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Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45

Titel: Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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altes Pferd und die beiden 2jährigen Fohlen Neptun und Peter; beide Fohlen hatten erst kurz zuvor ziehen gelernt, hielten sich aber sehr gut. [...]
    Wir waren froh, als wir nach vielen Ängsten und Schwierigkeiten die schützenden Gebirgszüge des Eulengebirges bei Tannenberg erreichten und es bald dunkel wurde. Durch gegenseitige Hilfe, Vorspann usw. kamen wir endlich um Mitternacht auf dem Kamm des Volpersdorfer Plänel an. Hier mußte, so gut das ging, Halt gemacht werden, da die Zugtiere unbedingte Ruhepause brauchten und auch die Abfahrt bei der Dunkelheit zu gefährlich war. Auf dem Plänel sah ich den Bürgermeister Mannsperger zum letzten Mal.
    Charlotte Rosowsky
Grafschaft Glatz
    In unserem Ort war eine bekannte Likörfabrik (Moritz Thienelts Kroatzbeere hatte einen weiten Ruf). Von dort brachten die Russen jetzt eimerweise den Schnaps. Betrunkene Russen! Was dann folgen würde, darüber war ich mir vollkommen klar.
    Die Frauen mußte ich auf jeden Fall in Sicherheit bringen. Auf einem Berg, schon jenseits des Gipfels, ganz im Wald, lag ein kleines Bauerngehöft, dessen Besitzer mir bekannt waren. Es war inzwischen Abend geworden. Im Halbdunkel zogen nun meine Schwägerin mit ihrem 2jährigen Kinde, die Frau und Tochter unseres Freundes und ich mit meinen beiden Jungen den Berg hinauf. Wir erreichten das Gehöft und durftenauf dem Heuboden schlafen. Nachts gegen 2 Uhr wurde es unten plötzlich laut.
    Ich ging hinunter, um nach der Ursache zu sehen. Weinende Frauen waren aus dem Dorf gekommen, die bereits von den Russen vergewaltigt worden waren, manche gleich mehrmals. Es muss toll zugegangen sein. In unserem stillen Winkel beunruhigte uns niemand. Es wurde Morgen. Viel geschlafen hatten wir nicht. Für mich ergab sich nun die Notwendigkeit, ins Dorf hinunterzugehen, um das Vieh zu füttern. Ich muss sagen, daß selten in meinem Leben eine Situation unheimlicher gewesen ist als diese.
    Ich stand auf der Höhe des Berges und sah hinab auf das Dorf. Nur aus wenigen Schornsteinen kam Rauch. Alles lag still. Was würde ich vorfinden? Vielleicht die alten Eltern erschlagen? Betrunkenen Russen war alles zuzutrauen. Die Pferde vielleicht schon mitgenommen? Was erwartete mich persönlich?
    Schließlich blieb mir doch nichts anderes übrig, ich musste hinunter. Langsam stieg ich hinab, soweit es noch möglich war, in der Deckung des Waldes bleibend. Doch einmal mußte ich ja heraus. Ich erreichte mein Vaterhaus. Alles war beim alten geblieben, und die Pferde waren auch noch da. Die Eltern hatten die ganze Nacht Besuch von Russen gehabt und hatten mit ihnen trinken müssen. Immer wieder war auf die leeren Betten gezeigt und gefragt worden: «Wo sind Töchter?» Wie froh war ich, daß wir uns alle in Sicherheit gebracht hatten. Es wäre wohl sonst böse ausgegangen.
    Helga Felmy *1911
Bad Landeck/Schlesien
    An ihren Mann in Kriegsgefangenschaft in den USA
    Alterle, jetzt ist es soweit! Wir haben kapituliert. Der Russe wird uns bald besetzen. Alterle, ein furchtbares Gefühl zu sagen, daß alles umsonst war. Du weißt, wir haben immer damit gerechnet. Du weißt, daß ich nie auch nur einen Augenblick an den Sieg geglaubt habe! Aber es ist doch schwer zu ertragen, wenn auf einmal die Niederlage da ist, und wir verloren haben. Der Gedanke ist so furchtbar! Wie wirst Du erst an uns denken, mit welchen Sorgen und Gefühlen. Du wirst Dich fragen, ob sie geflüchtet sind. Nein, Alterle! Nach langem, langem Überlegen bin ich geblieben. Wo soll ich auch hin! Deutschland ist zerbombt, Millionen Menschen sind auf der Straße, verzweifelt nach einer Unterkunft suchend. Ich traf mich noch mal mit Dr. Werners, die mich mit den Kindern durch die Tschechoslowakei mitnehmen wollten. Ich war fast soweit, daß ich zugesagt hätte, aber als ich hinkam und T. Ruth und Muttiganz ruhig kollektenzählenderweise im Anbau antraf und diese auf keinen Fall weggehen wollten, blieb ich auch und war dann ganz ruhig in meinem Entschluß. Ob es das Richtige war, wird die Zeit lehren. Züge standen sowieso nicht mehr zur Verfügung, die Eisenbahnbrücken waren gesprengt worden. Wir hätten uns zu Fuß auf den Weg machen müssen und wären nicht weit gekommen. Ich bete nur immerzu, daß der Russe einrückt, während ich schlafe, damit die Spannung nicht zu sehr über mich kommen wird.
    *
    Der Kriegsgefangene
    Kuno Gerner †2002
auf Transport – Camp Howze/ Texas
    Als es schon fast Nacht geworden war und die Wachmannschaften lange hin und her gerannt

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