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Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Titel: Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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wesentlichen Bedürfnisse aller zu befriedigen.
    Diese Gewaltenteilung ist auch ein grundsätzliches Prinzip unseres Gehirns. Sie gilt sowohl für unsere bewussten als auch für unsere unbewussten Entscheidungen. Jeder der verschiedenen Gehirnteile ist an Entscheidungen beteiligt, kein Teil regiert allein. Welcher sich am Ende durchsetzt, welche Instanzen im Gehirn ein Entscheidungsimpuls durchläuft und inwieweit dieser dabei noch modifiziert wird, das hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab. Wenn das System defekt ist oder in schlechten Zeiten unter Druck gerät, kann es sich zwar an die geänderte Situation anpassen, aber es entsteht eine neue Balance: Die Kompetenzen werden umverteilt, Bedürfnisse anders befriedigt. Dieses neue Gleichgewicht ist nicht mehr so ideal wie der Ausgangszustand, aber unter vielen schlechten Optionen dennoch die beste.
    Eine derartige »Stabilisierung durch Veränderung«, wie diese Form der Anpassung in der Hirnforschung genannt wird, vollzieht sich insbesondere bei stoffwechselphysiologischen Vorgängen, also dann, wenn Energie im Körper verteilt wird. Denn sobald es Engpässe bei der Energieversorgung des Gehirns gibt, tritt eine besondere Fähigkeit unseres Denkapparates zutage, die für unser Überleben ausschlaggebend ist: Das Gehirn entscheidet selbständig und teilweise sogar egoistisch gegen den eigenen Körper. Geostrategisch formuliert könnte man sagen: Energiepolitik ist für das Gehirn eine Frage der neuronalen Sicherheit – sie hat höchste Priorität.
    Energie – freie Fahrt ins Gehirn

    Diesen Grundgedanken der Selfish-Brain-Theorie habe ich erstmals im Mai 1987 in der kanadischen Metropole Toronto formuliert. Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft hatte es mir damals ermöglicht, im Hospital for Sick Children , eine der renommiertesten Kliniken Nordamerikas, meine wissenschaftliche Arbeit zum Thema Diabetes aufzunehmen. Toronto ist für die Diabetesforschung von großer historischer Bedeutung. Hier wurde die medikamentöse Anwendung von Insulin erfunden und erprobt. Ganz in der Nähe meines Büros lag das Institut, in dem Fred Banting und Charles Best 1921 erstmals Insulin isoliert und einem kleinen Jungen namens Leonard verabreicht hatten. Leonard, ihr Patient 0, war an Typ-1-Diabetes erkrankt. Die Inselzellen seiner Bauchspeicheldrüse hatten nach und nach ihre Insulinproduktion eingestellt. Insulin aber ist lebensnotwendig, damit der Körper die aufgenommene Energie in Form von Zucker (Glukose) in den Depots abspeichern kann. Ein Mensch, dessen Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert, kann so viel essen, wie er will, und wird doch innerhalb weniger Wochen verhungern. Leonard war der erste Mensch mit Typ-1-Diabetes, der die Krankheit überlebt hat. Seitdem wird Diabetes mit Insulinspritzen behandelt, die Lebenserwartung der Patienten ist von praktisch null auf »nahezu normal« gestiegen.
    Trotz dieser medizinischen Erfolgsgeschichte stellte die Diagnose Ärzte und Patienten noch in den 1980er Jahren vor ein schwerwiegendes Problem. Denn es gab keine Richtwerte, wie viel Insulin der Körper eines Betroffenen tatsächlich braucht. Die Insulintherapie ist eine der komplexesten Einstellungen in der Medizin, der Blutzucker muss viermal täglich analysiert werden, um die richtige Dosisaufteilung zu finden. Eigentlich kann dies nur eine medizinische Fachkraft optimal berechnen – für die Betroffenen auf Dauer ein unzumutbarer Zustand. Deshalb konzentrierte ich mich während meines Aufenthaltes in Toronto auf die Frage, wie man Menschen mit Zuckerkrankheit dabei helfen könnte, die richtige Insulinmenge selbst zu bestimmen.
    Ich glaubte, einen Lösungsansatz für das Problem finden zu können. Mitte der 1980er Jahre gab es die ersten Minicomputer auf der Basis leistungsfähiger Taschenrechner. Was wäre, wenn man ein solches Gerät dahingehend programmierte, dass jeder Patient den mittels eines Teststreifens selbstermittelten Blutzuckerwert einfach in den Computer eintippt und dieser daraus die angemessene Insulindosis errechnet? Eine präzise Hochrechnung, nicht wie bisher eine Schätzung, das wäre ein großer Fortschritt. Die Wirkung des Insulins würde verbessert. Und das Risiko einer Überdosierung würde gesenkt, wodurch sich insbesondere eine drohende Gewichtszunahme einerseits und die durch Unterzucker ausgelösten Ohnmachtsanfälle andererseits eindämmen ließen. Nach der präzisen Berechnung könnte sich der Patient die

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