Das echte Log des Phileas Fogg
Fix zu beobachten, um herauszufinden, ob er mit irgend jemandem in Verbindung stehe.
Die Mongolia ging am Nachmittag um 16.30 Uhr in Bombay vor Anker, und die beiden Weltreisenden betraten indischen Boden. Verne sagt, daß Fogg seinen Diener ausschickte, damit er Besorgungen mache, mit der Maßgabe, daß er um 20.00 Uhr am Bahnhof sein müsse. Fogg selbst begab sich in seiner gleichmäßigen Gangart ins Paßbüro. An den Sehenswürdigkeiten und architektonischen Wundern der Stadt, dieser Perle Indiens, zeigte er keinerlei Interesse, wie es sich aufgrund seines Charakters erwarten ließ. Wahrscheinlich resultierte sein Verhalten aber vorwiegend aus der Tatsache, daß er sie kannte und bereits mehr als einmal gesehen hatte. Verne erwähnt einen merkwürdigen Zwischenfall im Bahnhofsrestaurant. Auf Empfehlung des Inhabers entschied Fogg sich für ein Hasenragout. Nachdem er davon gekostet hatte, ließ er den Inhaber zu sich kommen und empfing ihn mit einem prüfenden Blick.
»Das soll ein Hase sein?«
»Ja, mein Herr, ein echter Hase aus dem Dschungel.«
»Das Tier hat nicht miau gemacht, als es in die Pfanne kam.«
Der Inhaber begann zahlreiche heilige Schwüre auszustoßen.
»Schwören Sie nicht«, sagte Fogg, »sondern denken Sie an die Zeit, als die Katzen in Indien noch heilige Tiere waren. Das waren noch schöne Zeiten.«
»Für die Katzen?«
»Und für die Fremden.«
Aufgrund dieses Wortwechsels wissen wir, daß Fogg einen gewissen trockenen Humor besaß. Fogg selbst aber hatte durch das seltsame Gespräch erfahren, daß der Inhaber des Restaurants ein Eridaner war und nichts Verdächtiges berichten konnte. Er hatte niemals den leisesten Zweifel daran gehegt, daß im Hasenragout tatsächlich Hase war. Hätte der andere geantwortet: Für die Hasen? statt: Für die Katzen?, wäre Fogg klar gewesen, daß ihm der Inhaber etwas Wichtiges mitzuteilen vermochte.
Foggs abschließende Bemerkung gab zu verstehen, daß er sonst nichts zu sagen habe und alles in Ordnung sei.
Ein solcher Zwischenfall hatte sich nicht zum erstenmal ereignet. Kurz nach Foggs Aufnahme in den Reform-Club hatte ein Diener ihm statt des Roastbeefs, das er immerzu aß, Hase gebracht. Im Verlauf der Unterhaltung, als Fogg sich beschwerte (in gedämpftem Tonfall, damit der Diener nicht seine Stellung verlor), hatte er neue Anweisungen erhalten. Stuart war außerstande gewesen, sich ihm über die Karten mitzuteilen, da er andernorts dringende Aufgaben erledigen mußte. Gleiches hatte sich noch zweimal ereignet, aber nach langen Zeitabständen. Immerhin konnte ein Capellaner Verdacht schöpfen, servierte man Fogg allzu häufig irrtümlicherweise einen Hasen.
Nicht lange nach der Begebenheit im Restaurant kam es zu einem anderen, recht unglücklichen Zwischenfall. Passepartout war nicht nur Eridaner, sondern auch ein Mensch. Seine Neugier führte ihn in die prächtige Pagode Malebar Hill. Er wußte nicht, daß Christen diese heilige Stätte nicht betreten durften. Nicht allein die Brahmanen, sondern auch die britischen Gesetze bedrohten Zuwiderhandelnde mit Strafen. Passepartout schlug zwei Priester nieder, während mehrere davon auf ihn eindroschen und ihm die Schuhe von den Füßen rissen; letzteres, weil jedermann, auch die Gläubigen, in der Pagode nur unbekleideten Fußes erscheinen durfte. Passepartout mußte ohne seine Schuhe – und ohne das Paket mit Hemden und Strümpfen, die er abermals eingekauft hatte – die Flucht ergreifen. Während der Diener seinem Herrn von dem Mißgeschick erzählte, lauschte Fix.
Fix hatte sich entschlossen, den beiden auch im Zug an den Fersen zu bleiben, doch nun änderte er seine Absicht. Der telegrafische Haftbefehl aus London war noch nicht eingetroffen; nun sah er eine Möglichkeit, wie er die beiden für eine in Indien begangene Schandtat arrestieren lassen konnte. Er blieb in Bombay, um die Behörden von der Identität des Frevlers zu unterrichten.
Der dritte Mann, der mit Fogg und Passepartout im Zugabteil saß, war Sir Francis Cromarty, der Brigadegeneral, mit dem Fogg schon auf der Mongolia Whist gespielt hatte. Diese Anhänglichkeit wirkt verdächtig, aber falls Sir Francis entweder ein Eridaner oder Capellaner war, so geben Foggs Notizen keinen Aufschluß darüber. Alle weiteren Ereignisse vermitteln keine Einsichten, die über jene hinausgehen, die wir Vernes Bemerkungen über Sir Francis entnehmen können. Der Brigadegeneral hatte den exzentrischen Charakter seines Mitreisenden beobachtet
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