Das Ekel von Säffle
gesagt, weshalb Ihr Mann nicht zu Hause war?«
»Gar nichts habe ich gesagt. Wir sprechen nicht miteinander.«
»Und Ihr Sohn? Hat der es vielleicht seinen Freunden erzählt?«
»Stefan? Nein, ganz sicher nicht. Er kannte ja die Anordnung seines Vaters. Dem wäre es niemals eingefallen, irgendwas zu tun, was Stig nicht wünschte. Mit der einen Ausnahme, daß er jeden Abend mit ins Krankenhaus kam. Und Stig hat sich natürlich, ohne es zu zeigen, darüber gefreut. « Martin Beck schrieb ein paar Zeilen in seinen Stenogrammblock, der vor ihm auf dem Tisch lag, und faßte zusammen: »Das würde also bedeuten, daß nur Sie selbst, Stefan, Dr. Blomberg und Ihre beiden Schwäger genau wußten, in welcher Abteilung und in welchem Zimmer Ihr Mann lag?«
»Ja.«
»Das wäre dann eigentlich alles. Das heißt, nur noch eine Frage.«
»Ja?«
»Mit welchen seiner Kollegen hat Ihr Mann sich häufiger getroffen?«
»Ich verstehe nicht.« Martin Beck ließ den Stift fallen und massierte die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. Hatte er sich wirklich so unklar ausgedrückt? »Ich meine das so: Mit welchen Polizeibeamten haben Sie und Ihr Mann sich auch privat getroffen?«
»Mit keinem.«
»Was?«
»Wie bitte?«
»Hat Ihr Mann sich nicht hin und wieder mit einigen seiner Kollegen zusammengesetzt, ich meine in der Freizeit?«
»Nein. In den 26 Jahren, in denen ich mit Stig verheiratet war, hat niemals ein Polizist seinen Fuß in unsere Wohnung gesetzt.«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Aber ja. Sie selbst und der, den Sie bei sich hatten, waren die einzigen. Aber da war Stig ja auch schon tot.«
»Aber es müssen doch ab und zu Untergebene gekommen sein, die ihn abgeholt haben oder was abzugeben hatten?«
»Ja, das stimmt. Ordonnanzen.«
»Verzeihung?«
»Ja. Mein Mann hat sie so genannt. Solche sind gekommen. Hin und wieder. Aber die durften niemals über unsere Schwelle treten. Stig achtete sehr genau darauf.«
»Wirklich?«
»Ja. Wenn ein Konstapel kam, der ihn holen sollte oder etwas abzugeben oder auszurichten hatte, wurde er nie in die Wohnung gelassen. Wenn ich oder eines der Kinder aufgemacht haben, dann haben wir den Betreffenden gebeten, draußen zu warten, bis Stig fertig war, und die Tür wieder zugemacht.«
»Hatte er sich das selbst ausgedacht?«
»Ja. Er hatte das ausdrücklich bestimmt, so sollte es sein, ein für allemal.«
»Aber er hatte doch Kollegen, mit denen er lange Jahre zusammengearbeitet hat. Galt für die das gleiche?«
»Ja.«
»Und von denen kennen Sie keinen?«
»Nein. Jedenfalls nicht persönlich, höchstens die Namen.«
»Aber hat er denn nicht über seine Mitarbeiter mit Ihnen gesprochen?«
»Äußerst selten.«
»Und über seine Vorgesetzten?«
»Wie ich schon gesagt habe, äußerst selten. Verstehen Sie doch, Stig hat sich's zum Prinzip gemacht, Beruf und Privatleben strikt auseinanderzuhalten.«
»Sie kennen jedenfalls einige dem Namen nach, sagten Sie. Welche?«
»Ja einige von seinen Vorgesetzten. Den Rikspolischef und den Polismästare, natürlich, den Oberintendenten…«
»Für die Ordnungspolizei?«
»Ja. Gibt es denn mehrere solche?« Rönn betrat das Zimmer mit einigen Papieren in der Hand. Martin Beck starrte ihn verwundert an. Dann nahm er sich zusammen und fragte weiter:
»Aber er muß doch einige von den Polizeibeamten, mit denen er laufend zu tun hatte, erwähnt haben?«
»Doch ja, zumindest einen, einen Untergebenen, den er sehr schätzt Sein Name ist Hult. Stig hat hin und wieder von ihm gesprochen. Er und Hult kannten sich schon vor meiner Zeit.«
»Sie kennen Hult also?«
»Nein. Soviel ich weiß, habe ich ihn niemals gesehen.«
»Wirklich nicht?«
»Nein, ich habe nur am Telefon mit ihm gesprochen.«
»Ist das alles?«
»Ja.«
»Warten Sie bitte einen Augenblick, Fru Nyman.«
»Ja, gern.« Martin Beck legte die Hand mit dem Telefonhörer vor sich auf den Tisch. Er dachte intensiv nach und massierte dabei seinen Haaransatz mit den Fingern der rechten Hand. Rönn gähnte gleichgültig.
Martin Beck hob den Hörer wieder ans Ohr. »Fru Nyman?«
»Ja.«
»Wissen Sie, wie der Erste Polizeiassistent Hult mit Vornamen heißt? «
»Ja, zufällig. Palmon Harald Hult. Allerdings wußte ich nicht, welchen Dienstgrad er hat.«
»Zufällig, sagen Sie?«
»Ja, hab ich gesagt. Ich hab nämlich den Namen hier aufgeschrieben vor mir liegen. Auf dem Telefonblock. Palmon Harald Hult.«
»Wer hat das aufgeschrieben?«
»Ich selbst.« Martin Beck
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