Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45
bolschewistischen Koloß Einhalt zu gebieten in der Lage ist, und das bin ich und die Partei und der heutige deutsche Staat.
Wenn das Schicksal anders entscheidet, dann würde ich als ruhmloser Flüchtling vom Parkett der Weltgeschichte verschwinden. Ich würde es aber für tausendmal feiger halten, am Obersalzberg einen Selbstmord zu begehen, als hier zu stehen und zu fallen. – Man soll nicht sagen: Sie als der Führer ...
Der Führer bin ich, solange ich wirklich führen kann. Führen kann ich nicht dadurch, daß ich mich irgendwo auf einen Berg setze, sondern dazu muß ich Autorität über Armeen besitzen, die gehorchen. Lassen sie mich hier einen Sieg erringen, und mag es noch so schwierig und hart sein, dann habe ich auch wieder ein Recht, die trägen Elemente, die dauernd Obstruktion machen, zu beseitigen; dann werde ich mit den Generalen arbeiten, die sich bewährt haben. Nur eine heroische Haltung kann uns diese schwerste Zeit bestehen lassen.
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Ein Flugblatt des «Werwolf Oberbayern»
Warnung an alle Verräter und Liebediener des Feindes!
Der Oberbayerische Werwolf warnt vorsorglich alle diejenigen, die dem Feinde Vorschub leisten wollen oder Deutsche und deren Angehörige bedrohen oder schikanieren, die Adolf Hitler die Treue hielten. Wir warnen!
Verräter und Verbrecher am Volke büßen mit dem Leben und dem ihrer ganzen Sippe. Dorfgemeinschaften, die sich versündigen am Leben der Unseren oder die weiße Fahne zeigen, werden ein vernichtendes Haberfeldtreiben erleben, früher oder später. Unsere Rache ist tödlich!
Der Werwolf.
Herbert Steiner
(Koprein/Kärnten)
Die Familie S a d o u n i k aus Koprein bei Eisenkappel in Kärnten wurde am 25. April 1945 von der SS ermordet:
1. Franziska Sadounik, geb. Dlopst, geb. 26. Januar 1868
2. Katharina Sadounik, geb. Dobranc, geb. 25. April 1901
3. Lukas Sadounik, geb. 6. Oktober 1906
4. Anna Sadounik, geb. Haberc, geb. 15. Juni 1909
5. Franziska Sadounik, geb. 4. Februar 1932
6. Albina Sadounik, geb. 11. Februar 1938
7. Viktor Sadounik, geb. 8. April 1941
8. Mirko Sadounik, geb. 8. April 1944
9. Gottfried Sadounik, geb. 4. August 1944
10. Stanislaus Kogoj, geb. 13. November 1935, Nachbarskind
11. Adelgunde Kogoj, geb. 28. Januar 1942, Nachbarskind
Die Familie hatte Partisanen unterstützt.
Der Pfarrer August Ganter
Ewattingen/Schwarzwald
Am Morgen des neuen Tages, Mittwoch 25. 4., wie auch an den beiden folgenden Tagen versammelten sich auf Einladung des Pfarrers diejenigen, die kommunizieren wollten, in einer ruhigen abgelegenen Ecke des Stollens. Dort empfingen sie nach gemeinsamem Gebet den Leib des Herrn. Über dieser Kommunionfeier lag ein tiefer Ernst, der wohl kaum mehr vergessen werden kann von denen, die sich daran beteiligten.
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Der Generalfeldmarschall
Wilhelm Keitel 1882–1946
bei Berlin
Am 25. 4. in aller Frühe fuhr ich wieder an die Front und suchte zunächst Gen. Holste auf seinem Gefechtsstande auf. Nachdem ich mich über die Lage bei seinem Korps informiert, mit Gen. Wenck telefoniert und von ihm mich hatte unterrichten lassen – er hatte wieder seinen Armee-Gefechtsstand verlegt – gab ich Jodl meine Auffassung der Lage an den Führer durch. – Gen. Wenck war zwar mit seiner Angriffsgruppe auf Potsdam, wenn auch in sehr schmaler Front, die einem spitzen Keil glich, bis an die Seen südlich der Stadt durchgedrungen. Es fehlten aber Reserven und an weiterer Stoßkraft, weil stärkere Teile seiner Armee in den ständig sich verstärkenden Kämpfen um die Elbe-Übergänge (mir fehlt Karte zu genauerer Ortsbezeichnung) nördlich Wittenberg gebunden waren, so daß er sie für den Angriff auf Berlin und ein Zusammenwirken mit der 9. Armee, die offenbar nur noch aus Resten bestand, nicht frei machen konnte. Beiden Aufgaben gerecht zu werden, war die 12. Armee zu schwach.
In dieser Lage ermächtigte ich Gen. Wenck, trotz alledem jede Gefahr an der Elbefront in Kauf zu nehmen und wenigstens eine Division für die Hauptaufgabe Richtung Berlin noch frei zu machen, und dem Führer diesen Entschluß durch Funk, unter Berufung auf mich, selbst zu melden. –
Als ich gegen Mittag auf der Rückfahrt das Kreisstädtchen X (Name ist mir entfallen ohne Karte), etwa halbwegs Brandenburg – Nauen, durchfahren wollte, sperrten eigene Truppen mir den Weg, mit der Begründung, X-Stadt werde von den Russen angegriffen und läge unter feindlichem Feuer. Da ich keinerlei Gefechtslärm wahrnehmen konnte, fuhr ich auf der völlig leeren
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