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Das Echo dunkler Tage

Das Echo dunkler Tage

Titel: Das Echo dunkler Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dolores Redondo
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Streifenpolizisten, die ihn verhaften und in die Kaserne bringen sollten, haben ihn nicht angetroffen. Offenbar musste alles schnell gehen. Die Tür war offen, Schubladen und Schränke waren durchwühlt, als hätte er das Nötigste zusammengerafft. Und das Auto ist weg.«
    »Dann lassen Sie am besten seine Frau abholen, sie soll überprüfen, ob Geld fehlt und ob er seinen Pass mitgenommen hat, womöglich will er das Land verlassen. Außerdem braucht sie Personenschutz. Und geben Sie eine Fahndung raus!«
    »Ich weiß, was ich zu tun habe«, knurrte Padua.

30
    D er Dauerregen wurde stärker, je näher sie Elizondo kamen. Das Abendlicht hatte sich in Windeseile nach Westen verzogen, weswegen Amaia sich irgendwie betrogen fühlte. Im Winter hatte sie jeden Abend schlechte Laune. Knapp über dem Boden stieg dichter Nebel langsam und schwer von den Hängen herab, wodurch das neue Kommissariat umso mehr wie ein Schiff auf hoher See wirkte.
    Amaia lud die Fotos von der Berghütte auf den Computer herunter und betrachtete jedes einzelne Bild. Der Ort, den Johanas Mörder gewählt hatte, war eine Botschaft, die anders lautete als die bisherigen. Warum hatte er diese Hütte ausgesucht? Padua hatte erklärt, dass nur Jäger und Wanderer sie benutzten, und im Augenblick war keine Jagdsaison, und auch die Ausflügler würden erst im Frühjahr kommen. Wer immer Johana dorthin gebracht hatte, wusste ganz genau, dass er sein Verbrechen ungestört begehen konnte. Sie nahm sich das Foto vor, das von der Stelle aus gemacht wurde, wo die geteerte Straße aufhörte. Dann griff sie zum Telefon und wählte Paduas Nummer.
    »Inspectora Salazar, ich wollte Sie gerade anrufen. Wir haben Inés zum Geldautomaten begleitet, und es hat sich herausgestellt, dass ihr Mann das Konto leergeräumt hat, offenbar gleich nachdem er das Haus verlassen hatte. Auch der Pass fehlt, Bahnhöfe und Flughäfen sind bereits informiert.«
    »Sehr gut. Aber ich rufe wegen was anderem an.«
    »Aha.«
    »Was macht Jasón Medina beruflich?«
    »Er ist Automechaniker, arbeitet in einer Werkstatt im Dorf. Ölwechsel, Reifenwechsel, solche Sachen. Wir haben bereits einen Durchsuchungsbefehl beantragt.«
    Es war still im Kommissariat. Nach dem anstrengenden Tag in Pamplona hatte Amaia Jonan und Iriarte nach der Ankunft in Elizondo zum Essen geschickt.
    »Ich glaube nicht, dass ich was runterkriege«, hatte Jonan gesagt.
    »So ein Brötchen mit Calamares und ein frisch gezapftes Bier bewirken manchmal Wunder.«
    Ihr Kaffee war so heiß, dass sie nur daran nippen konnte. Wieder betrachtete sie die Fotos des Fundorts. Irgendwas hatte sie übersehen.
    Hinter ihr raschelte jemand mit Papier. Es war Zabalza.
    »Waren Sie eigentlich den ganzen Tag über hier, Subinspector?«
    Zabalza spannte seinen Rücken an, als fühlte er sich unbehaglich.
    »Ja, ich war nur nachmittags kurz weg.«
    »Nichts Neues, oder?«
    »Nicht viel jedenfalls. Freddys Zustand ist stabil. Das rechtsmedizinische Labor hat sich noch nicht gemeldet. Dafür haben die Bärenspezialisten angerufen und gefragt, warum Jonan und Sie nicht zur Verabredung erschienen sind. Ich habe ihnen erzählt, was passiert ist. Sie wohnen nicht weit von hier, im Hotel Baztán.«
    »Ich weiß, wo das ist.«
    »Stimmt, ich vergesse immer, dass Sie hier aufgewachsen sind.«
    Amaia hatte sich ihrem Heimatort noch nie so wenig zugehörig gefühlt wie in diesen Tagen.
    »Ich rufe die beiden nachher an.«
    Sie überlegte kurz, ob sie nach Montes fragen sollte.
    »Zabalza, wissen Sie, ob Inspector Montes heute hier war?«
    »Am frühen Nachmittag. Als wir die Anweisung bekamen, der Sache mit dem Kuchen nachzugehen. Wir sind nach Vera de Bidasoa gefahren und haben noch fünf weitere Backstuben abgeklappert. Hinterher haben wir von hier aus die Proben des verwendeten Mehls ans Labor geschickt.«
    Zabalza wirkte nervös, als würde er einer Prüfung unterzogen. Amaia erinnerte sich an den Vorfall im Krankenhaus, vielleicht gehörte der Subinspector ja zu der Sorte Mensch, die jede Kritik persönlich nahm.
    »Inspectora?«
    »Entschuldigen Sie, ich habe nicht zugehört.«
    »Ich sagte, ich hoffe, dass alles okay ist, dass Sie mit unserer Vorgehensweise einverstanden sind.«
    »Ja, alles okay, jetzt müssen wir nur noch die Ergebnisse abwarten.«
    Zabalza antwortete nicht, sondern wandte sich wieder seinen Papieren zu. Doch kaum hatte Amaia ihren Blick auf den Bildschirm gerichtet, beobachtete er sie. Er mochte sie nicht, hatte so einiges

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