Das einsame Haus
gar nicht, leider, in ihrem Bett. Sie war nicht da.
Und plötzlich bekam ich es mit der Angst zu tun. Es mußte sich etwas ereignet haben, was Schreckliches. Man hatte sie aus meiner Wohnung gelockt, sie entführt, vielleicht war sie schon tot.
Ich wählte die Privatnummer von Inspektor Wendlandt, es gab für mich Grund genug, ihn aus dem Schlaf zu trommeln.
Auch hier meldete sich lange Zeit niemand, dann kam die verschlafene Stimme seiner Frau.
Ich erklärte ihr kurz, was geschehen war, und während ich noch sprach, unterbrach sie mich: »Mein Mann ist noch nicht heimgekommen, Herr Brenthuisen. Versuchen Sie doch mal, ob Sie ihn übers Präsidium erreichen können.«
»Ja, danke«, rief ich, hängte ein und wählte das Polizeipräsidium. Zum Glück erreichte ich Wendlandt dort, obwohl er keine Überstunden bezahlt bekam.
»Inspektor, der Teufel ist los! Man hat mich aus meiner Wohnung fortgelockt, um mich vergiften zu können, und Cornelia ist auch verschwunden. Einfach weg, nicht bei ihr, nicht bei mir. Was soll ich tun? Ist bei euch noch jemand im Labor?«
»Nein, niemand. Ich bin ganz allein im Bau. Von wo aus sprechen Sie?«
»Von Cornelias Wohnung, sie ist...«
»Verschwunden, ja, das sagten Sie bereits. Ich komme in einer Viertelstunde zu Ihnen. Recht?«
»Ja, vielen Dank.«
Ich legte zur Sicherheit einen Zettel in Cornelias Diele, dann trottete ich heim. Gebrannt wie ich nun schon war, vermutete ich hinter jedem Baum eine neue schmerzhafte Überraschung, aber es fand keine mehr statt, ich kam unbehelligt in meine Wohnung zurück.
Ich öffnete die Flasche Kirschwasser und roch daran. Es roch so gut, daß mir das Wasser im Munde zusammenlief. Aber auch der Gin, an dem Walther Möhnert und die alte Hilbinger gestorben waren, hatte nicht schlecht gerochen.
Ich ging in meinem Zimmer auf und ab wie ein gefangener Tiger. In meinem Hirn ballten sich grausame Gedanken wie Gewitterwolken zusammen: Ich würde den Mörder suchen, würde ihn finden, einen kleinen Augenblick vor der Kripo, und ich würde ihn töten...
Meine Gedanken wurden von dem Geräusch eines Autos unterbrochen, das unten vorfuhr. Es ist ein großer Vorteil, wenn man mit Blaulicht durch die Stadt fahren darf.
Aber das Tuckern des Motors kam mir doch seltsam vor, die Polizeiwagen klingen anders. Ich beugte mich aus dem Fenster und sah Cornelias alten Kleinwagen unten stehen. Sie stieg gerade aus und schaute zu mir herauf.
»Hallo!« rief ich hinunter. »Liebling, sag irgendwas, ich muß sofort deine Stimme hören!«
»Dussel!« rief sie herauf. »Ich hab’s ja gleich gesagt: das mit dem Monopteros war eine Falle.«
Der Geiger, zwei Stockwerke unter mir, kam im weißen Nachthemd auf den Balkon.
»Verdammt noch mal, können Sie sich denn nicht tagsüber aussprechen?«
»Verzeihung!« rief ich ihm zu. »Es war lebenswichtig.«
Schließlich hatten wir das ganze Haus rebellisch gemacht, und erst als unten tatsächlich ein Polizeiauto vorfuhr, beruhigten sich die übrigen Mieter. Jeder dachte wohl, der andere hätte die Ruhestörung gemeldet. Es war aber Inspektor Wendlandt, der unten ausstieg, sich kurz mit Cornelia unterhielt und dann mit ihr zu mir heraufkam.
»Also bitte, Herrschaften, nun mal schön der Reihe nach. Nicht immer beide auf einmal«, sagte Wendlandt und schlürfte den heißen Kaffee, den Cornelia zubereitet hatte. Sie verwendete dazu die Maschine, die sie mir letzte Weihnachten geschenkt hatte: ein Ding aus zwei Glaskugeln, in denen das Wasser geheimnisvoll nach oben steigt und als Kaffee wieder ‘runterkommt. Ich fing an:
»An meinem Wagen fand ich einen Zettel, ich solle heute abend zum Monopteros kommen, und...«
»... und ich hab’ ihm gleich gesagt, daß das nur eine Falle ist«, vollendete Cornelia den Satz. Wir pflegten uns gegenseitig vorzuwerfen, daß einer den anderen nie ausreden ließ.
»Schön«, sagte Wendlandt geduldig und schielte zu der Kirschwasserflasche hinüber. »Schön, also Sie sind wirklich hingefahren?«
»Ja, weil auch noch ein Anruf kam, eine Männerstimme. Er sagte...«
Cornelia unterbrach.
»Und ich bleibe dabei: dieser Mann ist nur eine vorgeschobene Figur. In Wirklichkeit müssen wir eine Mörderin suchen. Für mich heißt sie Anna van Straaten.«
Wendlandts Beruf hatte ihn Geduld gelehrt. Er schielte immer noch nach der Flasche und fing an einem anderen Ende an.
»Sie sagen, Brenthuisen, daß Sie sich genau erinnern, wie hoch das Kirschwasser in der Flasche stand?«
»Ja,
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