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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Cornelia ist verschwunden! Nicht bei mir, nicht in ihrer Wohnung, nicht im Geschäft. Ich habe Angst um sie.«
    Wendlandts Augen funkelten mich zornig an.
    »Da haben Sie den Salat, Sie Klugscheißer!« er packte mich an den Aufschlägen meiner Jacke. »Ich gebe zu, daß ich nicht recht weitergekommen bin. Aber das berechtigt Sie nicht, mir Theater vorzuspielen! Sie wissen ganz genau, daß ich Sie gern leiden mag, aber Sie sollten den Bogen nicht überspannen. Was weiß ich noch nicht?«
    Es ging mir nur noch um Cornelia. Walther Möhnert, die Hilbinger, Vera Möhnert, Buchinger — was hatte ich mit ihnen zu tun?
    Du mußt endlich aufgeben, sagte mir mein Gewissen, du mußt aufhören, dich für einen klugen Kriminalisten zu halten, und du mußt nicht länger versuchen, ein junges Mädchen namens Anna zu decken.
    Ich zog mir einen Stuhl heran und ließ mich müde nieder.
    »Gut, Inspektor, ich werde...«
    Das Telefon. Ich war ärgerlich über diese Störung. Man wird nicht gern unterbrochen, wenn man gerade eine große Beichte ablegen möchte. Nur mit halbem Ohr hörte ich Wendlandt sagen:
    »Wo waren Sie? Auf dem... ach so! Ja, der sitzt ganz zerknirscht vor mir und läßt sämtliche Ohren hängen. Wollen Sie mit ihm...? Ja, einen Augenblick.« Er reichte mir grinsend den Hörer, ich meldete mich und hörte Cornelias Stimme.
    »Nelly! Um Gottes willen — wo hast du gesteckt? Kein Mensch wußte...«
    Sie unterbrach mich.
    »Der Standesbeamte hat gesagt, er könne das Aufgebot nicht machen, solange er keinen Geburtsschein von dir hat. Wo bist du eigentlich geboren?«
    »In... Nelly! Du bist ein Ungeheuer! Ich habe mir entsetzliche Sorgen um dich gemacht, du hättest mir doch...«
    »Aber heute ist doch Dienstag, Liebling. Wir hatten letzte Woche darüber gesprochen, daß ich am Dienstag aufs Standesamt gehen würde.«
    »Letzte Woche!« stöhnte ich. »Wer denkt noch an so was, wenn es inzwischen überall von Leichen nur so wimmelt! Hast du sonst keine Sorgen?«
    »Doch. Einen Brief. Von Antonia Paola van Straaten.«
    Ich machte unwillkürlich eine Handbewegung, um den Telefonhörer zuzuhalten. Nur mit Mühe konnte ich ruhig fragen:
    »Wo bist du jetzt, Liebling?«
    »In meiner Wohnung, ich muß erst heute mittag ins Geschäft.«
    »Gut. Ich komme sofort zu dir.«
    Ich legte den Hörer auf. Wendlandt schaute mich erwartungsvoll an und sagte:
    »Schwein gehabt, Brenthuisen. Unverdienstes Schwein. Also los, nun beichten Sie mal.«
    Ich hob feierlich drei Finger meiner Rechten.
    »Ich schwöre Ihnen, Inspektor, daß ich nicht weiß, wo sich Frau van Straaten im Augenblick auf hält.«
    Wendlandt kniff die Augen zusammen, dann rief er seine Sekretärin zu sich herein und sagte:
    »Schreiben Sie bitte eine Aktennotiz: Herr Brenthuisen erklärte soeben — Datum und Zeit dazu —, daß ihm der Aufenthalt von Frau Antonia Paola van Straaten nicht bekannt ist.« Er wandte sich mir zu. »Und Sie sind so liebenswürdig und unterschreiben mir den Wisch, verstanden?«
    Als ich lächelnd nickte und sagte, ich würde das mit größtem Vergnügen tun, wurde sein Gesicht ziemlich lang.
    Als ich mich ein paar Minuten später von ihm verabschiedete, schüttelte er den Kopf.
    »Der Teufel kennt sich mit Ihnen aus, Brenthuisen. Ich hatte ganz bestimmt geglaubt, daß Sie...« Er brach ab.
    »Was, Inspektor?«
    Er sagte etwas, was nur in der bayerischen Sprache liebenswürdig klingt und was einem Kriminalinspektor während des Dienstes auch in Bayern nicht zu sagen erlaubt ist.
    Als Nelly die Tür öffnete, riß ich sie in meine Arme und küßte sie, bis mir die Luft ausging. Bezeichnenderweise hatte sie noch genug, um zu sagen:
    »Außer deinem Geburtsschein fehlt jetzt nichts mehr. Wenn wir das Aufgebot bestellt haben, dauert es noch etwa acht Tage. Es kann auch schneller gehen, wenn wir eine Extragebühr...«
    »Nelly, geliebte Bestie, wo ist Antonias Brief?«
    Sie gab ihn mir. Der Umschlag war in München abgestempelt, der Brief mit Maschine geschrieben. Gegen Maschinenschrift war ich allmählich allergisch geworden. Der Text lautete:

    Ich schreibe diese Zeilen an Sie, weil ich fürchte, daß Herrn Brenthuisens Briefkasten kontrolliert wird. Ich habe Walther Möhnert getötet. Die Gründe habe nur ich allein zu verantworten. Ich habe auch in kopfloser Verzweiflung und menschlicher Schwäche versucht, Herrn Brenthuisen von meiner Spur abzubringen. Das bereue ich. Ich versichere aber, daß ich weder meine Mutter, Anna Hilbinger, töten

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