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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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kleinen roten Sportwagens in der nächtlichen Dunkelheit. Dann spürte ich es feucht und kalt an meinem Hosenboden. Ich saß, mit dem Rücken an einen baufälligen Gartenzaun gelehnt, im taunassen Gras am Rande des Gehsteigs.
    Und als ich mir eine Beruhigungszigarette anzünden wollte, merkte ich, daß ich ein Papier in der rechten Hand hielt.
    Mühsam rappelte ich mich auf, kletterte in meinen Wagen und las im Lichte meiner Taschenlampe, was auf dem Papier stand.

    Lieber Freund,
weder ich noch Anna haben meinen alten Herrn umgebracht. Wenn Sie nicht endlich aufhören, meine Verlobte zu belästigen, bekommen Sie eine weitere Ermahnung, die nicht mehr so sanft ausfallen wird, wie diese erste. In aller Freundschaft und mit vollstem Verständnis für die Notwendigkeit Ihres Berufs bin ich
    Ihr Ihnen wohlgewogener
    Fred Möhnert.

    Dieser Bursche war mir schlagartig sympathisch. Er hatte Humor, der mir im Augenblick abhanden gekommen war. Es ist schwer für einen Mann, Humor zu beweisen, wenn er einen klatschnassen Hosenboden hat. Ich fuhr in die Stadt zurück, parkte vor der Redaktion, gab dem Pförtner ein halbes Päckchen Zigaretten und erwischte den Redakteur vom Nachtdienst.
    »Wer hat euch die Nachricht von Walther Möhnerts Tod gebracht?«
    Jimmy, der vor dem Krieg noch Wilhelm hieß, kratzte sich den kahlen Schädel.
    »Schwer festzustellen. Kannst du nicht morgen früh...«
    »Kann ich nicht. Ihr habt doch sicherlich eine Aktennotiz oder so was.«
    Er verschwand brummend, kam nach zehn Minuten wieder und legte mir den Wisch auf den Tisch. Es ging daraus hervor, daß eine Frau angerufen hatte, um mitzuteilen, der Inhaber der Firma COLORAG sei vergiftet worden. Ein Redakteur, der sich nach diesem anonymen Anruf sofort in Bewegung gesetzt hatte, brachte die Bestätigung mit. Aus welcher Quelle er sie hatte, ging nicht daraus hervor. Aber in München herrscht ein gutes Verhältnis zwischen Polizei und Presse, eine Hand wäscht die andere, die Polizei gibt der Presse, was der Presse ist, und dafür tutet die Presse nicht jeden Fehler der Polizei aus.
    Eine anonyme Frauenstimme also...
    Die Mörderin?
    Oder die Mitwisserin?
    Anna van Straaten?
    Oder die schöne, rotblonde Frau Möhnert selber?
    Ich konnte mir nichts Rechtes zusammenreimen. Ich konnte überhaupt nicht richtig denken, was vermutlich zum Teil von dem saftigen Schlag auf meinen Schädel herrührte.
    Also fuhr ich nach Hause, fest entschlossen, für heute Feierabend zu machen und voll Freude darüber, meine kleine Cornelia auf der Couch schlafend vorzufinden.
    Aber Cornelia schlief nicht auf meiner Couch. Sie war auch nicht in der winzigen Junggesellenküche, sie war überhaupt nicht da. Ich fand auch nirgendwo eine Nachricht von ihr, nicht einmal den üblichen Gutenachtkuß auf einem Stückchen Papier.
    Plötzlich spürte ich die Müdigkeit. Sie kam und überfiel mich so jäh, daß ich mir keine Gedanken mehr über Cornelia machen konnte.
    Ich hockte in meinem Sessel wie ein geschlagener Boxer in seiner Ringecke, ließ meine Arme über die Lehne baumeln und hatte einen schrecklich faden Geschmack im Mund.
    Um dem abzuhelfen, raffte ich mich noch einmal auf, langte mir die Flasche Kirschwasser aus dem Schrank und — war schlagartig wieder hellwach.
    Ich trug sie vorsichtig auf meinen Schreibtisch, stellte sie ins Licht auf die Platte, drehte sie ein wenig nach rechts und nach links.
    Als Cornelia und ich heute abend ein Gläschen getrunken hatten, reichte der Spiegel der Flüssigkeit genau bis an den oberen Rand meines blutigen Daumenabdrucks. Daran konnte ich mich auch zu dieser späten Stunde und mit meinem leicht angeknackten Hirn genau erinnern. Genau bis an den oberen Rand...
    Ich schnappte mir den Telefonhörer und rief Cornelia an.
    Ich hörte das Rufzeichen, aber Cornelia meldete sich nicht.
    Ich wählte noch mal, vielleicht hatte ich im Tran eine falsche Nummer gedreht. Diesmal besorgte ich es mit aller Konzentration, aber Cornelia meldete sich auch jetzt nicht.
    Nun, sie hatte einen gesegneten Schlaf, das wußte ich, nur jetzt, in diesem Augenblick, war er mir zu gesegnet. Ich rannte auf die Straße hinunter, drei Häuser weiter und in ihre Wohnung hinauf.
    Wir hatten die Wohnungsschlüssel ausgetauscht, wie sich das für Verlobte gehört, hauptsächlich aber brauchte Cornelia meinen, um die Bude in Ordnung zu halten.
    Cornelia war nicht zu Hause. Ich fand sie weder in ihrem kleinen Wohnzimmer, noch auf dem Balkon, auch nicht im Bad und schon

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