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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Autowrack überhaupt kein Licht.
    Nachdem Elwin uns verlassen hatte, deutete ich schüchtern an, es könne die Bärin gewesen sein, die mich verfolgt hatte. Doch Bob winkte ungnädig ab. »Was du erzählt hast, das klang nicht, als ob’s eine Bärin gewesen wäre. Möglich ist’s natürlich, jetzt wo die Beeren reifen. Aber ich tippe eher auf Eichhörnchen.« Mit dieser gemeinen Bemerkung ließ er sich aufs Bett fallen, widmete sich seinen Verletzungen und erlaubte mir gnädigst, ihn zu verbinden und mir den Bericht des Kampfes anzuhören.
    Und jetzt frage ich: Hatten wir die Bärin gereizt? Man kann natürlich einwenden, der Wald sei die ureigenste Domäne der Tiere und Bob ein Eindringling. Aber der Wald gehörte uns! Wir hatten ihn erworben!
    Ich schrieb einen ausführlichen Bericht des Bärenabenteuers heim, und Mutter antwortete postwendend: »Könnte ich nicht das Bärenfell haben?« während Gammy entgegnete: »Wage dich nicht über die Lichtung hinaus« – ich kam mir vor wie eine Pionierin, frisch vom Planwagen heruntergestiegen –, »lasse das Baby nicht aus den Augen, und warum kommst du überhaupt nicht lieber in die Stadt zurück?«
    Als der Bärenschock etwas verblaßt war, reiften die Brombeeren. Es waren die in Bodennähe wachsenden, kleinen Brombeeren, nicht die größere Sorte, die später reift, auch wild wächst, aber lange nicht so gut schmeckt wie diese. Wir hatten uns vorgenommen, viel zu pflücken und Gelee, Kuchen und Wein daraus zu machen. Den vorigen Sommer hatten wir Stunden in der glühendsten Sonne drüben im Holzfällergebiet bei den Kettles zugebracht und fünf Litergefäße mit Brombeeren gepflückt. Wie die geschundenen Raubritter waren wir heimgekehrt, doch im Winter, als die Wunden längst geheilt waren und der Sommer weit zurücklag, fanden wir, die Mühe habe sich gelohnt. Da Bob eine Stelle ausfindig gemacht hatte, wo man das Baby mitnehmen konnte, durfte ich mit von der Partie sein.
    Eines Abends nach dem Essen zogen wir, angetrieben von Bobs Eifer, begleitet von Sport und dem Welpen und beladen mit zwei Fünfliterkannen, zwei Fetteimern und dem Kinderwagen, ungefähr eine Viertelmeile durch den Wald und hinter der Farm in die Höhe bis zu einer Lichtung, wo die Brombeeren dicht und reif wuchsen. Vor zwanzig Jahren hatte auf der Lichtung eine Farm gestanden, aber der Farmer, ein alter Junggeselle, behauptete, in den Wäldern Kindergeschrei zu hören, und weil ihm das Weinen auf die Nerven ging, verbrachte er den größten Teil des Jahres in der Stadt und versuchte, die Behörden zu Suchaktionen nach den ungezogenen Kindern zu veranlassen. Mrs. Kettle hatte uns von dem Junggesellen erzählt und behauptet, das angebliche Kindergeschrei stamme von Pumas. Ihr Heulen könne mit dem Weinen kleiner Kinder verwechselt werden, und dort oben wimmele der Wald von ihnen. Bob tat die Erzählung lachend ab und meinte, es würden wohl Kojoten und keine Pumas gewesen sein, die der alte Hagestolz auf seiner Farm gehört hatte. Ob Pumas oder Kojoten, jedenfalls wurde er verrückt und mußte ins Irrenhaus geschafft werden, und niemand in der Gegend war zu bewegen, die Farm zu beziehen. Seine Gläubiger holten sich das lebende Inventar, die Nachbarn stürzten sich gierig auf Möbel und Werkzeuge, und der Farm bemächtigten sich die Berge. Der Weg, der früher von unserer Farm zum Anwesen des Junggesellen geführt hatte, war verstopft von gestürzten Bäumen und Fallholz und überwuchert von wilden Sträuchern und Büschen, bis Bob im Frühling bei der Suche nach einem geeigneten Zedernstamm darauf stieß und etwas Ordnung schaffte. Er rodete den Weg so weit, daß sich ein Wagen hinfahren ließ, um das Holz abzuschleppen, und als er mir sein Werk zeigte, erkannte ich den »Weg« sofort an den zwei Wagenspuren und war bereit, ihm diese Bezeichnung zuzulegen, denn es war immer noch einfacher, sich den Wagenspuren entlang vorwärts zu bewegen, als mit gesenktem Kopf in das Gesträuch vorzustoßen. Aber den Kinderwagen über die Wurzeln, Löcher und Gräben zu schieben, war ein Kunststück, das Klein-Anne zu übersprudelndem Jauchzen hinriß und mich seekrank machte.
    Vom Rand unseres Kartoffelackers bis zu dem Gebüsch, das die Grenzlinie der verlassenen Farm bildete, war dunkler dichter Urwald. Die Kronen der unheimlich hohen Bäume formten eine grüne Decke, unter der es feucht und schattig war. Den Boden bedeckte ein weicher Moosteppich, und Moos umwucherte auch Fallholz und Baumstümpfe, auf

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