Das Ei und ich
und einigen anderen höheren Angestellten vor. Wir durften mit der Bahn bergwärts fahren. Der Zug bestand aus einer langen Reihe flacher Loren, in denen die Baumstämme bis zur Gleitschiene, die zur Docktown-Bay führte, hinuntergeschafft wurden. Bob, Tom und ich stellten uns auf das Trittbrett der Zugführerkabine, während die Holzfäller in die Loren kletterten.
Der mächtige Kran lief auf Schienen und wurde durch Öl betrieben und nicht mit Holzfeuer gespeist wie die kleineren Maschinen. Dicke Stahlkabel, die über Rollen liefen, hielten den Tragholm, den ein Mann von der Kabine des Traghäuschens aus dirigierte. Der Kranführer mußte sich nach den Signalen des Pfeifens richten und je nachdem den Tragholm heben, senken, zurücknehmen und vorschieben. Da, wo die Stämme lagen, führte der Mann mit der Pfeife das große Wort, aber auch der Arbeiter, der das Einschnappen der Haken befehligte, hatte einen wichtigen Posten. Wenn die Haken fest in den Stämmen steckten und die Last gut gesichert war, sprangen die Leute zurück, der Mann, der das Einschnappen der Haken befehligte, rief »Huu, huu, huu!«, worauf der Mann mit dem Signalkasten dreimal den Hebel niederdrückte, was ein überall gehörtes Pfeifen auslöste. Von der Krankabine her kam die Antwort: »Tuut, tuut, tuut!«, und dann schwang sich der Baumstamm in die Höhe, schwankte zitternd in der Luft, drehte sich darauf mit würdevoller Gelassenheit um und bewegte sich, vom Kranführer dirigiert, zu den länglichen Loren, auf die er niederpolterte. Tom wollte mir eine besondere Freude bereiten und drückte mir den Signalkasten in die Hand. Zitternd und zagend bewegte ich den Hebel, sobald das Rufen des Mannes unten am Schlagplatz an mein Ohr drang, aber in der Aufregung signalisierte ich: »Anziehen«, als die Männer unten »Vorschieben« befohlen hatten. Erschrocken sprangen sie zur Seite, als das Ungetüm sich auf meinen Befehl plötzlich hob. Bob riß mir den Kasten aus der Hand und gab schnell das richtige Kommando durch. Von drüben drangen saftige Flüche an unsere Ohren. »Welcher gottverdammte Idiot macht da oben …«
»He, hier oben befindet sich eine Dame!« rief Tom warnend. »Paßt auf, was ihr sagt!« Ich atmete erlöst auf, als Tom das Zeichen zum Aufbruch gab, und kletterte schnell hinunter, bevor die Holzfäller sahen, wer der »gottverdammte Idiot« war, der solchen Unfug angerichtet hatte.
Am nächsten Tag horchte ich noch interessierter auf als sonst, wenn das Pfeifsignal ertönte, doch als später der lange Klageton an mein Ohr drang, der einen Unglücksfall anzeigte, wurde mein Herz schwer. Ich hatte viele der Männer kennengelernt. Welchen hatte es wohl getroffen? Erst zwei Wochen später erfuhr ich, daß Cecil der Leidtragende gewesen war. Ein Ast hatte sich von einem Baumstamm gelöst und war auf Cecils Kopf heruntergekracht. »Hat mir die Hirnschale zermanscht, als ob sie nich härter wär wie ’ne Eierschale«, erzählte er uns nach seiner Rückkehr aus dem Spital. »Das Ding hat mich ’nen Meter in den Boden gerammt, sagen die anderen. Ich weiß nichts mehr, bloß daß jemand ›Achtung, Holz!‹ brüllte, und dann wachte ich im Spital wieder auf.« Man tat mit dem Armen, was man konnte, flickte seine zertrümmerte Schädeldecke mit Stahlplatten und brachte ihn wieder auf die Beine, nur behielt er einen ständigen Kopfschmerz. Mit der Arbeit als Holzfäller war es natürlich vorbei.
Cecil fand, wir sollten uns auch einmal ansehen, wie die Baumstämme an der Docktown-Bay von der Gleitschiene ins Wasser verfrachtet wurden. Und an einem schönen Tag machten wir uns mit dem Wagen auf den Weg. Diesmal nahmen wir Klein-Anne und ein reichliches Picknick mit. Der Arm, der zur Bucht führte, ein natürlicher Kanal, der sich in einem ehemaligen Gletscherbett gebildet hatte, war an die siebzig Meilen lang und vielleicht zwei Meilen breit. Die Ufer zu beiden Seiten waren dicht bewaldet. Die Straße führte so dicht am Kanal entlang, daß wir fast auf dem Strand selbst fuhren. Wo der Arm in die Bucht mündete, parkten wir den Wagen unter einer Weide, überquerten nur die Straße und waren schon an unserer Picknickstelle, gerade gegenüber der Gleitbahn der Holz-Kompanie am felsigen, jenseitigen Ufer. Ich war noch mit dem Baby beschäftigt, da sauste schon der erste Baumstamm herunter. Es klang wie eine Explosion, und bevor ich Zeit hatte, mich umzudrehen, klatschte der Stamm ins Wasser, eine Wassersäule von mindestens dreißig Metern
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