Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
Vom Netzwerk:
sein Kinn auf der Brust lag, und die verkrampfte Stellung ließ natürlich den Husten ärger erscheinen, als er in Wirklichkeit war. Ablenkende Lektüre lehnte er ab; er begnügte sich damit, sehr nasal zu sprechen und im übrigen lustlos zum Fenster hinauszustarren. Temperatur wurde viermal täglich gemessen, und die ganze Zeit klagte er, sein Hals sei entzündet, was ein reines Wunder war, denn von dem vielen Rufen nach mir hätte er von Rechts wegen blutig sein müssen.
    Bob blieb eine Woche lang im Bett, und Jeffs Kunde erwies sich als so hilfsbereit und unermüdlich, daß ich schon nach dem zweiten Tag nichts mehr dagegen einzuwenden gehabt hätte, wenn er halbnackt herumgelaufen wäre.
    Er spaltete Unmengen von Holz zum Anfeuern und stapelte es griffbereit neben Herd für mich auf, so daß es ein Kinderspiel war, schon um halb fünf Uhr morgens ein kräftiges Feuer in Gang zu haben; er fuhr mit dem Lastwagen ins Tal und brachte mir nicht nur Wasser, soviel ich wollte, sondern leerte auch den Waschzuber und trug mir die schweren Wäschekörbe zur Leine in den Garten. Er fütterte die Enten, Schweine und Truthähne, die wir kürzlich gekauft hatten und die schon sehr schön Fett ansetzten. Er baute auch eine Sandkiste für die Kleine und fuhr dann eigens zur Docktown-Bay hinunter, um schönen weißen Sand zu holen.
    In der Woche, die Bob krank war, änderte sich meine Einstellung zu Jeffs Kunden, und wenn er beim Essen gierig Gabel für Gabel in sich hineinstopfte und ich im voraus wußte, daß er sich gleich die Hose aufknöpfen und dann in ein Nickerchen versinken würde, machte mir das gar nichts mehr, im Gegenteil, ich betrachtete ihn voller Sympathie. Ich konnte nicht begreifen, wieso dieses Muster eines Mannes nie geheiratet hatte. Eines Tages faßte ich mir ein Herz und fragte ihn. »Ach, du lieber Himmel, meine Dame, ich hab nich geheiratet, weil ich die Frauen nich ausstehen kann. Was ’ne Frau is, die kennt keine Einteilung, läuft ’n ganzen Tag wie ’n aufgescheuchtes Huhn rum, bringt doch nichts fertig. Immer ’ne Frau um mich rumhaben, nein, das wär nichts für mich, da verschon mich der liebe Gott.« Seine Antwort kränkte mich zutiefst, und daß Bob nebenan im Schlafzimmer wieherte wie ein Roß, machte das Gehörte auch nicht besser verdaulich für mich.
    Endlich waren die Rohre fertig gelegt, der Mechanismus funktionierte, und ich hörte das liebliche Plätschern des Wassers, das in den Tank gepumpt wurde. Ich stellte mich vor das Ungetüm, sprach ein kurzes, aber inniges Dankgebet und ging in die Küche, wo der Boden fußhoch unter Wasser stand, weil ich vergessen hatte, den Hahn zuzudrehen. Aber nichts war imstande, mir die gute Laune zu verderben.
    Am folgenden Tag ging ich Mrs. Kettle besuchen, um ihr über den glücklichen Abschluß der Installation Bericht zu erstatten. Außerdem wollte ich mich erkundigen, wie sie sich seit dem Einsturz ihrer Wasseranlage geholfen hatte. Ich brauchte nicht zu fragen; schon von weitem fiel mir die geniale, echt Kettlesche Notkonstruktion auf, die sie sich zusammengebastelt hatten. Neben dem alten Wasserturm war ein Holzfaß, das vielleicht zweihundertfünfzig Liter Fassungsvermögen hatte, aufgestellt, und da hinein pumpte die Druckpumpe emsig Wasser, unbeschadet darum, daß sie daran war, zweihundertfünfzigtausend Liter in Bewegung zu setzen. Der Hof vor den Ställen stand unter Wasser, und im Geräteschuppen pantschte quakend eine Peking-Ente mit ihren Jungen. Die Muttersau, die am Tage des Unglücks Reißaus genommen hatte, vergnügte sich in einem Schlammbad vor dem Eingang zum Melkraum, und jedesmal, wenn sie sich von einer Seite zur anderen wälzte, bekamen die herumstehenden ausrangierten Möbel und liegengelassenen Werkzeuge neue Dreckspritzer ab.
    Mrs. Kettle fegte beharrlich den Schmutz vor der Melkraumtür weg, aber bei jeder Bewegung der Sau oder der Ferkel klatschte wieder eine Schlamm- und Dreckwelle über die Schwelle. Mrs. Kettle unterbrach ihre Beschäftigung nur, um mir zuzurufen: »Legen Sie mal ’n bißchen Holz nach, Betty, und stellen Sie ’n Kaffeetopf auf. Ich komm gleich.«
    Als sie dann schwer atmend von der Anstrengung und mit umwölkter Stirn hereinkam, sagte sie: »Das is ’ne schöne Patsche, in der wir da sitzen, und das is bloß eine von vielen, in die wir geraten, seit ich Paw kenne. Er is ’n guter Kerl und alles, aber er hat kein System.« Womit sie unrecht hatte, denn Paw hatte sein System, an das er sich streng

Weitere Kostenlose Bücher