zur Tür, lässt mich aber noch nicht eintreten. Er erklärt mir, dass ich zuerst die Erlaubnis der Geister erheischen muss, die über die Hütte wachen. Und so steht er über mir, als ich mich zu Boden sinken lasse und die Knie in die Erde drücke. In meiner Muttersprache rufe ich meine Ahnen an und erhebe mich erst, als mir Leftfoot versichert, dass ich hineingehen darf.
Er schwenkt einen buschigen Salbeizweig quer und längs an der Türöffnung entlang. Dazu intoniert er einen seiner traditionellen Heilgesänge, während ich die an der Wand befestigte Leiter hinabsteige und ans gegenüberliegende Ende krieche. Erstaunt stelle ich fest, dass der Raum wesentlich kleiner ist, als ich dachte. Und dunkler. Vermutlich habe ich im Lauf der Jahre so viele Gerüchte gehört, dass ich mir in meinem Kopf eine vollständige Version ausgemalt und mir alles größer, geräumiger vorgestellt habe. Obwohl das mit Weidenzweigen befestigte und mit einer dicht gewebten Plane bedeckte Kuppeldach in Wirklichkeit seitlich so weit herunterreicht,
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