Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
Lassen Sie solche Nebensächlichkeiten erst mal auf sich beruhen, Sir Max.«
»Was die Beschäftigung mit Nebensächlichkeiten angeht«, meinte ich lächelnd, »bin ich ein großer Spezialist und kann Ihnen da bei Interesse gern Nachhilfe geben. Ich danke Ihnen für den Kaffee und Sir Maba für die Zigaretten. Damit hätte ich nicht mal im Traum gerechnet.«
»Das war nur eine nette Geste«, sagte Machi bescheiden. »fetzt liegt es an Ihnen. Sie bekommen immer, was Sie wollen - früher oder später. Das ist eine gefährliche Eigenschaft, muss ich sagen. Aber Ihnen droht nichts -Sie werden sich schon herauswinden.«
»Ich bekomme immer, was ich will?«, fragte ich erstaunt.
Diese Einschätzung von Sir Machi hatte meiner Ansicht nach nicht das Geringste mit der Wirklichkeit zu tun.
»Genau. Aber vergessen Sie bitte nicht meine Einschränkung »früher oder später* - das ändert einiges, stimmt's?«
»Da haben Sie Recht«, seufzte ich.
Wir schwiegen beide. Ich überlegte, ob Sir Machi mit seiner Version des ewigen Themas »Max der Glückspilz« Recht haben mochte, und er beobachtete mich dabei mit einer Neugier, die meinem Ego schmeichelte.
»Ich kann mich also jederzeit von hier aus neu orientieren?«, fragte ich beim Aufstehen.
»Selbstverständlich. Gute Nacht, Lady Marilyn.«
••Was? Ach so, natürlich. Danke, dass Sie mich daran erinnert haben. Gute Nacht, Sir Machi.«
Ich trat auf die Straße, schlug den ersten Stadtplan auf, der mir in die Finger geriet, und ging nach Hause. Ich musste mich unbedingt beruhigen. Vor allem aber musste ich mich davon überzeugen, dass das Haus, in dem ich Quartier bezogen hatte, noch existierte.
Das bereitete mir keine Probleme. Die erste Brücke führte mich direkt nach Hause - genau wie Machi Ainti versprochen hatte. Anders als unser guter Bekannter Maba Kaloch hatte er keine Neigung, Neulinge zum Narren zu halten. Und das war ein Glück für mich.
Ich setzte mich in einen Schaukelstuhl und rauchte. Der unerwartete Zigarettenüberfluss hatte mich verschwenderisch werden lassen. Die Bedeutung all dessen, was Sir Machi gesagt hatte, ging mir langsam auf, doch ich zog es vor, so zu tun, als würde ich weiter im Dunkeln tappen. Mein Kopf brummte, und mir klangen die Ohren. Die Welt schien in Lichtpunkte zerstoben, und ich fühlte mich dem Zusammenbruch nahe.
»Max«, ermahnte ich mich, »ich mag dich sehr und kann ohne dich nicht leben. Also reiß dich zusammen, ja? Egal, was du sogar aus besten Quellen erfahren hast: Es gibt keinen Grund, verrückt zu werden.«
Erstaunlicherweise beruhigte mich diese Selbstermahnung, und ich ging mich waschen. Zwölf Liter kaltes Wasser auf einen hitzigen Kopf - diese Faustregel hilft gegen Überspannungen aller Art.
Danach setzte ich mich wieder in den Schaukelstuhl und rauchte eine weitere Zigarette. Erfreut stellte ich fest, dass das Wohnzimmer wieder aussah, wie es sich gehörte: Es gab keine flimmernden Lichtpunkte mehr, sondern nur vier Wände, Decke und Fußboden.
»Gut«, sagte ich mir, »jetzt kann ich gehen, wohin ich will. Zum Beispiel ins Alte Haus, um den verloren gegangenen Lonely-Lokley zu suchen. Oder vor die Stadtmauer, um die absolute Leere zu erfahren - oder welchen Namen man diesem Erlebnis sonst geben mag. Ich glaube, das erste Ziel wäre reizvoller, doch Sir Machi hat mir geraten, mit dem Ausflug zu beginnen. Also ...»
Mitten in diesem Monolog unterbrach ich mich und lächelte Lady Marilyn an, die mir aus einem alten Spiegel entgegensah. Dann erhob ich mich schwungvoll und verließ das Haus. Meine Beine trugen mich ohne mein Zutun in eine mir unbekannte Richtung, und ich entfernte mich weit vom Mijer und seinen Brücken.
Nach etwa vierzig Minuten erreichte ich die Stadtmauer. Sie war so Schwindel erregend hoch, als hätten die Einwohner von Kettari den Himmel erreichen wollen, es sich aber im letzten Moment anders überlegt.
Rasch - für meinen Geschmack zu rasch - fand ich das Stadttor. Offenbar war meine Angst stärker als meine Neugier, denn mich überkam langsam ein unheimliches Vorgefühl von Apokalypse.
Kaum hatte ich das Tor durchquert, glaubte ich, von einer Steilküste hinunter aufs Meer zu schauen. Doch dieser Eindruck hielt nur eine Sekunde an, denn im nächsten Moment sah ich mich schon den gewaltigen Wacharibäumen gegenüber, an denen wir bei unserer Ankunft vorbeigekommen waren. Der grüne Mond beleuchtete freundlich meinen Weg, und ich betrachtete ihn mit ehrlicher Dankbarkeit. Nie
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