Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
hätte ich gedacht, dass dieser ferne Himmelskörper mir einmal so viel bedeuten würde.
Ich ging eine breite Chaussee entlang - zweifelsohne den Weg, auf dem wir nach Kettari gelangt waren - und stellte fest, dass sich meine Stimmung stetig besserte. Meine kindischen Ängste verkrochen sich wieder in den dunklen Höhlen des Unterbewusstseins. Dort würden sie sicher nicht lange bleiben, doch vorläufig war ich sie los.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange mein Spaziergang gedauert hatte, doch irgendwann merkte ich, dass es heller wurde. Dann hielt ich an und sah erschrocken zum Himmel. Es war doch kaum Mitternacht gewesen, als ich das Haus verlassen hatte ...
Hältst du dein Zeitgefühl wirklich für intakt, Freundchen?, fragte ich mich streng. Könnte das lange Gespräch mit Sir Machi Ainti nicht deine innere Uhr verwirrt haben? Schließlich wärst du unter all den Informationen, die er dir gegeben hat, fast zusammengebrochen.
Ich sah mich um, und mein Herz schlug mir bis zum Hals - aber eher aus Freude, nicht aus Angst: Direkt vor mir sah ich die Talstation einer Drahtseilbahn und weiter hinten ... die seltsame, fast menschenleere Bergstadt aus meinen Träumen. Eindeutig erkannte ich die Silhouette der Häuser und Türme, und auf einem Dach saß ein Wetterhahn. Die fantastische Stadt war sehr nah, und ich konnte die Drahtseilbahn benutzen, die in dieser Gegend ohnehin das einzige Transportmittel war. Als ich in der Kabine saß, hatte ich nicht mal Höhenangst! Eigentlich hatte ich vor gar nichts mehr Angst ...
Zehn Minuten später verließ ich die Gondel und trat auf eine enge Straße, die ich seit der Kindheit kannte. Ach, Melamori, dachte ich, hier sollten wir spazieren gehen, nicht im öden Echo. Muss ich so einen wunderbaren Ort ganz allein genießen? Ich kippe gleich aus den Latsehen - das ist wirklich zu viel des Guten. Aber natürlich wurde ich nicht ohnmächtig.
Ich kannte die Stadt besser als meinen Geburtsort und hatte den Eindruck, nach Hause zurückzukehren, denn diesmal war ich nicht im Traum, sondern bei vollem Bewusstsein hier gelandet.
Ich erinnere mich allerdings kaum an Einzelheiten dieses berauschenden Spaziergangs. Ich weiß nur, dass ich durch die ganze Stadt geschlendert bin, deren Namen ich nicht kannte. Der Ort war nicht völlig menschenleer: Ab und an traf ich einzelne Fußgänger, deren Gesichter mir bekannt vorkamen, und manche grüßten mich sogar mit kerniger Stimme, was mich nicht weiter wunderte.
Ich erinnere mich nur, irgendwann so müde gewesen zu sein, dass ich mich in ein Straßencafe setzte, wo ich gleich eine kleine Tasse türkischen Kaffee bekam. Einige Zentimeter über der Tasse hing ein Ast voller Pflaumen, die ich problemlos pflücken, aber auch hängen lassen und bewundern konnte. Ich griff nach einer Zigarette und schnippte gedankenverloren mit den Fingern. Sofort stieg grünlich schimmernder Rauch auf, und die Zigarette glühte. Ich zuckte die Achseln, als wäre es für mich die normalste Sache der Welt, eine Kippe so anzuzünden. Es ist eine Kleinigkeit, sich an Zauberei zu gewöhnen, doch solche Wunder sollten öfter geschehen.
Dann ging ich weiter und spazierte durch einen menschenleeren Park im englischen Stil. Sündige Magister -diesen Ort kannte ich doch aus meinem anderen Traum! Dann sah ich wieder elf Wacharibäume und das Stadttor und kehrte nach Kettari zurück.
Die Sonne stieg gerade über den Horizont, und ich merkte, dass ich so müde war, als ob mein Spaziergang Tage gedauert hätte. Vielleicht war ich ja wirklich so lange durch die Stadt gezogen? Aber egal - jetzt musste ich nach Hause gehen und schlafen. Sollte die Sonne machen, was sie wollte.
Im Gästezimmer erwartete mich Sir Schürf.
»Ich freue mich, dich gesund und guter Dinge zu sehen«, sagte er herzlich. »Als ich nach Hause kam, hab ich mich über deine Abwesenheit gewundert - immerhin sind wir hierher gereist, um ein Rätsel zu lösen. Aber am nächsten Tag ...«
»Am nächsten Tag? Sündige Magister, wie lange war ich denn fort?«
»Um diese Frage beantworten zu können, müsste ich wissen, wann du das Haus verlassen hast. Ich warte seit vier Tagen auf dich, aber ich war ja auch einige Zeit nicht da.«
»Auweia«, stöhnte ich. »Mit dem Schlafen wird es jetzt wohl nichts. Ich muss mich erst zurechtfinden. Wo ist die einzige Freude meines Lebens? Das nette kleine Fläschchen?«
»In deiner Reisetasche.«
»Schürf, das ist wirklich toll«, meinte ich und nahm einen kräftigen
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