Das egoistische Gen
Form sparsamer ausgedrückter Regeln. Er sagt nicht wortwörtlich in normaler Sprache: „Die Läufer bewegen sich diagonal“, sondern etwas mathematisch Gleichbedeutendes, etwa: „Die neuen Koordinaten des Läufers ergeben sich aus den alten Koordinaten unter Addition derselben, jedoch nicht zwangsläufig mit demselben Vorzeichen versehenen Konstanten zu der alten x- wie auch der alten y-Koordinate.“ Allerdings drückt er es kürzer aus.
Dann progammiert er vielleicht einige „Ratschläge“, die in der gleichen mathematischen oder logischen Sprache formuliert sind und in menschlicher Ausdrucksweise etwa Hinweisen entsprechen würden wie „Laß deinen König nicht ungeschützt“ oder nützlichen Kniffen wie dem gleichzeitigen Angriff mit zwei Springern. Die Einzelheiten sind faszinierend, sie würden uns jedoch zu weit vom Thema abbringen. Der wichtige Punkt ist folgender: Sobald der Computer tatsächlich spielt, ist er sich selbst überlassen und kann keinerlei Hilfe von seinem Meister erwarten. Der Programmierer kann nicht mehr tun, als den Computer auf die bestmögliche Weise vorher mit einem Programm zu versorgen, bei dem Listen mit spezifischen Kenntnissen und Ratschläge bezüglich Strategie und Taktik gut gegeneinander abgewogen sind.
Auch die Gene steuern das Verhalten ihrer Überlebensmaschinen nicht unmittelbar mit den Fingern an der Marionettenschnur, sondern mittelbar wie der Programmierer des Computers. Sie können nicht mehr tun, als die Überlebensmaschine gut auszustatten ; dann ist sie sich selbst überlassen, und die Gene in ihr können sich lediglich passiv verhalten. Warum sind sie derart passiv? Warum reißen sie nicht die Zügel an sich und übernehmen das Kommando über jeden einzelnen Augenblick? Die Antwort darauf ist, daß sie dies aus Gründen der Zeitverzögerung nicht können. Das läßt sich am besten an einer anderen Analogie zeigen, die wir der Science-Fiction entnehmen. Das Buch A for Andromeda von Fred Hoyle und John Elliot ist eine aufregende Geschichte, und auch ihm liegen wie allen guten Zukunftsromanen einige interessante wissenschaftliche Fragen zugrunde. Seltsamerweise wird, so scheint es, die wichtigste dieser Fragen in dem Buch nicht ausdrücklich erwähnt. Sie wird vielmehr der Vorstellungskraft des Lesers überlassen. Ich hoffe, die Autoren nehmen es mir nicht übel, wenn ich diesem Punkt hier etwas weiter nachgehe.
Im Sternbild Andromeda, 200 Lichtjahre entfernt, gibt es eine Zivilisation. 2 Sie will ihre Kultur auf ferne Welten ausdehnen. Wie soll sie dies am besten tun? Direkt hinzureisen ist ausgeschlossen. Die Lichtgeschwindigkeit setzt der Schnelligkeit, mit der man von einem Ort im Universum zu einem anderen gelangen kann, eine theoretische Obergrenze, und mechanische Erwägungen erzwingen eine sehr viel niedrigere praktische Grenze. Abgesehen davon gibt es vielleicht gar nicht so viele Welten, die lohnende Ziele sind, und wie soll man wissen, in welche Richtung man fahren muß? Funk ist ein besseres Mittel, um sich mit dem Rest des Universums zu verständigen, da man eine sehr große Zahl von Welten erreichen kann, wenn man genügend Energie besitzt, um seine Signale in alle Richtungen auszusenden, statt sie in eine einzige Richtung abzustrahlen (die Zahl wächst im Quadrat der Entfernung, die das Signal zurücklegt). Radiowellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus, das Signal braucht also 200 Jahre, um von Andromeda zur Erde zu gelangen. Die Schwierigkeit mit Entfernungen dieser Art ist, daß man niemals eine Unterhaltung führen kann. Selbst wenn man von der Tatsache absieht, daß die nacheinander von der Erde ausgesandten Botschaften von Menschen kommen würden, die jeweils durch zwölf Generationen voneinander getrennt wären: Der Versuch, sich über derartige Entfernungen hinweg zu unterhalten, wäre schlicht und einfach nutzlos.
Dieses Problem wird sich uns bald ernsthaft stellen: Radiowellen brauchen ungefähr vier Minuten, um die Entfernung zwischen der Erde und dem Mars zurückzulegen. Zweifellos werden die Raumfahrer es sich abgewöhnen müssen, sich in kurzen abwechselnden Sätzen miteinander zu verständigen, und statt dessen lange Selbstgespräche oder Monologe verwenden müssen, die eher Briefen ähneln als Unterhaltungen.
Nehmen wir ein weiteres Beispiel: Roger Payne hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Meeresakustik bestimmte Eigenschaften besitzt, aus denen folgt, daß der außerordentlich laute „Gesang“ des
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