Das Echo
Da kannst du mit deinem Fraß einpacken.« Er machte sich daran, den Tabak aus einer von Deacons Benson & Hedges zu popeln. »Jetzt sag mal, Barry, was hast du eigentlich drüben bei Amanda gemacht? Den Quark, den ihr mir vorhin aufgetischt habt, kauf’ ich euch bestimmt nicht ab. Nicht mal die Bullen brauchen sechs Stunden, um den Unterschied zwischen einem kleinen Dicken und einem großen Dünnen zu erkennen.« Er hielt einen Moment inne und richtete seinen blassen - und einschüchternden - Blick auf den Mann gegenüber. »Du hast total fertig ausgesehen, als du da rausgekommen bist.«
Das bißchen Selbstvertrauen, das Barry aus seinem Erfolg als Küchenchef geschöpft hatte, löste sich in nichts auf. Seine Angst, an die Luft gesetzt zu werden, wenn dieser Halbwüchsige dahinterkam, was er getan hatte, war größer als seine Furcht vor der Polizei. »Ich - äh -«
»Er hatte allen Grund, vor Angst zu zittern«, sagte Deacon kalt und wackelte drohend vor Barrys Gesicht mit dem Finger. »Er hat herausbekommen, wer Billy wirklich war - er hat sogar ein Bild von ihm in der Tasche -, und er hat gewußt, daß ich ihn fertigmachen würde, wenn die Polizei das vor mir erfahren würde.« Seine Stimme wurde hart. »Ehrlich, du bist ein solches Arschloch, Barry. Ich kann’s immer noch nicht fassen, daß du’s fertigbringst, die ganze Arbeit, die wir in diese verdammte Geschichte investiert haben, aufs Spiel zu setzen, nur um zu sehen, wie diese Zicke in Wirklichkeit aussieht.«
»Gib’s auf«, sagte Terry. »Woher hätte er denn wissen sollen, daß die Bullen aufkreuzen würden? Hey, Barry, wer war er? Jemand, von dem ich schon mal gehört hab’?«
Barry sah Deacon einen Moment lang fest an. In seinen feuchten Augen stand Dankbarkeit. »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte er dann. »Er ist verschwunden, als du sieben Jahre alt warst.« Er nahm seine Brille ab und begann, die Gläser zu putzen. »Du hast das Foto gesehen?« fragte er Deacon. »Und du bist sicher, daß es Billy ist?«
»Ja.«
»Aber ich habe dir gestern eine andere Version des Fotos gezeigt, Mike, und du hast sie überhaupt nicht wahrgenommen.«
Deacon nahm ein Tranchiermesser aus der Tischschublade und hielt es auf der flachen Hand. »Es war kein Witz, als ich gesagt habe, ich würde dich fertigmachen«, brummte er. »Wirst du mir sagen, wer der Mann ist, bevor Terry und ich dich vom Boden aufwischen müssen?«
Die Polizeibeamtin nahm die weinende Amanda in den Arm und sah den Sergeant vorwurfsvoll an. »Jetzt mal ehrlich, Sergeant, Sie haben die Geschichte dieses widerlichen Schweins anstandslos geschluckt. Er hat behauptet, er hätte beobachtet, wie sie auf dem Teppich in ihrem Wohnzimmer Geschlechtsverkehr hatte, und Sie haben ihm geglaubt, aber es war doch klar, daß er so was erzählen würde. Wenn eine Frau es wagt, halb angezogen oder gar nackt in ihrer eigenen Wohnung rumzulaufen, betrachtet das jeder Perverse als Freibrief. ›Es war doch nicht meine Schuld, Chef, die Frau war dran schuld. Sie hat ihre Vorhänge nicht zugezogen. Sie hat genau gewußt, daß ich da draußen steh’, die hat’s doch drauf angelegt, mich hochzujagen.‹ Eine Sauerei ist das!« Ihre Stimme war aufgebracht. »Ich hab’ die Nase voll von Männern, die sich damit reinwaschen wollen, daß sie Frauen in den Dreck ziehen. Im übrigen spielt es überhaupt keine Rolle, ob Amanda in der Nacht einen Mann bei sich hatte oder nicht. Es ist einfach kein Grund für verklemmte kleine Arschlöcher, hinterher über ihrem Foto abzuspritzen.«
Müde hob Harrison beide Hände. »Ich bin ja ganz Ihrer Meinung. Okay? Ich bin ganz Ihrer Meinung.« Er schloß die Augen. »Ich wollte lediglich ein paar Fakten feststellen, und es tut mir leid, wenn ich Mrs. Powell mit meinen Fragen beleidigt habe.«
Deacon las alles, was Barry über Peter Fenton gesammelt hatte, zuletzt den Artikel von Anne Cattrell, und starrte dann, das Kinn in die Hände gestützt, frustriert auf den Einband der Ungelösten Kriminalfälle des zwanzigsten Jahrhunderts . »Da haben wir alles - hundert Gründe, einen Mann zu veranlassen, zu verschwinden und den Rest seines Lebens Höllenqualen zu leiden -, aber nicht einen einzigen verdammten Grund dafür, warum er sich ausgerechnet Amanda Powells Garage ausgesucht haben soll, um dort zu sterben.« Sein eigener Stapel Unterlagen lag auf dem Tisch neben ihm, und er zog den Zeitungsausschnitt über Nigel de Vriess heraus. »Weshalb hätte ihn das
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