Das Ei und ich
die für alle am Wasser gelegenen Industriestädte charakteristisch ist, und dem gefahrvollen Treiben des Krans zugeschaut. Aber Bob mahnte zum Aufbruch. Wir hätten noch eine lange Fahrt vor uns, meinte er, und wenn wir nachts wieder daheim sein wollten, müßten wir jetzt weiter.
Die aus Docktown hinausführende Chaussee war nicht breit, dafür aber sehr kurvenreich und außerordentlich belebt. Autos, Lastwagen und Holzfuhren mit riesigen Stämmen, die weit über die Wagenwand hinausragten und polternd auf- und niedertanzten, rasten an uns vorbei. Die Chauffeure fuhren, als gelte es, ein Feuer zu löschen, und hielten sich prinzipiell auf der falschen Straßenseite. Wir wurden auf winklige Kurven schon immer im voraus durch das beängstigende Kreischen der Räder und Bremsen aufmerksam gemacht. Bob ist ein ausgezeichneter Fahrer, aber beinahe wäre es trotzdem schiefgegangen, als ein Lastwagen mit den drei größten Stämmen des größten Bestandes an Douglas-Tannen der ganzen Welt um die Ecke schwenkte und uns nur Bobs Geistesgegenwart vor dem Zermalmtwerden rettete, weil er kurz entschlossen die Böschung hinauf und in den Wald fuhr. Der Fahrer des Lastwagens lehnte sich hinaus, grinste, winkte uns gut gelaunt zu und setzte unbekümmert seinen Weg fort. Wir wagten uns wieder zur Straße zurück, wichen aber in Zukunft jedesmal bis hart an den Wegrand aus, sobald eine Holzfuhre auftauchte. Nach einem Weilchen verließen wir den Wald, und die Straße führte an einem ausgedehnten Tal entlang, wo das Smaragdgrün des Winterweizens, die samtige Schwärze gepflügter Felder und das zarte Grün junger Wiesen miteinander reizvoll abwechselten. Es war ausgesprochenes Viehzuchtgebiet, und auch die kleinsten Farmen umfaßten nicht weniger als dreihundertfünfzig Morgen Land. Die Häuser, meist häßliche, kastenartige Gebäude ohne Blumen oder Sträucher zur Zierde, standen dem Ackerland gegenüber, jenseits der Straße; Ihre Hinterhöfe schmiegten sich den dunklen, baumbestandenen Bergrücken an. Scheunen, Silos und die sonstigen Nebengebäude, alle solid und in imposanten Ausmaßen erstellt, befanden sich auf der Talseite. Ich nahm an, diese Anordnung sei getroffen worden, um das Vieh fern vom Haus zu halten, aber Bob erklärte, die Straße sei erst angelegt worden, als die Farmen längst bestanden.
Geflecktes Holsteinvieh und verlassene Bauernhäuser beherrschten das Landschaftsbild. Eines bestimmte das Schicksal des anderen, sagte Bob. Das Tal konnte sich früher rühmen, die besten Holsteinherden der ganzen Gegend zu besitzen. Mancher Farmer hatte sein ganzes Vermögen in Holsteinvieh angelegt und wurde über Nacht zum armen Mann, als Holsteinkühe plötzlich nicht mehr gefragt waren. Diejenigen aber, die dieser Katastrophe entgingen, wurden durch Tuberkulose in ihrem Viehbestand und durch eine sehr hohe Besteuerung der vom Staat angelegten Entwässerungsgräben auf ihren Ländereien heimgesucht. Abgesehen von diesen Problemen schlugen sie sich stets mit der Schwierigkeit herum, ihre Produkte gewinnbringend absetzen zu können. Sie waren entweder auf die Gnade der lokalen Milchzentrale und der Käsefabrik oder auf den wachsenden Bedarf städtischer Geschäfte angewiesen, und sowohl von den lokalen wie von den städtischen Abnehmern würden sie übers Ohr gehauen, behaupteten die Farmer. Bob empfand kein großes Mitleid mit ihnen. Sie seien hoffnungslos verbohrt und gegen jeden Fortschritt eingestellt, meinte er, hielten sich an vorsintflutliche Methoden und beschwerten sich, weil sie natürlich dem Konkurrenzkampf nicht gewachsen waren.
Mir waren in weit abgelegenen Feldern Rauchschwaden aufgefallen. »Brennender Torf«, erwiderte Bob auf meine Frage. »Eine der größten Tragödien des Landes. Vor mehreren Jahren fiel es einigen Farmern ein, Holzstöße, beim Pflügen entwurzelte Stämme und Wurzeln in Brand zu stecken, um den praktisch nicht urbar zu machenden Boden vielleicht doch bezwingen zu können. Als Wurzeln, Abfallholz und Stämme vom Feuer verzehrt waren, wunderten sich die Farmer, daß nun der Boden selbst brannte und sich den Flammen weder mit Gräben, noch Umpflügen oder nassen Säcken beikommen ließ. Mit der Zeit begriffen sie, daß man den Brandherd nur lokalisieren kann, wenn man ungefähr einen Meter tiefe Wassergräben um eine kleine Fläche gräbt und dann Fläche für Fläche nacheinander abbrennt. Doch die Geschichte war ihnen in den meisten Fällen zu mühselig, und da ließen sie es
Weitere Kostenlose Bücher