Das egoistische Gen
hinziehen, und entsprechend steigen die Kosten. Die beiden Rechtsanwälte setzen sich nicht etwa zusammen, um sich dies alles einfallen zu lassen. Im Gegenteil, ironischerweise ist gerade die Tatsache, daß sie so peinlich getrennt sind, das Hauptinstrument ihrer Zusammenarbeit auf Kosten der Klienten. Möglicherweise sind die Rechtsanwälte sich gar nicht dessen bewußt, was sie tun. Wie die Vampire, mit denen wir uns gleich befassen werden, spielen sie lediglich nach perfekt ritualisierten Regeln. Das System funktioniert ohne jede bewußte Aufsicht oder Organisation. Es ist völlig darauf angelegt, uns in Nullsummenspiele hineinzuzwingen. Nullsummenspiele für die Klienten, aber ausgesprochene Nichtnullsummenspiele für die Rechtsanwälte.
Was sollen wir tun? Shakespeares Lösung verursacht ei- ne Menge Schlamassel. Es wäre sauberer, für eine Gesetzesänderung zu sorgen. Aber die meisten Parlamentarier kommen aus den juristischen Berufen und haben eine Nullsummenmentalität. Man kann sich kaum eine feindlichere Atmosphäre vorstellen als das englische Unterhaus. (Vor Gericht wird in der Debatte wenigstens der Anstand gewahrt.
Das fällt auch nicht schwer, da „mein gelehrter Freund und ich“ den ganzen Weg zur Bank sehr schön zusammenarbeiten.) Vielleicht sollte man wohlmeinenden Gesetzgebern und wirklich reumütigen Juristen ein wenig Spieltheorie beibringen.
Es ist nur gerecht, wenn wir hinzufügen, daß einige Juristen genau die umgekehrte Rolle spielen, indem sie ihre Klienten, die auf einen Nullsummenkampf aus sind, davon überzeugen, daß eine außergerichtliche Nichtnullsummenregelung für sie günstiger wäre.
Wie sieht es mit anderen Spielen im menschlichen Leben aus? Welches sind Nullsummen- und welches Nichtnullsummenspiele? Und – denn das ist nicht dasselbe – welche Aspekte des Lebens verstehen wir als Nullsummen- oder Nichtnullsummenspiele? Welche Aspekte des Lebens fördern „Neid“ und welche die Zusammenarbeit gegen eine „Bank“? Denken wir beispielsweise an Lohnverhandlungen und Lohngefälle.
Werden wir, wenn wir unsere Lohnerhöhungen aushandeln, von „Neid“ getrieben, oder arbeiten wir zusammen, um unser Realeinkommen zu maximieren? Glauben wir – im wirklichen Leben ebenso wie in psychologischen Experimenten –, daß wir ein Nullsummenspiel spielen, wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist? Ich stelle diese schwierigen Fragen einfach nur. Sie zu beantworten, würde den Rahmen dieses Buches sprengen.
Fußball ist ein Nullsummenspiel. Wenigstens ist es das normalerweise; gelegentlich kann es aber zu einem Nichtnullsummenspiel werden. Dies geschah 1977 in der englischen Fußballiga. Die Mannschaften in der Fußballiga werden in vier Divisionen aufgeteilt. Die Vereine spielen gegen andere Vereine in ihrer eigenen Division und sammeln während der ganzen Saison Punkte für Siege und unentschiedene Spiele. In der Ersten Division zu sein bringt Prestige und ist außerdem für einen Verein lukrativ, denn es garantiert große Zuschauermengen. Am Ende jeder Spielzeit steigen die untersten drei Vereine der Ersten Division für die nächste Saison in die Zweite Division ab. Absteigen scheint als schreckliches Schicksal angesehen zu werden, und um es zu vermeiden, sind große Anstrengungen gerechtfertigt.
Der 18. Mai 1977 war der letzte Tag der Fußballsaison jenes Jahres. Zwei der drei Absteiger aus der Ersten Division waren bereits ermittelt, aber um den dritten Abstieg wurde noch gekämpft. Es würde zweifellos einer der drei Vereine Sunderland, Bristol oder Coventry sein. Diese Vereine hatten also an jenem Samstag allen Grund, sich anzustrengen. Sunderland spielte gegen einen vierten Verein (über dessen Verbleib in der Ersten Division kein Zweifel bestand). Und es ergab sich, daß Bristol und Coventry gegeneinander spielten. Man wußte, daß, wenn Sunderland das Spiel verlor, Bristol und Coventry lediglich ein Unentschieden benötigten, um in der Ersten Division zu bleiben. Sollte Sunderland jedoch gewinnen, so wäre, je nach dem Ergebnis des Spieles zwischen Bristol und Coventry, einer der beiden der Absteiger. Die beiden entscheidenden Spiele fanden theoretisch gleichzeitig statt. In Wirklichkeit jedoch begann das Spiel Bristol-Coventry zufällig mit fünf Minuten Verspätung. Aus diesem Grunde wurde das Ergebnis von Sunderlands Spiel vor Ende der Begegnung Bristol-Coventry bekannt. Und das ist der Clou dieser ganzen komplizierten Geschichte.
Während der größten
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