Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
eines Richter aufzusteigen. Natürlich gibt es dafür keine Garantie, aber zumindest kann ich mir zum ersten Mal überhaupt vorstellen, dass es möglich wäre.«
»Du bist verrückt. Wahnsinnig.« Ich dränge mich an ihm vorbei und stoße mit meiner Schulter unsanft gegen seine.
»Hast du deinen Bruder gesehen ?« Sein Blick verfolgt mich, während ich für ihn unverständlich etwas vor mich hin knurre und weitergehe. Doch er ruft mir nach. »Falls du ihn siehst – sag ihm, dass ich ihn suche. Ich muss ihn noch sprechen, bevor ich die Stadt verlasse.«
An der Tür angelangt, schlage ich brutal mit der Hand dagegen, trete aber nicht gleich ein. Ich brauche einen Moment, um meinen Atem auf ein ruhigeres Maß zu dämpfen und meinen Ärger abzubauen, damit ich ihn nicht an Daire auslasse. Es hätte mir gerade noch gefehlt, sie mit dem Fluch von Leandros finsterer Präsenz anzustecken.
So unerträglich es mir auch ist, Leandro und ich sind Blutsverwandte. Und genau wie er gesagt hat, lauert ein Teil von ihm tief in meinem Inneren. Sosehr ich ihn auch hasse und verabscheue, bin ich doch entschlossen, unsere Bindung zu nutzen, um ihn zu stoppen. Wenn ich mich dabei selbst opfern muss, dann sei’s drum. Daire zu retten ist das einzige Vermächtnis, das ich brauche.
Achtundzwanzig
Daire
N a chde m ich mich Jennikas Lockenstab ergeben habe und sie mir eine Mähne aus weichen Wellen gezaubert hat, von denen selbst ich zugeben muss, dass sie ziemlich gut aussehen, überlasse ich ihr auch noch den Rest meines Stylings.
Sie lässt kritisch den Blick über meine Designer-Jeans, das coole Top und die neuen Stiefel schweifen, die sie mir mitgebracht hat, ehe sie mir noch mehr Armreifen auf die Handgelenke schiebt und mir ein paar Ringe an die Finger steckt, die sie zum Teil von ihren eigenen abgezogen hat. Doch als sie mir anbietet, mir die Nase ebenso zu piercen wie ihre, ziehe ich die Notbremse. Ich schiebe sie aus dem Haus in die klirrend kalte Nacht, wo wir in ihren Mietwagen steigen und erst einmal minutenlang unkontrollierbar zittern, bis die Heizung in Gang kommt.
»Es könnte wenigstens schneien.« Sie wirft einen Blick nach hinten und fährt rückwärts aus der Einfahrt. »Unter einer frischen Schneeschicht sieht alles besser aus, und diese Stadt braucht weiß Gott jegliche Unterstützung, die sie kriegen kann.«
»Ich arbeite dran«, sage ich und zupfe an der schweren braunen Einkaufstüte auf meinem Schoß. Vertieft in meine gedankliche Aufzählung, was sie alles enthält, merke ich gar nicht, dass ich die Worte laut ausgesprochen habe, bis Jennika nachhakt.
»Du arbeitest dran ?« Sie wirft mir einen spöttischen Blick zu. »Seit wann kontrollierst du das Wetter ?«
Seit heute – seit ich gelernt habe, ganz mit den Elementen zu verschmelzen. Für mich als Suchende ist es nur eine meiner zahlreichen Pflichten.
Doch stattdessen sage ich bloß: »Ich habe nur gemeint, dass ich auch auf Schnee hoffe. Alle wünschen sich doch weiße Weihnachten, oder ?«
Sie beäugt mich misstrauisch und nimmt mir meinen Vertuschungsversuch nicht recht ab. »Lass dir von Paloma bloß keine abstrusen Ideen in den Kopf setzen«, warnt sie mich. »Lass dich von ihr nicht zu einer jüngeren Version von sich selbst umwandeln.«
Ich schließe nur die Augen und verweigere eine Antwort.
»Im Ernst«, fährt sie fort, mit diesem Thema noch längst nicht fertig. »Du hast ja keine Ahnung, wie viel Kopfzerbrechen es mir macht, dich bei ihr zu lassen. Als du vorhin unter der Dusche warst, habe ich doch tatsächlich gesehen, wie sie eine Patientin angespuckt hat.«
Ich presse die Lippen aufeinander, entschlossen, nicht zu sprechen, bis ich all meine Geduld beisammenhabe. »Sie hat die Patientin nicht angespuckt , sie hat nur …« Die schlechte Energie der Patientin aufgenommen und sie dann ausgespuckt, damit das Universum sie aufsaugt. In Jennikas Ohren klingt das vermutlich nur unwesentlich besser. »Egal.« Ich zucke die Achseln. »Ich weiß nur, dass sie eine lange Liste von Patienten hat, die sie alle zu lieben scheinen. Es steht uns nicht zu, ihre Methoden zu beurteilen, oder ?«
Jennika verzieht finster die Miene. Es ist ihr ein Gräuel, wenn ich mich so korrekt gebe, vor allem dann, wenn ich auch noch recht habe.
»Egal«, füge ich hinzu, da ich unbedingt das Thema wechseln will. »Weißt du den Weg noch ?«
»Wie könnte ich den vergessen ?« Vor einer Abzweigung bremst sie ab und beschleunigt dann wieder. Sie hüpft auf
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