Das echte Log des Phileas Fogg
Darüber freute sich Fix. Unverzüglich eilte er zum Britischen Konsul und berichtete, in Kürze werde ein Passagier, der dem gesuchten Dieb außergewöhnlich ähnelte, von Bord der Mongolia gehen. Am Kai musterte er die Gesichter aller Männer, die das Schiff verließen. Der Mann, den er erwartete, kam nicht. Fogg blieb, wie wir wissen, in seiner Kabine.
Wie der Zufall es wollte – falls es wirklich Zufall war –, sprach ein Passagier Fix an und erkundigte sich nach dem Weg zum Konsulat. Der Fremde war ein kleiner, stämmiger Mann mit dichtem, zerzaustem Haupthaar, hellblauen Augen und schwachem französischen Akzent. Er zeigte Fix den Paß, den er mitführte. Als Fix die darin enthaltene Personenbeschreibung las, stutzte er. Sie traf auf den Mann zu, den er suchte. Der Franzose namens Passepartout sollte den Paß seines Herrn im Konsulat mit einem Stempel versehen lassen; eine überflüssige Maßnahme, da sie sich auf britischem Territorium befanden. Fogg jedoch wollte Ort und Zeit seiner Aufenthalte während der Reise amtlich bestätigt haben, damit er im Reform-Club unanzweifelbare Beweise vorzulegen vermochte. Allerdings war das auch überflüssig; sein Wort als Gentleman galt seinen Bekannten im Reform-Club genug.
Außerdem wollte er, dessen dürfen wir sicher sein, dafür sorgen, daß die Capellaner stets wußten, wo er sich aufhielt. Nur auf diese Weise konnte er gewährleisten, daß die Jäger seine Spur nicht verloren.
Warum wählte Passepartout unter all den Menschen am Kai ausgerechnet Fix aus, um den Weg zum Konsulat zu erfragen? Handelte es sich um reinen Zufall? Andererseits, woher hätte Passepartout wissen sollen, daß Fix ein Capellaner war? Schließlich trugen auch sie keine Schilder um den Hals, die sie kennzeichneten.
Allerdings hatte Passepartout bereits viele Erfahrungen mit der Polizei gesammelt. Fix hatte dem Konsul gegenüber geprahlt, er könne Ganoven riechen; ob dies stimmte oder nicht, Passepartout jedenfalls besaß so viel Spürsinn, daß er Polizisten riechen konnte. Die Capellaner, genau wie ihre Feinde, die Eridaner, verfügten über zahlreiche Leute in den Reihen der Polizei. Dort vermochten sie äußerst wirkungsvoll zu arbeiten. Als Gesetzeshüter war es ihnen möglich, ungestraft mancherlei ungesetzliche Dinge zu tun, wenn sie geschickt genug vorgingen. Es kann sein, daß PassepartoutsWahl auf der Überlegung beruhte, daß ein Polizist eher ein Capellaner sein konnte als ein Zivilist.
Viel wahrscheinlicher ist allerdings die Annahme, daß Passepartout in Fix einen Polizeiagenten erahnte und einfach dachte, ein Polizist könne ihm gewiß am besten Auskunft geben. Auf jeden Fall wies Fix ihm den Weg zum Konsulatsgebäude, das am Platz unmittelbar hinter der Uferstraße lag, bloß 200 Schritte entfernt. Es mutet seltsam an, daß Passepartout das Gebäude nicht selbst bemerkte, weil man davon ausgehen darf, daß darauf die britische Flagge wehte oder zumindest andere Anzeichen auf seinen Zweck hindeuteten. Daher ist die Vermutung immerhin berechtigt, daß Passepartout den nervösen kleinen Capellaner abtasten wollte.
Fix erklärte, wenn der Paß abgestempelt werden solle, müsse der Eigentümer persönlich erscheinen. Passepartout kehrte aufs Schiff zurück. Sofort eilte Fix zum Konsul. Er sagte ihm, daß er glaube, der Verdächtige sei tatsächlich an Bord der Mongolia. Der Konsul solle Fogg die Weiterreise untersagen, wenn er mit seinem Paß komme. Fix benötigte Zeit, da kein Haftbefehl aus London vorlag.
Der Konsul weigerte sich. Solange er keinen Haftbefehl habe, müsse er Fogg seines Weges gehen lassen.
Kurz darauf betraten Herr und Diener das Konsulat, und Fix mußte hilflos zuschauen, wie der Paß den gewünschten Stempel erhielt, der als Visum diente. Er beschloß, den beiden zu folgen. Fogg kehrte zurück in seine Kabine und verzehrte dort seine Mittagsmahlzeit, wogegen Passepartout über den Kai schlenderte. Bereitwillig ließ er sich von Fix aushorchen. Er bemerkte, er müsse noch während des Aufenthalts in Suez ein paar Hemden und Strümpfe kaufen, da sie so überstürzt abgereist seien. Fix erbot sich, ihn zu einem Laden zu führen. Passepartout nahm dankbar an. Unterwegs schaute der Franzose auf seine Uhr, um sicherzugehen, daß er bis zur Abfahrt des Dampfers noch genug Zeit zum Einkaufen habe.
»Nur die Ruhe«, sagte Fix. »Es ist erst 12.00 Uhr.«
Passepartout staunte. Seine Uhr zeigte 9.52 Uhr an.
»Ihre Uhr geht ziemlich nach«, sagte
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