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Das echte Log des Phileas Fogg

Das echte Log des Phileas Fogg

Titel: Das echte Log des Phileas Fogg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip José Farmer
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Hilfe zu leisten, zumal ein solches Verhalten ziemlich verdächtig gewirkt haben würde.
    Er öffnete die Tür, ließ jedoch die Sicherheitskette eingehakt. Vom oberen Ende der Straße sah er plötzlich einen Schornsteinfeger kommen. Und nun, in der anderen Richtung der Straße, auf der Seite gegenüber, öffnete sich eine andere Tür. Ein junger Mann im Morgenrock und ohne Kopfbedeckung trat heraus.
    Offensichtlich hatte er geschlafen, war gerade erwacht und hatte bei der Suche nach den Dienern den auf der Straße liegenden Kutscher bemerkt. Das war gut. Passepartout konnte den Offizier an ihn verweisen und zugleich erklären, daß es ihm verboten war, aus dem Haus zu gehen.
    Der Offizier erreichte die Tür zuerst und sprach den Franzosen mit einer vollklingenden Baritonstimme an.
    »Wie Sie sehen, hat sich ein Unfall ereignet. Der Kutscher hat sich anscheinend den Arm gebrochen und Kopfverletzungen zugezogen. Ich fürchte, er hat getrunken. Könnten Sie wohl den nächsten Arzt holen?«
    Nun, da der Offizier vor ihm stand, sah Passepartout dessen kalte blaue Augen unter schweren Lidern. Zusammen mit den buschigen Brauen, der dünnen, etwas zu langen Nase, einem dichten schwarzen Schnurrbart, wulstigen Lippen und einem energischen Kinn bildeten sie ein Gesicht, das sowohl von Rastlosigkeit wie auch von Sinnlichkeit zeugte. Passepartout interessierte sich nicht für ihn; es war der Kutscher, der einen Arzt benötigte.
    »Ein paar Häuser weiter wohnt ein gewisser Dr. Caber«, sagte der Franzose, weil ihm in dem Moment eingefallen war, daß Fogg ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. »Ich darf das Haus nicht verlassen, aber vielleicht erweist der Schornsteinfeger dort Ihnen diese Gefälligkeit. Oder Sie könnten sich an den Boten wenden.«
    Der Bote war nur noch wenige Schritte entfernt. Er war ein außerordentlich breitschultriger Mann mit einem buschigen Schnurrbart und langem Haar, beides durchsetzt mit grauen Strähnen. Seine dicke rote Säufernase verriet deutlich, daß seine Lieblingsbeschäftigung nichts mit Telegrammen zu tun hatte.
    »Ach, ich könnte, gewiß, guter Freund«, sagte der Offizier. Durch den Türspalt deutete er mit seinem Stock auf Passepartout. Am Ende des Stocks sah der Franzose ein rundes Loch. »Aber ich kann mir die Mühe ersparen«, sprach der Offizier weiter. »Der Stock ist eine Luftdruckwaffe. Ich kann – und vielleicht muß ich es – Ihnen damit eine Gewehrkugel zwischen die Rippen jagen. Also öffnen Sie uns oder tragen Sie die Folgen.«
    Der Bote mußte unter seinem Rock eine Zange verborgen gehalten haben, denn genau ein solches Werkzeug erschien jetzt von der Seite im Türspalt, und innerhalb eines Augenblicks zerbrach die Sicherheitskette mit einem Knirschen. Die Tür wurde wuchtig einwärts und gegen Passepartout gestoßen, der rückwärts taumelte. Obwohl der Offizier ihn zum Schweigen aufforderte, stieß Passepartout einen lauten Schrei aus. Der Offizier, welcher nicht länger hinkte, hob den Stock über den Kopf des Dieners und schlug zu. Passepartout duckte sich, so daß ihn der Hieb nicht mit voller Wucht traf. Der Schlag betäubte ihn halb, aber er besaß noch genug Kraft, um sich zur Seite zu werfen. Er hatte springen wollen, aber seine Beine ließen ihn im Stich. Der Offizier stürzte sich auf ihn, der Bote hinterdrein. Unter dem gefärbten Haar und der falschen Schnapsnase erkannte Passepartout Nemo. Nochmals versuchte er sich aufzurichten, doch diesmal krachte der Stock mit unverminderter Gewalt auf seinen Schädel.
    Ein paar Minuten später – der Uhr zufolge, die auf dem Kamin stand – erwachte er am Fußboden. Sein Kopf schmerzte. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt, und er war geknebelt. Der einzige andere Anwesende im Raum war der Droschkenkutscher, der wunderbarerweise bereits von seinem ›Armbruch‹ genesen war. Der Mann war groß, hatteeine gebeugte Haltung und eine gewisse Ähnlichkeit mit Nemo, obwohl ihm dessen Hauptmerkmal, der ungewöhnlich weite Abstand zwischen den Augen, ermangelte; auch besaß er eine dunklere Haut und dunklere Augen als Nemo. Er mochte etwa 40 Jahre alt sein. In einer Hand hielt er eine absonderliche Waffe. Passepartout vermutete, daß es sich um eine Luftpistole handelte. Sie war klein genug, um sie unter einem Mantel verstecken zu können.
    Die Minuten verstrichen, während die Uhrzeiger sich vorwärtsschoben und Passepartouts Kopf schmerzhaft pochte. Ungefähr zehn Minuten später hörte er Schritte im Treppenhaus.

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