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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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hielt, nämlich: jeder Arbeit aus dem Wege zu gehen. Aber das sagte ich nicht, und von unserer tadellos funktionierenden Wasserleitung zu erzählen, hatte ich auch nicht mehr den Mut.
    Ende Oktober erwachte ich eines Nachts vom Rauschen des Windes in den Baumkronen, das unverkennbare Vorzeichen eines nahenden Gewitters. Das Haus ächzte, die Fensterläden knarrten, und im Kamin rasselte und röhrte es dumpf. Nun kommt bald wieder der Winter, dachte ich, der nasse, kalte, einsame Winter, und ein beklemmender Ring legte sich um mein Herz. Da drang aus der Küche ein regelmäßig wiederkehrender gedämpfter Laut an mein Ohr. Es war eine eintönige, aber wunderschöne Melodie: das Split – splat – split – splat des Wasserhahns. Die Beklemmung wich. Ich hatte ja Wasser im Haus. Schon schien der Winter weniger bedrohlich, und ich schlief bei dem Geräusch ein, das die meisten Menschen nervös macht, auf mich aber besänftigend wie ein Wiegenlied wirkte.

Der Wurzelkeller
    Wurzelkeller waren ursprünglich nur als Aufbewahrungsort für Wurzelgemüse wie Karotten, Kartoffeln, schwedische, rote und weiße Rüben gedacht und wurden im allgemeinen in Erdlöchern angelegt, weil dort das Gemüse am besten vor den Winterfrösten geschützt blieb. Im Gebirge erweiterte sich die Bestimmung des Wurzelkellers. Er diente im Winter als Vorratsraum für Obst und Gemüse und im Sommer als Kühlraum für Milch, Sahne und Butter. Der alte Wurzelkeller des Farmerhauses war eine armselige Bude mit einem holperigen, nackten Lehmfußboden gewesen. Während des zweiten Frühlings machte sich Bob an den Bau eines neuen, den er tunnelartig in die Böschung nahe beim Fahrweg grub, oben und seitlich mit Doppelwänden aus Holz verschalte, die mit Sägemehl gefüllt wurden, und einer Tür, die jedem Bankgewölbe Ehre gemacht hätte. Für die vielen Gläser mit eingemachten Früchten zimmerte er Regale an den Wänden, für Äpfel, Winterbirnen und Kartoffeln Hürden und für Zitronen, Kohl und Kürbisse, meine eingepackten grünen Tomaten, Sellerie und Karotten besondere Gestelle. Ein Regal war zur Aufnahme von Butter, Käse und Speck bestimmt. Dieses Aufstapeln, Aufstapeln, Aufstapeln ohne Ende hätte mir eigentlich das Gefühl des Geborgenseins verleihen müssen, aber das war bedauerlicherweise nicht der Fall. Mir kam es vor, als staffiere ich meine eigene Grabkammer aus, und der Gedanke, all das Zeug, das sich angesammelt, essen zu müssen, nur um mit dem Sammeln wieder von vorne zu beginnen, jagte mir Kälteschauer über den Rücken.
    Der Wurzelkeller löste den Sterilisierungsapparat als Alpdruck ab. Kaum hatte ich den Apparat gereinigt, getrocknet und in der Vorratskammer verstaut, war es Zeit, dickere Wäsche anzuziehen und die Kartoffeln zu ernten. Kartoffeln auszubuddeln machte mir Spaß. Es war eine sehr befriedigende Arbeit, überhaupt bei uns, wo der Boden gut war und der Ertrag reichlich. Reihe um Reihe nahmen wir in Angriff, und erwischten wir ein besonders schön geformtes Exemplar, riefen wir uns dies begeistert zu. Kein Kartoffelkäfer hatte das Wachstum geschädigt, und die Knollen wurden beim Kochen weiß und flockig. Im ganzen ernteten wir fünf Tonnen; die besten legten wir zur Aussaat auf die Seite, und drei Tonnen füllten wir in Säcke ab und verkauften sie.
    Kaum hatten wir die Kartoffeln bewältigt, mußte das Gemüse vorgenommen werden, und fast bis zur gleichen Zeit galt es, die Obstbäume von ihrem Segen zu befreien. Die Kohlarten ließen wir im Boden, ebenso den Winterspinat. Doch als wir das gleiche Verfahren einmal bei Sellerie anwendeten, wurde er bitter, und in Zukunft nahmen wir ihn im Oktober aus dem Boden, reinigten die Knollen nicht von der sie umgebenden Erdschicht und hoben sie in einer dunklen feuchten Ecke auf.
    Im September erstand Bob eine Apfelpresse, und ich sammelte eimerweise Falläpfel, die Bob zu Apfelwein zum Trinken und Apfelwein zu Essig verarbeitete. In einem Fünflitertopf legte ich Essigfrüchte ein und in einem anderen Fünflitertopf Knoblauch und Dill. Am Rande der Schlucht hatte ich einen Pflaumenbaum entdeckt, der grünliche Früchte trug, die, nach Mrs. Hicks’ Angaben eingelegt, wie Oliven schmeckten. Ich nahm mir vor, es einmal mit einem Gläschen zu probieren, aber irgendwo bekam Bob Wind von meiner Absicht, und bevor ich mir selbst eine Schüssel der grünen Pflaumen holen ging, kam er schon mit einem Waschkorb voll in die Küche gestolpert. Sie hatten die Form übertrieben großer

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