Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit
fantastische Frauen auf unserem Planeten? Julia verstand all meine Scherze - sogar die gewagtesten - sofort. Deshalb lachten wir am Anfang wie die Verrückten. Damals hatte sie wunderbar gestrahlt, wenn sie mir die Tür öffnete, und war stinksauer gewesen, wenn ich mal für ein paar Tage verschwunden war. Obendrein hatte sie ein bezauberndes Gesicht, kluge Augen und einen starken Charakter.
Alles lief wunderbar, und ich glaubte, mein Leben sei ein Traum. Ich begann sogar vorsichtig zu hoffen, wir könnten die traurige menschliche Existenz in ein Wunderwerk verwandeln. Langsam kam ich wirklich zu der Überzeugung, das sei möglich.
Plötzlich aber sagte meine Freundin aus heiterem Himmel, es sei zwar sehr nett mit mir, aber ... So erfuhr ich, sie sei an den Punkt gekommen, sich einen anständigen Ehemann zu wünschen. Eine offene Liebesbeziehung sei wunderbar, aber nun müsse sie allmählich an Kinder und Familie denken. Wir könnten uns gern weiter treffen, allerdings viel seltener als bisher, denn sie müsse ihr Eheglück ins Visier nehmen.
Ich glaube, ich habe auf diese Offenbarung sehr seltsam reagiert. Damals fühlte ich mich von der Frau verraten, zu der ich vollstes Vertrauen hatte und die mich plötzlich gegen ein abstraktes Familienglück tauschen wollte.
Ich verließ ihre Wohnung und knallte die Tür hinter mir zu. Daheim nahm ich mein Telefon vom Netz und brauchte ein paar Monate, um mich wieder einigermaßen normal zu fühlen. Eigentlich waren all meine Affären auf theatralische Weise zu Ende gegangen, und ich hätte das längst gewöhnt sein können. Für alles muss man bezahlen, und wer fundamentale Lebensregeln außer Acht lässt, muss damit rechnen, dass diese Sorglosigkeit sich rächt.
Aber Julia war kein gewöhnliches Mädchen, mit dem ich mich eine Zeitlang getroffen hatte. Ich hatte sie wirklich für meine große Liebe und zugleich für meine beste Freundin gehalten - und für die große Ausnahme von allen Regeln. Als ich dann von ihr die gleichen Sprüche hörte, mit denen mir schon andere Frauen gekommen waren, empfand ich das als Schlag unter die Gürtellinie. Ich war nun mal ein unverbesserlicher Idealist.
Drei Monate lang verkroch ich mich in einer Höhle und kehrte nur langsam zu meiner alten Form zurück. Eigentlich erhole ich mich recht schnell, und nicht umsonst sagt Machi Ainti, ich sei ein sehr lebhafter Mensch. Drei Monate pures Leid - das war bisher mein Rekord.
Aber die Affäre mit Julia war diese Trauerarbeit allemal wert - so jedenfalls dachte ich damals darüber.
Als ich wieder zu Kräften gekommen war, vermisste ich meine Filmsammlung.
Ich muss ergänzen, dass ich bis zu meiner Bekanntschaft mit Julia keine DVDs besaß, da ich mich nicht aufraffen konnte, die notwendigen Geräte zu kaufen. Zwar verdiente ich recht gut, schaffte es aber nie, mein Geld zusammenzuhalten. Was das anging, ähnelte ich Ande Pu, der auch jede Menge Geld bedenkenlos verpulvern konnte.
Und Julia hatte einen modernen DVD-Player und ein paar alte Filme - vor allem die Lieblingsmelodramen ihrer Mutter, einige blöde Kriegsgeschichten und ein paar Sprachlehrfilme auf Französisch. Meine Freundin hat nämlich jahrelang versucht, diese Sprache zu lernen, aber ich habe sie ihr Können nie anwenden sehen. So ist es uns schnell gelungen, Harmonie herzustellen: Immer wenn ich auf dem Weg zu ihr war, kaufte ich einen Film. Irgendwann musste sie sich einen eigenen Schrank zulegen, denn die DVDs hatten sich wie Kakerlaken in der Wohnung verbreitet. Ehrlich gesagt hatte ich all diese Filme für mich gekauft, denn ich hatte vor, eines Tages die erforderlichen Geräte zu erwerben. Aber bis dahin konnte ich sie wunderbar mit meiner Freundin genießen.
Mein dreimonatiges Dasein als depressiver Eremit hatte mich genug Geld sparen lassen, um endlich die Anschaffung eines DVD-Players ins Auge zu fassen. Irgendwie musste ich mir ja die Einsamkeit vertreiben.
Aber meine Filme waren an einem schwer zugänglichen Ort, und dieses Problem wollte ich vorher lösen. Ich nahm allen Mut zusammen, rief Julia an und sagte, ich wolle meine Filme zurück. Sie meinte nur trocken: »Dann komm vorbei.« Ich biss die Zähne zusammen und machte mich auf den Weg.
Sie wartete an der Wohnungstür und sagte, es sei eine Unsitte, nach einer Beziehung die Geschenke zurückzufordern. Im Hintergrund hörte ich ihre Mutter husten -sicher zur moralischen Unterstützung der Tochter.
»Wie kommst du darauf, dass die Filme Geschenke waren?«,
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