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Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Titel: Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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schlüpfen, die ich im Schrank fand. Leider passten sie ganz und gar nicht zum nasskalten Novemberwetter. Gut, dass ich in dieser Welt wenigstens eine geeignete Jacke gefunden hatte.
    Nach kurzer Überlegung beschloss ich, mir neue Schuhe zu kaufen. Auf Erden war ich nicht gerade reich gewesen,
    aber es bestand kein Anlass zum Geiz. Ich wusste zwar noch nicht, wie ich diese Welt wieder verlassen sollte, doch eins war mir klar: Auf keinen Fall würde ich hierbleiben. Außerdem hatte ich in der anderen Welt glänzende Aussichten. Ein Kugelblitz reichte, und jeder Diener warf sich mir zu Füßen.
    Auf dem Weg zum nächsten Schuhgeschäft musste ich durch eiskalte Pfützen gehen. Deshalb gab es beim Kauf meines neuen Paars für mich nur ein Kriterium: Wärme. Noch im Laden packte ich meine alten Schuhe in einen Karton, den ich auf der Straße gleich in den Mülleimer warf.
    Ich versuchte umzurechnen, wie viel das Geld, das ich in Echo verdiente, hier wert war. Ein paar Minuten tummelten sich verschiedene Zahlen in meinem Kopf, und schließlich kam ich zu der Einschätzung, dass ich in Echo etwa eine Million Dollar pro Jahr verdiente.
    Das ist der hübscheste und überzeugendste Grund, wieder dorthin zurückzukehren, dachte ich lächelnd. Wo sonst würde ich so viel Geld für meine Arbeit bekommen?
    Ich schlenderte ziellos vor mich hin. Die Stadt, in der ich so lange gelebt hatte, erschien mir nun seltsam. Ich kam an Hochhäusern vorbei, ging über glitschigen Asphalt und sah viele Busse. Bestürzend fand ich vor allem die Mienen der Passanten. Offenbar hatte ich mich an die Menschen in Echo gewöhnt - und das, obwohl ich den Unterschied zwischen den Leuten dort und denen hier nur schwer hätte in Worte fassen können.
    Der Spaziergang beruhigte mich nicht, im Gegenteil:
    Es ging mir schlechter als zuvor. Ich nahm die Treppe zu einer Unterführung, und der Beton ringsum machte mich plötzlich depressiv. Ich gestand mir ein, keine Ahnung zu haben, wie ich nach Echo zurückkehren sollte. Offenbar hatte ich nur ein Billett für die einfache Fahrt gelöst. Wahrscheinlich blieb mir nur übrig, Sir Juffin von hier aus zu gratulieren, auf einen Idioten wie mich gebaut zu haben.
    Der Schmerz in der Brust meldete sich von neuem. Meine beiden Herzen zappelten und sprangen einander an wie Kampfhähne. Offenbar weinte ich sogar, denn über meine Wange lief eine Träne. Eine dicke Frau in roter Jacke sah mich erstaunt an, als wäre ich verrückt. Und sie hatte Recht: Ich war verrückt!
    Augenblicke später war ich im tiefsten Höllenkreis meines privaten Hades angelangt, wo ich erstaunlicherweise allerdings wieder Mut schöpfte. Ich erinnerte mich, dass es in dieser Stadt meine persönliche Ritze zwischen den Welten gab, die schöne und nützliche Straßenbahn nämlich, die sicher noch immer durch die Grüne Straße fuhr. Maba Kaloch hatte mir mal erzählt, dieses Schlupfloch stünde mir stets offen. Auch Sir Juffin hatte es benutzt, um mich aus dieser Welt zu retten und nach Echo zu schaffen. Und was er vermochte, sollte mir auch gelingen.
    Ich war so erleichtert, dass ich lachen musste. Langsam wurde ich offenbar hysterisch.
    »Die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren«, las ich und glaubte mich am Tor zum Hades. Die schreckliche Warnung war allerdings in Kreide und nicht in Flammenschrift geschrieben. Ich war so begeistert, dass ich kurz verschnaufen musste. Meine trüben Zukunftsaussichten raubten mir alle Kraft.
    »Junger Mann, was ist los?«, fragte eine Frau mittleren Alters und rüttelte vorsichtig an meiner Schulter. »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Geht schon wieder. Wissen Sie, ich bin gerade verrückt geworden. Das passiert mir manchmal.« Ich musste lachen.
    »Solange Sie noch optimistisch sind, kann es nicht wirklich schlimm um Sie stehen«, sagte die Frau lächelnd.
    Ihre Stimme kam mir bekannt vor - oder doch ihre Intonation. Vielleicht redete ich ja selbst so.
    Ich hob die Augen, um meine Gesprächspartnerin genauer anzusehen, doch sie war schon weg. Viele Leute hasteten vorbei. Irgendwo kläffte ein Hund. Nach ein paar Sekunden merkte ich, dass ich es war, der angebellt wurde. Ein untersetzter Mann im dunklen Jogginganzug hielt mühsam einen prächtigen Schäferhund, dem das Nackenhaar senkrecht stand, an der Leine. Ich zuckte zusammen, sprang auf und ging weiter.
    Es regnete kaum mehr, und ich machte mich auf den Rückweg in meine alte Wohnung. Ich fühlte mich leicht und ruhig, wusste, was ich wollte, und

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