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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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nicht — Himmel, jetzt rufe ich Wendlandt an.«

    Ich bekam die Zentrale. Eine Männerstimme sagte, als ich meinen Namen genannt hatte:
    »Herr Brenthuisen? Wir haben schon drei Anrufe von Inspektor Wendlandt. Sie möchten sofort zu ihm hinauskommen, zur Großhesseloher Brücke.«
    »Himmel, was ist dort passiert?«
    »Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben.«
    »Dann verbinden Sie mich bitte sofort mit Fräulein Seiffert!«
    Fräulein Seiffert, Wendlandts von Liebeskummer ausgezehrte Sekretärin, meldete sich. Ich flehte sie an:
    »Seiffertchen, was ist an der Brücke passiert?«
    »Das weiß ich nicht. Der Herr Inspektor hat...«
    »Fräulein, für eine Polizeisekretärin lügen Sie miserabel. Was ist draußen in Großhesselohe geschehen? Ein Selbstmord? Sprung von der Brücke?«
    »Hm... ich... jedenfalls ist jemand tot.«
    Ich hätte sie mit dem Kopf an die Wand schlagen können.
    »Liebes Fräulein Seiffert, ein Mann oder eine Frau?«
    »Der Herr Inspektor erwartet Sie, Herr Brenthuisen. Wenn Sie gleich fahren, werden Sie in einer Viertelstunde genau Bescheid wissen.«
    »Ich will es aber gleich... der Teufel soll Sie holen! Und Ihren Chef dazu! Und die ganze Polizei!«
    Ich hängte ein und drehte mich um. Annas Augen waren erwartungsvoll auf mich gerichtet. Ich bemühte mich, meine Stimme gleichgültig klingen zu lassen.
    »Irgendwas ist draußen an der Brücke passiert. Wendlandt ist dort. Er hat hinterlassen, ich solle gleich ‘rausfahren. Was werden Sie nun tun?«
    »Ich fahre nach Hause, nach Ottobrunn«, sagte Anna ruhig.
    »Gut, ich rufe Sie an, sobald... sobald ich Näheres weiß.«

    Die berüchtigte Selbstmörderbrücke ist eigentlich ein Museumsstück, und alle Bewohner der südlichen Vororte von München sind heute noch erbittert, daß ausgerechnet diese Brücke den Krieg überstanden hat. Stahlträger auf Stützbögen verbinden die beiden Isar-Hochufer, häßliche Ziegelpfeiler tragen die Konstruktion. Aber den Selbstmördern ist das egal. Für sie ist nur die Höhe wichtig. Man spürt nichts mehr, wenn man sechsunddreißig Meter tief gestürzt ist.
    Ich ließ meinen Wagen am Bahnhof stehen und sah schon ein paar dunkle Gestalten auf dem linken Gehweg, nahe dem jenseitigen Ufer. Eigentlich hatte ich sie unten in dem steinigen Flußbett erwartet. In den grünen Büschen drüben blinkten zwei Blaulichter.
    Als ich mich der Gruppe näherte, hielt mich ein Landpolizist auf.
    »Sie können hier nicht durch!«
    »Inspektor Wendlandt erwartet mich.«
    »Ach so... bitte.«
    Ich sah Buchinger auf den Holzplanken liegen. Er lag auf dem Rücken, ein wenig zur Seite gedreht, seine Arme waren ausgestreckt, und seine linke Schläfe...
    »Hallo«, empfing mich Wendlandt. »Hat lange gedauert. Der Buchinger. Was sagen Sie nun?«
    »Wann hat er sich erschossen?«
    »Sich erschossen? Er hat gar nicht daran gedacht, sich zu erschießen. Er ist erschossen worden.«
    »Nein!«
    Er blinzelte mich beinahe mitleidig an.
    »Ich habe die Nachricht aus Paris bekommen, daß Antonia Paola van Straaten schon seit längerer Zeit nicht mehr dort lebt. Wo wird sie wohl sein?«
    »Na, wo schon?« fuhr ich ihn giftig an. »Hier natürlich! Und sie läuft kreuz und quer durch München und Umgebung und mordet einen nach dem anderen. Den Möhnert, seine Frau, die Hilbinger und jetzt den Buchinger. Meinen Sie das?«
    »Genau das. Außerdem haben Sie vergessen, daß Sie auch auf ihrer Liste stehen. Leider hat es Sie nicht erwischt, Sie Hellseher. Wo haben Sie denn heute nacht...«
    Ich unterbrach ihn rasch.
    »Kann es nicht ein Selbstmord sein?«
    »Erschossen und nirgends eine Waffe? In die linke Schläfe, und er war, wie ich inzwischen schon festgestellt habe, ein Rechtshänder? Und schauen Sie sich doch mal an, wo seine rechte Hand liegt — beinahe auf dem Schotter, direkt unter dem Geländer, und nicht etwa dort, wo die Pistole hätte in die Isar hinunterfallen können.«
    »Vielleicht... vielleicht ist jemand vorbeigegangen, der die Pistole brauchen konnte?«
    »Quatsch. Ich weiß ganz genau, worum es Ihnen geht. Wo waren Sie heute...«
    »Wann ist es passiert? Was sagt der Arzt?«
    »Etwa vor zwei Stunden. Am Bahnhof drüben hat der Vorsteher den Schuß gehört. Er dachte zuerst, es sei jemand ins Flußbett hinuntergesprungen. Es klingt ähnlich, wenn der Körper auf dem Beton aufschlägt. Aber dann ist er auf die Brücke gelaufen, hat unten niemanden gesehen und fand den Toten hier.«
    Ich beugte mich über das

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