Das Ei und ich
Ruhe, und ich redete mir selbst vernünftig zu, mich nicht von Wahnvorstellungen ins Bockshorn jagen zu lassen. Ich sprang von der kleinen Bodenerhöhung herunter, auf die ich wegen der besseren Übersicht gestiegen war, da polterte etwas unten in der Schlucht. Unmöglich, daß ich diesen Krach verursacht hatte; ich blieb wieder stehen, und diesmal brach das Geräusch nicht ab. Irgend etwas bahnte sich den Weg unten in der Schlucht, und zwar in meine Richtung. Ich sah weder rechts noch links, sondern rannte los und wagte erst zu verschnaufen, als ich daheim war und mich an Bobs schützende Brust werfen konnte. Er tätschelte lächelnd meinen Rücken und meinte mit männlicher Überlegenheit, er glaube nicht, daß mir ein Tier auf den Fersen gewesen sei.
Bevor ich Zeit hatte, ihm mein Erlebnis in allen Einzelheiten zu schildern, traf Elwin ein, und während er den kranken Lastwagen in den Hof stieß und ihn in seine Bestandteile zerlegte, wobei er jeden kleinen Bolzen und jede kleine Schraube löste, machte Bob sich in Begleitung Sports und des Airedales der Kettles auf, um im Wald nach einem guten Zedernstamm zu suchen, aus dem sich Zaunpfosten machen ließen. Fast unmittelbar nach seinem Aufbruch kam er zurück und holte sein Gewehr. Die Hunde seien unruhig, sagte er, und er wolle vorsichtshalber die Gegend inspizieren.
Stunden schienen vergangen zu sein, als Elwin und ich Schüsse hörten. Vier oder fünf folgten dicht aufeinander, und dann herrschte Totenstille. Ich rief, so laut ich konnte. Keine Antwort. Ich bekam es mit der Angst zu tun und forderte Elwin auf, unter dem Wagen hervorzukommen und nach Bob zu suchen. Er steckte den Kopf unterm Trittbrett hervor, schüttelte sich die Mähne aus dem Gesicht und grölte: »Wenn er nich zurückkommt, dann is er sicher tot, und wozu sollen wir uns da auch noch umbringen lassen? Ha-ha-ha-ha!« Wäre der Lastwagen wieder in Ordnung gewesen, hätte ich den Burschen ermordet, aber die Maschine war offensichtlich weit davon entfernt, gebrauchsfähig zu sein, und darum begnügte ich mich damit, ihn mit eisigem Schweigen und vernichtenden Blicken zu strafen.
Endlich kam Bob angehumpelt, das Hemd zerfetzt, eine große blutende Wunde auf der Brust und ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht. »Ich stolperte über eine Wurzel und fiel in die Grube eines gefällten Baumes, da sprang mich eine Bärin an. Fünf Schüsse hab ich ihr auf den Pelz gebrannt, und mindestens einer scheint getroffen zu haben, denn sie ist mausetot.«
»Die Wunde!« stammelte ich kraftlos.
»Ach die«, machte er und betrachtete interessiert seine blutverschmierte Brust. »Die muß ich abgekriegt haben, als Joe die Bärin von mir wegriß. Er packte sie an den Hinterläufen, wie sie gerade über mich herfiel.« Er kraulte das zottige Fell des Airedales. »Der gute Kerl hat mir das Leben gerettet.« Er grinste mich an und kletterte dann mit Elwin in das Kettlesche Vehikel, um den Kadaver zu holen.
Ich suchte fieberhaft Jod, Verbandstoff, Schlaftabletten und meine Selbstbeherrschung zusammen, denn ich kannte meinen Bob nur allzugut. Vor Elwin spielte er sich als Held auf, doch mit mir allein würde er angeben, als habe die Bärin ihm beide Lungen und die Eingeweide bloßgelegt, und viele frohe Stunden damit verbringen, nach den ersten Anzeichen einer Blutvergiftung zu forschen.
Nach einer Weile kehrten die beiden Männer mit dem Kadaver einer riesigen Bärin und dem Bericht heim, in der Nähe des Kampfplatzes zwei Bärenjunge in einem Baum gesichtet zu haben. Ich fragte Bob, was aus Sport geworden sei, aber Bob hatte keine Ahnung. In dem Augenblick, wo Joe die Witterung aufgenommen, sei er verschwunden. Mein Instinkt hieß mich hinter Herd nachsehen, und richtig entdeckte ich die Spitze eines braunroten Schwanzes. »Laß nur, mein Guter«, murmelte ich liebevoll. »Ich steck dir nachher heimlich einen Knochen zu, damit du merkst, daß ich dir nicht böse bin. Ich hab nämlich vor Bären genau solche Angst wie du.«
Bob bereitete ein Galadiner für Joe, zur Belohnung: Der arme Kerl war so ausgemergelt, daß wir den Weg eines jeden Bissens durch den Hals verfolgen konnten. Ich fragte Elwin, wieso der Hund so mager sei, und er erwiderte mit blödem Grinsen: »Keine Ahnung, kriegt doch genug Mais zu fressen.«
Elwin flickte unseren Wagen wieder zusammen, und Bob gab ihm fünf Dollar für seine Arbeit. Für die würde er sich eine Nebellampe kaufen, sagte Elwin strahlend. Augenblicklich besaß sein
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