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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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auskleidete, hörte ich ihn Bob eine Rede halten über die Unvernunft eines Gesetzes, das »einen gottesfürchtigen Mann ins Gefängnis bringt, weil er Whisky fabriziert oder verkauft, den gottverdammten Idioten aber, der das Gesöff trinkt, straffrei ausgehen läßt«.
    Am nächsten Tag wusch ich all unsere Sachen in Lysol und beschloß, in Zukunft dem gesellschaftlichen Leben, in welcher Form es mich auch locken möge, zu entsagen.

Alle Kinder haben Krämpfe
    Mein Kind nahm Sonnenbäder, wurde mit Fleisch und Gemüse gefüttert und bekam Lebertran. Meine Nachbarn fanden das unerhört und betrachteten den Lebertran als stinkenden Teufelstrank. Trotzdem ich Mrs. Kettle die Berichte über Lebertran im Bulletin der Regierung zeigte, ließ sie sich nicht von der Meinung abbringen, das sei nur wieder eine neue Gaunerei von »den Schwindlern« in Washington und meiner kleinen Anne täte es sicher nicht gut. Ihre Kinder und die Kinder ihrer Kinder und überhaupt alle Kinder, die sie ringsum im Lande hatte aufwachsen sehen, wurden mit Schweinebauch, Gurken, Kartoffeln und Bier gefüttert und hatten regelmäßig Krämpfe. Die Anzahl der Krämpfe, die ein Kind überstand, war der Gradmesser, an dem sich des Vaters Manneskraft, der Mutter Erfahrung in Diätküche und des Kindes Zähigkeit ablesen ließen.
    Saßen die Kettles im Winter des Abends gemütlich um ihr Feuer, kam manchmal das Gespräch auf die Kinder, ihre Ernährung und natürlich auch die unvermeidlichen Krämpfe.
    »Wart mal«, sagte dann Maw, nachdenklich den Zeigefinger an der Lippe, »war das jetzt Charlie oder Bertha, eines von den beiden hatte doch mal siebzehn Krämpfe an einem Tag. Himmel, war das eine Aufregung!« Ein tiefer Seufzer begleitete diese Worte, und die Kinder drängten prompt: »Erzähl, Maw, erzähl! Und erzähl auch von Elwin, wie er zwei Stunden lang blau war im Gesicht.«
    Und dann ging’s los!
    »Mit Elwin, das war damals, da war er ein Jahr alt, und ich trug schon Ernest. ’s war ’n sehr heißer Sommerabend, und Elwin hatte schon ’n ganzen Tag mit Bauchweh und Durchfall zu tun gehabt, wie das so is im Sommer, ’s ging ihm gar nich gut, und gleich nach dem Essen hätt ich ihn in die Küche reingenommen und ’n bißchen gewiegt, da wurde mir das Kind doch auf einmal steif, fing an zu stöhnen und lief blau an, und ich wußt gleich, nu kriegt er wieder mal ’n Krampf, also legt ich ihm ’n nasses Handtuch um ’n Kopf, und ’s wurd auch bald besser, aber nach ’ner Stunde schon, da ging’s wieder los, da kriegt er ’n zweiten Krampf und dann ’n dritten und so immer weiter. Und nach ’ner Weile da kriegt er ’n Anfall, daß mir angst und bange wurde, und da schickt ich Paw nach ’m Doktor, aber wie er losfahren wollt, da waren doch alle vier Reifen kaputt. (»Die ganze Woche hatt ich schon die verflixten Dinger flicken wollen und war nich dazu gekommen«, pflegte Paw an dieser Stelle einzuwerfen.) Und mit Elwin, da wurd’s immer schlimmer, der blieb blau und steif liegen, und ich dacht schon, nu is fertig mit ihm, nu stirbt er mir unter ’n Händen weg, und fing schon an zu weinen, da füllte Paw den Waschzuber mit heißem Wasser und nahm den Jungen und hielt ihn rein ins heiße Wasser mit seinen Kleidern und allem, wie er war, bloß ’n Kopf hielt er raus, und nach ’ner geraumen Weile, da wurd er wieder normal. Aber das Kind sah aus. Jeeeesus Keeeeristus, nein, wie das Kind aussah! Und schlapp war’s wie ’n alter Scheuerlappen. Und blaß, daß man meinen könnt, da liegt ’n Stück Schweinebauch.«
    Ich warf Elwin einen verstohlenen Blick zu, um zu sehen, wie er auf diese realistische Beschreibung seines Aussehens reagierte, aber er war nicht im mindesten gekränkt. Wie es häufig bei jüngeren Kindern in einer großen Familie der Fall ist, schmeichelte es ihm viel zu sehr, Mittelpunkt zu sein, als daß ihn irgend etwas hätte kränken können. Den Kopf auf die schmutzigen Hände gestützt, saß er da und starrte Maw aus seinen blauen Augen an, gespannt auf die längst bekannte Fortsetzung der Geschichte wartend.
    »Ich zog ihn aus und legt ihn ins Bett«, plätscherte Maws Rede fort, »und dann sah ich auf die Uhr« – aller Augen wandten sich der Küchenuhr auf dem Wandbrett zu – »und Jeeeesus Keeeeristus, da hatt doch das Kind ’n Krampf gehabt über zwei Stunden.«
    An diesem Punkt der Erzählung richtete sich Elwin auf und blickte sich leuchtenden Auges um, und die Familie betrachtete ihn eingehend und

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