Das Ekel von Säffle
schwieg.
»Herr Hult hat nämlich gestern abend hier angerufen und nach meinem Mann gefragt. Er war sehr bestürzt, als er hörte, daß Stig krank war.«
»Und Sie haben ihm die Adresse im Krankenhaus gegeben?«
»Ja. Er wollte Blumen schicken. Und wie gesagt, ich kannte ihn ja. Er war der einzige, dem ich ohne Zögern die Adresse gegeben hätte, mit Ausnahme von…«
»Ja?«
»Na ja. Dem Rikspolischef oder dem Polismästare und dem Oberintendenten natürlich…«
»Ich verstehe. Hult hat also die Adresse bekommen.«
»Ja.« Sie machte eine Pause. Dann dämmerte ihr etwas, und sie fragte bestürzt: »Was soll das heißen?«
»Nichts«, antwortete Martin Beck beruhigend. »Das bedeutet sicher überhaupt nichts.«
»Aber Sie hören sich so komisch an.«
»Wir müssen nur alles bis ins einzelne überprüfen, Fru Nyman. Sie haben uns sehr geholfen. Vielen Dank.«
»Danke«, sagte sie verwirrt.
»Danke«, wiederholte Martin Beck und legte auf.
Rönn lehnte sich gegen den Türpfosten und begann: »Ich glaub, ich hab die jetzt soweit wie möglich überprüft. Zwei leben nicht mehr, und über diesen verdammten Eriksson kann keiner was sagen.«
»Aha«, sagte Martin Beck abwesend und schrieb in großen Druckbuchstaben einen Namen quer über die Seite des Stenogrammblocks.
PALMON HARALD HULT.
Wenn Hult zur Arbeit gegangen war, mußte er an seinem Schreibtisch sitzen. Er war einer von den älteren Beamten und seit einiger Zeit nur noch mit Schreibarbeiten beschäftigt, wenigstens offiziell.
Aber der Mann, der bei der Maria-Revierwache antwortete, schien nicht gleich zu begreifen.
»Hult? Nein, der ist nicht hier. Der hat doch jedes Wochenende frei.«
»Er ist heute nicht gesehen worden?«
»Nein.«
»Sicher nicht?«
»Nein. Ich jedenfalls hab ihn nicht gesehen.«
»Wollen Sie so freundlich sein und die anderen auch mal fragen?«
»Welche anderen?«
»So groß ist der Personalmangel wohl noch nicht, daß im ganzen zweiten Wachbereich nur ein einziger Mann im Dienst ist.« Martin Beck wurde langsam ärgerlich und fragte in gereiztem Ton: »Sie sind doch nicht allein auf der Wache, stimmt's?«
»Nein, das nicht«, kam die kleinlaute Antwort, »warten Sie bitte, ich gehe mal fragen.« Martin Beck hörte, wie der Hörer auf den Tisch geworfen wurde und schwere Schritte sich entfernten.
Im Hintergrund tönte eine laute Stimme:
»Hallo. Hat einer heute den Hult gesehen? Der Beck, dieser Angeber von Riksmordkommissionen, ist am Telefon und…« Der Rest war wegen des Brummens und Murmeins nicht zu hören.
Martin Beck wartete und sah müde zu Rönn hinüber, der blickte noch müder auf seine Armbanduhr.
Warum hielt ihn der Mann von der Maria-Wache für einen Angeber? Wahrscheinlich, weil er ihn nicht gleich geduzt hatte. Es fiel Martin Beck nicht leicht, junge Polizisten, die kaum trocken hinter den Ohren waren, zu duzen oder sich von ihnen duzen zu lassen. Dabei war er beileibe kein Freund strenger Förmlichkeit.
Wie hatte sich ein Mann wie Stig Nyman wohl in solchen Fällen verhalten?
Es rasselte im Hörer.
»Ja, also der Hult…«
»Ja?«
»Es scheint wirklich so, als ob er kurze Zeit hier gewesen wäre. Vor ungefähr anderthalb Stunden. Aber er ist offenbar gleich wieder gegangen.«
»Wohin?«
»Das weiß hier keiner.« Martin Beck ließ diese Verallgemeinerung ohne Rückfrage durchgehen und sagte nur kurz:
»Danke.« Um sicher zu gehen, wählte er die Nummer von Hults Wohnung, aber wie erwartet hob niemand ab, und nach dem fünften Klingeln legte er wieder auf.
»Wen suchst du denn?« fragte Rönn.
»Hult.«
»Ach so.« Man konnte wirklich nicht behaupten, daß Rönn sehr aufmerksam war, dachte Martin Beck. Etwas gereizt sagte er:
»Einar?«
»Ja.«
»Hult hat gestern abend bei Nymans Frau angerufen und sich die Krankenhausadresse geben lassen.«
»Aha.«
»Ich frage mich, weshalb.«
»Er wollte wahrscheinlich Blumen oder so was schicken«, meinte Rönn gleichgültig. »Hult und Nyman waren ja befreundet.«
»Es waren nur ganz wenige, die überhaupt wußten, daß Nyman in Sabbatsberg lag.«
»Na, deswegen blieb Hult auch nichts übrig, als zu Hause bei Nymans Frau anzurufen.«
»Merkwürdiges Zusammentreffen.« Das war keine Frage, und Rönn unterließ es auch, wie erwartet, darauf zu antworten. Statt dessen wiederholte er:
»Ja, wie gesagt, diesen Eriksson habe ich nicht erreicht.«
»Welchen Eriksson?«
»Äke Eriksson. Den Konstapel, der sich immer über alles mögliche
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