Das echte Log des Phileas Fogg
Amerika, kurz bevor man die Gangway einholte.
Passepartout hatte Fogg nicht mehr davon unterrichten können, daß der Dampfer früher als angenommen ablegte. Der unerschütterliche Engländer charterte ein Lotsenboot, segelte nach Singapur, ging dort an Bord der Carnatic und gelangte nach Yokohama. Fix ärgerte sich sehr über diesen Lauf der Ereignisse. Jedenfalls redete er sich ein, er sei sehr verärgert. Eine kurze Stimmung freudiger Erleichterung führte er auf Charakterschwächen zurück; Schwächen, die sich für ihn nachteilig auswirken konnten, gelang es ihm nicht, sie zu meistern.
Der Dank, den er Fogg schuldete, erlaubte es ihm immerhin, den Grad seiner Verärgerung zu steigern. Dieser Gentleman hatte Fix nicht nur erlaubt, mit ihm das Lotsenboot zu besteigen, sondern hatte auch darauf bestanden, für ihn dieÜberfahrt zu bezahlen.
Fogg tat dies deshalb, weil er Fix in seiner Reichweite behalten wollte. Es konnte sich eine Situation ergeben, die ihn zwang, sich von einem Capellaner Informationen zu verschaffen. Außerdem hegte er den Verdacht, daß sich, falls Fix wahrhaftig Capellaner war, mehr als dieser eine Gegner an Bord befanden. Womöglich konnte er sie identifizieren, wenn sie mit Fix in Verbindung traten.
Fix begriff das durchaus. Er wußte auch, daß Foggs Verhalten, wären alle Beteiligten das gewesen, was zu sein sie vortäuschten, außerordentliche Großmut bewiesen hätte. Das Wissen darum behagte ihm ganz und gar nicht. Es machte Fogg zu sympathisch.
Verne sagt, daß Passepartout, als er seinen Herrn in Japan wiedertraf, ihn nicht davon unterrichtet habe, daß Fix Detektiv war und ihn zu inhaftieren beabsichtigte. Das stimmt nicht. Sogar unter der Voraussetzung, daß Vernes Geschichte die ganze Geschichte wäre, ließe sich Passepartouts Schweigen nur schwerlich erklären. Dennoch verschloß Verne ihm den Mund, weil es für den Handlungsablauf erforderlich war. Fogg mußte in Unkenntnis von Fix’ Mission bleiben. Andernfalls hätte Fogg sich des Detektivs entledigt und wäre nach der Ankunft in England nicht verhaftet worden.
Nur so konnte sich Verne das Verhalten Foggs Fix gegenüber erklären, weil er den wahren Sachverhalt nicht kannte.
13
Das Schiff, welches Fogg nach San Francisco nahm, hieß General Grant. Es gehörte der Pacific Mail Steamship Company und war ein Schaufelraddampfer, der zusätzlich über drei Masten mit großen Segeln verfügte. Bei ihrer Geschwindigkeit von 12 Knoten in der Stunde sollte die General Grant den Pazifik in nur 21 Tagen überqueren. Fogg errechnete, daß er am 2. Dezember in San Francisco an Land gehen könne. Dort würde er den Zug nach New York City nehmen, der seinen Bestimmungsort am 11. Dezember erreichen sollte. Von New York aus würde er per Schiff nach England gelangen. Am 20. Dezember konnte er in London sein, also noch am Vortag der auf den 21. Dezember festgelegten Rückkunft.
Wie Verne erwähnt, kreuzte das Schiff am 23. November, 9 Tage nach der Abreise in Yokohama, den 180sten Längengrad. Damit hatte Fogg genau die Hälfte seiner Erdumrundung hinter sich gebracht, denn die imaginäre Linie, die man als 180sten Längengrad bezeichnet, verläuft genau gegenüber von London. Für die zweite Hälfte standen Fogg also nur noch 28 Tage zur Verfügung, doch von der tatsächlichen Reisestrecke hatte er bereits zwei Drittel bewältigt. Bis zum 180sten Längengrad hatte er erhebliche Umwege in Kauf nehmen müssen. Von nun an jedoch verlief die Route vergleichsweise geradlinig.
An diesem 23. November machte Passepartout, wie Verne berichtet, eine freudige Entdeckung. Seine Uhr, die er nicht ein einziges Mal nachgestellt hatte, stimmte nun mit dem Sonnenstand überein.
Passepartout, so erklärt Verne, wußte nicht, daß seine Uhr, wäre ihr Zifferblatt (wie bei italienischen Uhren) in 24 Stunden eingeteilt gewesen, ihm gezeigt hätte, daß es nicht 9.00 Uhr war, sondern 21.00 Uhr, also 21 Stunden nach Mitternacht; das macht exakt den Unterschied zwischen der Londoner Zeit und der am 180sten Längengrad aus.
Wie wir wissen, besaß Fogg keine Uhren mehr, weil er sie in Bundelkund verbraucht hatte. Verne ahnte nichts vom Zwischenfall im Palast des Radschahs, aber auch er sagt nichts darüber, ob Fogg eine Uhr hatte. Warum dieser Gentleman, der sein Leben nach der Uhr führte, auf einmal keine mehr besitzen sollte, läßt Verne unerklärt.
Fix war bis zum 23. November in seiner Kabine geblieben, bis er empfand, daß er hinaus
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