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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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einfach drauflos brennen.«
    »Ja, aber ist der Boden nicht anbaufähig, wenn das Feuer ihn gerodet hat?« erkundigte ich mich.
    »Leider Gottes dauert es Jahre, bis es soweit ist, denn Torf verbrennt zu federleichter Asche, die das Gewicht eines Pferdes oder eines Traktors nicht trägt. Verzichtet man auf technische Hilfsmittel und geht mit eigener Kraft dahinter, kann man sicher Kartoffeln ernten, groß wie Melonen, aber vermutlich auch so wässerig«, schloß Bob bedauernd.
    »Schau doch, diese Felder!« Ich deutete erregt auf die tiefschwarze Erde. »Das muß doch herrlich reiches Ackerland sein.«
    »Sicher ist es reich, aber was nützt’s«, entgegnete Bob trocken. »Es ist Torfland und müßte erst entwässert werden. Das ist sehr kostspielig. Man rodet und bepflanzt ein Feld, und im nächsten Jahr fördert der Pflug alle paar Schritt einen Stumpf zutage, und das Roden beginnt von vorn. Jeder Quadratmeter dieses Bodens muß mit Tonröhrenanlagen entwässert werden.«
    Schweigend fuhren wir weiter durch die weiten Strecken Torflandes; die schwarzen Felder schienen uns zu höhnen, und die unbezwinglichen Wälder rauschten von ihren Höhen drohend auf uns nieder.
    »Dieses Land haßt jede Art von Zivilisation, und es ist kein kindischer Haß, der sich mit einem Die-Zunge-Herausstrecken Luft macht, sondern ein zutiefst verwurzelter Widerwille, dem die Natur mit allen ihren Kräften zu Hilfe kommt«, dachte ich und kuschelte mich fester in meinen Mantel, insgeheim hoffend, wir möchten doch bald zu einer Stadt kommen.
    Meine Hoffnung wurde erfüllt. Es war eine Stadt, die sich rühmen konnte, vier größere geschäftliche Unternehmen zu besitzen: ein Hotel, einen Barbierladen, eine Tankstelle und einen Allerweltsladen, der zugleich die Funktionen des Postamtes versah. Außerdem gab es noch einen wunderschönen kleinen Friedhof und ein Schulhaus aus Backsteinen, das sich sehr ernst zu nehmen schien. Fünf Wege führten aus dieser Stadt, aber mein Bob zögerte keine Sekunde, welchen er einzuschlagen habe. Er schwenkte hoffnungsfroh nach Südwesten ab, den frostigen Olympic Mountains entgegen. In den nächsten paar Stunden bekamen wir keine Stadt mehr zu Gesicht, nur vereinzelte Läden an den Straßenkreuzungen und sonst üppige Täler, durch hoch aufragende bewaldete Bergrücken voneinander getrennt, Viehherden und in verschwenderischer Ausdehnung angelegte Farmen. Wir hatten uns das Tal entlang zum Fuß des Gebirges geschlängelt und nur unsere nähere Umgebung betrachtet. Als ich zum Wagenfenster hinaussah, entdeckte ich plötzlich tief unten in einer Schlucht einen Bergbach, der über schroffe Felswände gurgelte, und da wurde mir klar, daß wir uns bereits im Gebirge selbst befinden mußten. Gelbe Warnungsschilder »Achtung Kurve« wiederholten sich immer häufiger, und Bob schaltete den dritten und dann den zweiten Gang ein, während es vorwärts und aufwärts ging. Obwohl wir stetig höher klommen, schienen wir uns keinem Ziel zu nähern. Nur wenn ich meinen Kopf weit zum Wagenfenster hinausstreckte, erspähte ich zwischen den grünen Bergrücken ein Stückchen Himmel. Ein- bis zweihundert Millionen Meter bester Holzbretter wuchsen da in Form der höchsten Douglas-Tannen des reichsten Waldreviers des Landes. Später bogen wir von der großen Bergstraße ab und polterten über eine unebene Nebenstraße unserem »ideal gelegenen Plätzchen« zu.
    Der erste Anblick war nicht sehr ermutigend. Es sah ziemlich verloren aus, wie es sich da an die mächtigen Berge ankuschelte; die Bauten waren von Wind und Wetter arg mitgenommen, der Obstgarten von Unkraut und Tannenschößlingen übersät, die Zäune unter der Last der Jahre zusammengebrochen, und die scheibenlosen Fenster glichen gähnenden Mäulern. Es war eine typische verlassene alte Farm, auf die Sonntagsausflügler vom Autofenster aus zeigten und begeistert ausriefen: »Nein, sieh nur, was für ein malerisches altes Gemäuer!«, dann aber schnell eine weniger malerische, dafür aber gemütlichere und der Zivilisation nähere Gegend aufsuchten. Bob stieg aus, um das Gatter zu öffnen, und ich sah beklommen zu den riesigen Bergen auf. Ihre Nähe wirkte ein bißchen unheimlich, so, als ob einem beim Lesen jemand über die Schultern guckt, und beim Anblick der endlosen, schweigenden Wälder mußte ich unwillkürlich denken: »Lieber Himmel, diese Berge könnten uns abschütteln wie lästige Fliegen, dann den Wald enger um die Farm schließen, und nichts würde mehr

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