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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Freund hat angerufen und uns dann den Schnaps mit Gift verdünnt?«

    Es war halb vier Uhr morgens, als ich die paar Schritte von Nellys Wohnung zu meiner ging. Wir waren beide weder prüde noch altmodisch, und außerdem waren wir erwachsen. Also hätte Nelly auch bei mir übernachten können. Aber es war uns lieber so: wir wollten, wenn wir erst verheiratet wären, die Freude des Zusammenlebens nicht schon vorweggenommen haben.
    In meiner Wohnung machte ich mich auf die übliche Suche nach meinen Hausschuhen. Morgens schlenkere ich sie gewöhnlich unter irgendein Möbelstück, um sie abends zu suchen.
    Ich begann meine Suche in der Diele und fand dabei zwar nicht meine Hausschuhe, aber einen alten Hut.
    Er lag friedlich neben dem kleinen Garderobenschrank auf dem Boden. Ganz einfach ein alter Hut.
    Kein eleganter Borsalino, auch kein windiges Hütchen modernster Konstruktion, sondern ein solider, alter Hut aus Filz von mittlerer Qualität, das Leder im Hutrand war verschwitzt, der Hut selber verbeult.
    Ich hatte diesen Hut vielleicht schon einmal irgendwo gesehen, aber ganz bestimmt nicht in meiner Diele. Und da gehörte er auch absolut nicht hin.
    Ich hob ihn auf, drehte ihn hin und her — nein, auch Inspektor Wendlandt konnte er nicht gehören. Aber wem? Und vor allem: wie war er hierher gekommen?
    Ich griff ins Leere, als ich meine Gedanken mit einem Kirsch stärken wollte. Richtig: der Hut konnte nur der Person gehören, die mir meinen Schnaps mit Gift versetzt hatte.
    Demnach mußte es ein Mann gewesen sein.
    Oder eine Frau, die diesen Hut absichtlich hiergelassen hatte, um den Verdacht auf einen Mann zu lenken.
    Am nächsten Morgen — es war Samstag — hatte Cornelia frei, und das bedeutete für mich, daß sie ausschlief. Weiter bedeutete das für mich, daß ich mir mein Frühstück selber machen mußte, und schließlich bedeutete es, daß ich nur eine Tasse Kaffee trank und eine Zigarette dazu rauchte.
    Ich hatte sie gerade angezündet, als es an meiner Wohnungstür klingelte.
    Ich schlurfte im Morgenmantel zur Tür und streckte die Hand hinaus, weil ich den Briefträger erwartete.
    Aber es war nicht der Briefträger. Es war ein fremder Mann.
    »Entschuldigend«, sagte er. »Ich möchte nur meinen Hut abholen.«
    Ich öffnete die Tür. Der Mann war etwa fünfzig, mittelgroß, und er sah aus, als bereite ihm das große Einmaleins bereits erhebliche Schwierigkeiten.
    »Bitte«, sagte ich und deutete auf mein Dielenschränkchen. »Hier liegt er.«
    Der Mann kam herein, griff nach dem Hut, setzte ihn auf und wandte sich wieder zur Tür.
    »Grüß Gott«, sagte er und wollte gehen. Ich hielt ihn am Ärmel zurück.
    »Alles schön und gut«, sagte ich. »Aber es würde mich immerhin interessieren, wie Ihr Hut in meine Wohnung gekommen ist.«
    Er drehte sich erstaunt um, versuchte offenbar herauszufinden, ob zwei mal zwei wirklich vier ist, und dann grinste er plötzlich verständnisvoll.
    »Ah, die Frau Gemahlin hat Ihnen nichts gesagt, ha?«
    »N-nein, nicht direkt«, sagte ich zögernd.
    Sein zerknittertes Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.
    »Hätt ich’s vielleicht gar nicht sagen sollen? Weil’s doch den Schlüssel vergessen hat, heut nacht.«
    »Ach so, sie hatte ihren Schlüssel vergessen. Demnach sind Sie Schlosser?«
    Er rückte selbstbewußt.
    »Schlossermeister, Herr. Und Wissens’, für mich ist ein solches Sicherheitsschloß keine Schwierigkeit, man muß es halt nur wissen.«
    »Das kann ich mir denken. Gehen Sie immer mit irgendeiner Frau eine Wohnung aufschließen, wenn man Sie darum bittet?«
    »Ha?«
    »Haben Sie sich von dieser Dame keinen Ausweis zeigen lassen?«
    Er strahlte über sein ganzes Gesicht.
    »Ah so! Natürlich, jetzt versteh’ ich Ihnen. Freilich hab’ ich mir ihren Ausweis zeigen lassen, sonst hätte ich doch die Tür gar nicht aufsperren dürfen.«
    »Klar. Und was stand in dem Ausweis?«
    Er kratzte sich am Kopf, dann schaute er mich mißtrauisch an.
    »Jetzt, warum fragen’s denn so komisch?«
    »Weil ich keine Frau Gemahlin besitze. Was hat in dem Ausweis gestanden?«
    »Keine...« Er brauchte eine Weile, bis er seinen Mund wieder schloß. »Was Sie net sagen! Dann war das gar net Ihre Frau Gemahlin?«
    »Erraten. Was stand in dem Ausweis?«
    »Jessas, so genau hab’ i natürlich net hin’gschaut. War doch eine feine Dame, net? Und wer denkt schon an so was! Teifi — die wird Ihnen doch nichts geklaut haben?«
    »Nein, gestohlen hat sie nichts. Im Gegenteil,

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