Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
schon die Verpackung ?«, sagt Lita, die ohne Zögern das Papier zerfetzt. »Es sind doch die inneren Werte, die zählen, oder ?«
Ich blicke zwischen ihnen hin und her und bemerke Litas Enttäuschung und Xotichls Freude, als sie ein kleines, steinernes Opossum beziehungsweise eine Fledermaus enthüllen.
»Das ist ein Talisman.« Ich beiße mir auf die Lippe.
»Ich weiß, was es ist.« Lita sieht mich an. »Wenn man in Enchantment aufwächst, kriegt man zwangsläufig jede Menge Aberglauben mit.«
»Es ist nicht nur Aberglauben«, sagt Xotichl und wiegt ihr Tierchen auf der Handfläche. »Diese Tiertotems beschützen uns und kümmern sich um uns auf mehr Arten, als du denkst.«
»Sagt die abergläubischste Person, die ich kenne.« Lita lacht und stößt Xotichl neckisch mit der Schulter an.
»Mag sein. Aber nur damit du es weißt, die hier sind nicht wie die, die sie in den Touristenläden verkauft haben – als es hier noch Touristenläden gab. Die hier sind …«
»Verstärkt«, falle ich ihr ins Wort. »Sie haben Schutzkräfte. Aber nur wenn du deinen auch trägst, ihn nah bei dir hast und möglichst niemand davon erzählst. Anwesende natürlich ausgenommen.«
Xotichl steckt das Geschenk für Auden in die Tasche und ihre Fledermaus in das weiche Wildlederbeutelchen, das sie seit Neuestem trägt, während Lita mit skeptischer Miene zusieht. »Ich muss aber nicht auch so eines tragen, oder ?« Sie zeigt mit dem Daumen auf Xotichls Beutel. »Ich meine, versteht mich nicht falsch, ich weiß das Geschenk echt zu schätzen, und diese Beutelchen sehen bei euch echt okay aus, aber ich trage oft tiefe V-Ausschnitte. Dann sticht es heraus – und zwar nicht gerade vorteilhaft.«
»Du kannst den Talisman auch in eine Jackentasche stecken«, schlägt Xotichl vor. »Oder …«
Lita sieht an ihrem Outfit entlang, auf der Suche nach einem guten Platz für den Talisman. Doch ihr rotes Samtkleid mit dem Besatz aus weißem Kunstpelz an Ärmeln und Saum ist so eng, so kurz und so taschenlos, dass es absolut keinen Platz für irgendetwas bietet.
»Oh, ich weiß – ich stecke ihn in meinen Stiefel !« Sie klammert sich mit einer Hand an meine Schulter, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und beugt sich vor, während sie tief in den Schaft ihrer schwarz glänzenden, kniehohen Stiletto-Stiefel greift. Dabei zieht sie mich erneut in eine ihrer berüchtigten parfümierten Umarmungen. »Ich liebe ihn«, sagt sie. »Ehrlich. Ich wollte dich nur auf die Schippe nehmen. Wahrscheinlich bin ich ein bisschen schockiert darüber, wie mühelos du dich den hiesigen Gepflogenheiten anpasst.« Sie macht sich los und streicht ihr Kleid glatt. »Und jetzt lasse ich dich mit Xotichl allein. Sie ist die Einzige, der ich ernsthaft zutraue, auf dich aufzupassen und dafür zu sorgen, dass du hierbleibst. Und wenn eine von euch beiden zufällig Dace auftreiben sollte, dann schnappt ihn euch und sorgt dafür, dass er auch hierbleibt. Weihnachtswichteln ist eine exakte Wissenschaft, wisst ihr ? Jeder muss nachweislich anwesend sein, sonst funktioniert es nicht.« Damit wendet sie sich von uns ab und stürmt vor zur Bühne, wo Audens Band Epitaph spielt. Ungeduldig wartet sie, bis sie ihr Stück beendet haben, damit sie ihren Platz einnehmen kann.
»Dace ist nicht hier ?« Ich bemühe mich, die Sorge aus meiner Stimme herauszuhalten, doch es ist zwecklos – sie durchschaut mich sofort.
»Er ist hier irgendwo. Ich habe vorhin seine Gegenwart gespürt. Aber such lieber nicht nach ihm. Lita kann ganz schön beängstigend werden, wenn sie die Partydiktatorin gibt. Und jetzt, wo sie dich in meine Obhut befohlen hat, musst du unbedingt dableiben.« Xotichl lacht. »Ich wette, dir war nicht klar, dass das Schicksal der gesamten Geschenkeverteilung in deinen Händen liegt ? Oder doch ?«
Ich muss lachen, aber in Wahrheit ist das nicht ganz ehrlich, und Xotichl registriert erwartungsgemäß selbst den leisesten Hauch von Falschheit.
»An dir ist irgendwas anders.« Sie fasst nach mir und legt ihre Hand auf meine.
»Dank Jennika trage ich Make-up – massenhaft Make-up«, erkläre ich. »Ach, und ich habe mir auch die Haare in Locken legen lassen. Und obwohl es mir irgendwie gefällt, ist es auch befremdlich, mich selbst so zu sehen.« Ich werfe mir die Mähne über die Schulter und hoffe, dass ich es irgendwann vergesse und nicht mehr so viel daran herumfummele. Ich habe mich wirklich auf Wichtigeres zu konzentrieren als auf den neuen
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